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schläferung und Beruhigung der Volksmassen
beigetragen haben. Wir bemerkten mit Ge-
nugtuung, dal?, wo Sie geweilt haben, es fortan

keine Extreme,keinen-sagen wir titanischen

Drang nach vermeintlich Höherem gab. Wir
merkten ferner, dal? das Volk mehr und mehr,
zufrieden mit einem Glas Bier, einem harm-
losen Spielchen, sich innerhalb der gegebenen
Grenzen bescheidet. Am schönsten zeigte sich
das in der schwarzen Stadt. Den Lichtbann
aufzugeben, davon kann keine Rede sein. "Wir
sparen ja Beleuchtungskosten. Im Gegenteil.
Wir bitten Sie, wie bisher weiterzuarbeiten.
Wir gedenken dann auch, in den übrigen
Städten Dunkelheit einzuführen. Bedenken
Sie, was wir dann ersparen, . .hier lächelte

er vielsagend —, „was meinen Sie, das könnte
uns beiden zugute kommen.“

Der Statthalter hielt zuwartend inne; da
Ezechiel schwieg, nickte er kalt.. .

Damit war Ezechiel entlassen. Um der
Wahrheit die Ehre zu geben, mul? gesagt
werden, dal? er wirklich ein sehr dummes Ge-
sicht machte. Draußen im Vorzimmer hielt
er einen Monolog, dessen dramatischer Höhe-
punkt in den pathetischen Werten gipfelte:
Ich bin an mir selbst irre geworden! Dann
spuckte er verächtlich aus und traf unglück-
licherweise die Kerze, so daß sie erlosch.

Am nächsten Tage brachte er sein Entlas-
sungsgesuch ein und sandte sämtliche Orden
zurück. — Idealist.

DAS TREIBHAUS

WUNDERLICHES UND ABSONDERLICHES

Wundergeschicht so sich mit einem
Soldaten zugetragen. Zuende dieses 1629.
Jahrs hat sich zu Geißmar in Hessen eine
wunderliche Sach mit einem Soldaten zuge-
tragen: dann als in gedachtem Orth zween
Soldaten / die daselbst ihr Quartier gehabt /
heyeinander gelegen / hat der eine angefangen
und gesagt / es friere ihn so hefftig: darauff
der andere geantwortet / er glaube solches
nicht / sintemal er so sehr schwitze / und von
dem anderen begehret / der geklagt / es friere
ihn / er solte in seine Seiten fühlen / wie er
so naß were. Als nun hierauff der Soldat sein
Schlaffgesell ihm in die Seiten gegriffen / und
davon seine Hände gantz naß / also daß sie
klebeten / worden / hat es ihm alsbald / es
müßte nicht recht zugehen / bedünket / derhal-
ben die Händ gegen den Monschein gehalten /
und befunden / daß sie gantz blutig gewesen.

Worauff denn ihme Angst worden / und
hat deßwegen dem Wirth im Hauß / daß er

ein Liecht anzünden solte / zugerufifen. "Wie
nun derselbige kommen / sind sie mit einander
zum Beth gangen / und gesehen / daß der ander
Soldat darin auffgesessen / aber gantz matt /
und die Seiltücher voller Blut gewesen / wie
auch seine Seiten. Da haben sie ihn zwar ab-
gewischet / aber gesehen daß er immer noch
Blut geschwitzet / so lange bis eine Stunde
vorüber kommen / da ist es ihme vergangen.
Darauff haben sie von den Seiltüchern etwan
drey Hand voll Blut / so gelieffert gewesen /
gelesen / und in einTöpffen gethan / und deß
Morgens solches angezeiget / darauff der Sol-
dat für das Ministerium, wie auch für den
Hauptmann gefordert / und was ihm gewesen
were gefraget worden. Darauff er geant-
wortet / Er wüste von nichts / als daß ihm so
angst und bang gewesen. Es ist sonsten ferners
an ihme nichts gespühret / sondern ist darauff
wider frisch und gesund worden.

(Wunderspiegel, Frankfurt a. M. 1630.)
 
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