Der Liebestrank
Nack einem alten deutschen Holzschnitte
Ich fahre wie aus einem Traum erwachend
auf, als der Feldmarschall mit seinen Reitern
im Walde gegen Malplaquet verschwindet.
Dal? er voll des Lobes über meine Compagnia
war und vielen Leuten Goldstücke schenkte,
weil? ich erst wieder, als mein Lieutenant sich
tief vor mir neigt und sein Sprüchlein beginnt:
„Gnädigster Obrist!“
Die Gräfin, die noch einmal in Schlaf ver-
sunken ist, weil? nichts von allem, was ge-
schehen. Ich verschweig' es ihr wohl. — Und
wildes Blut rumort. Ist doch meine Sippe seit
zweihundert Jahren hei allen Raufhändeln der
Welt gewesen. Ob in Hungern, Böheim oder
Flandern, in Hispanien und Italien oder gar
gegen die heidnischen Völker der neuen Welt.
Reue fühle ich nicht. Käm' ein Reiter weit,
wenn er alle Schwüre halten wollt’, die eines
V/eibes weites Fleisch seinem heil?en Blut ent-
lockt! Bin wieder der rauhe wilde Geselle in
braunem Koller und groben Stiefeln und raube
mir in einer letzten Nacht, was mir nicht mehr
gehört.
Und alles, was geschah, kam so. — Zu früher
Stunde ritt ich am nächsten Morgen an der
Spitze der Compagnia Caraffa in den eiskalten
Tag. Bei des Prinzen Stabe wurde ich ob
meiner neuen Dignitäten genugsam belobt und
admirieret und erhielt die Ordre, allsogleich
nach Böhmen zu marschieren, wo mein Re-
giment die Winterquartiere bezogen hatte.
So ritt ich in Eilmärschen durchs weii?e Land.
Hinter mir zwölfhundert Hufe — und sind
bald vieltausend — : Von Caraffa Ohrist, von
Caraffa Obrist! — Wir nahmen die Weiber
in Dörfern und Schlössern und soffen den Wein
dieses Jahres bei Karten und Würfeln.
Es kam ein Morgen, an dem der Schnee unter
den Eisen klirrte wie berstendes Glas und der
Atem der Pferde und Reiter wie eine Wfilke
über dem Fähndlein schwebte, als quer über
das Feld in rasender Hast ein Reiter einher-
jagte. Ein tiefer Schauer überkam mich, als
ich in ihm den alten Diener Marias wieder-
erkannte, dem nur der Satan selbst die Macht
gegeben haben konnte, seine morschen Knochen
noch einmal auf ein Pferd zu heben. Seine
sonst so gütigen Augen blickten kalt und ver-
ächtlich, als er mir den Brief übergab. Und
ich las: „Einmal will ich Dich noch sehen.
Weil?t Du, dal? es meiner Seele Tod ist, wenn
Du von mir gehst?“ In einer Aufwallung jähen
Zornes zerrii? ich den Brief. Da sah mich der
Diener so hilfeflehend an, dal? mir das Herz
erstarrte, ich einen Zettel aus meinem Büchlein
ril? und die Worte schrieb: „Es ist vorbei,
wassolldasReden?“ — Der alte Diener, der
glauben mochte,dal?das Schreiben gute Botschaft
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