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Hohnlachen sauste hinter ihm drein. Von
fern glaubte er Chöre heller Stimmen und
mächtige Kapellen zu hören: Halleluja! Doch
er konnte irren — — — —.

Stolpernd fiel er über blühenden Wald,
stürzte krachend in die Stämme. Sprang heu-
lend auf. Nahe im Tale blitzte ein stummes
Stadttier. Regungslos vor Angst.

Toll wollte der rasende Leichnam sich
hinabwerfen ins Tal
und stürzen und

fressen -

ersticken die Angst.

Doch hängen blieb
er mit linkem Fuß.

Blitzschnell griff er
nachoben,drücktedie
Augen. J äh schoß ihm
durchs Hirn, ehe der
ungeheure Donner

aufflog zum Himmel: „Vorbei! Falle der un-
sichtbaren Mächte, der hemmenden-

Hallend krachte ein furchtbarer Schul? in

den Tag-.

Wochenlang ging über weite Strecken des
Landes ein feiner Regen grüner, ekelstinkender
Fladen nieder: Leichengeruch, muffiger Moder.
Alle Menschen hielten sich die Nase zu.

Aber sie reichten Gott dankend silberne
Gebete.

DerrasendeLeich-
nam war auf eine
Munitionsfabrik
getreten, die Erde
frei!

Halleluj'a! brausten
Chöre und Orgeln in
allen Stral?en.

GETÄUSCHTE ERWARTUNG

Aus „Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier“ 1785.

Mit einem Stieb von J. R. Schellenberg.

Es lag in blühender Au ein Haus,

Ein wakrer Junker ging ein und aus.

War sein ererbtes Guth und Theil,

Und ihm um keine Grafschaft feil.

Bequem und ländlich, kein stolzer Pallast;
Doch rings mit einem Park umfaßt.
Durchweht von reiner gesunder Luft,

Und angefüllt mit Blüthenduft.

Am Tage beleuchtete Sonnenschein,

Bey Nacht der freundliche Mond den Hain,
Hier haußte, ohne Kind und Frau,

Der Junker von der blühenden Au.

War weiland Königs Kämmerling,
Wahrzeichen deß: ein Schlüssel hing.

Von Gold, am Faltenknopf des Kleids,

Zu Truz und Hohn des scheelen Neids.

Am Hofe, bey mancher zarten Frau,

Ging Junker Falkaug auf die Schau,

Bald da, bald dort, trieb Minnespiel
Und andrer guten Schwänke viel.

Kein Fräulein gewann sein freyes Herz:
Die Liebe war ihm nur leichter Scherz,

Und Wort und Schwur verwehte geschwind,
Wie Seifenblasen, Sturm und Wind.

Doch wurde, von Amors sichtigem Pfeil,
Des Junkers Herz nur selten heil;

Von Liebesglut, wie WOchs, zerschmolz
Es öfter; doch blieb er Hagestolz.

Entfloh der Höflinge lästigem Schwarm,
Aus Überdruß, und warf sich in Arm
Der stillen ländlichen Natur,

Im kleinen Hause der blühenden Flur.

Bald aber herbergt das Ungethüm,

Die grämliche Langeweile bey ihm:

Er lebte so einsam und allein.

Da fiel ihm plötzlich das Freyen ein.

Bestieg das Roß, in vollem Trab
Ritt er das Land wohl auf und ab.

Und sah, nach lüsterner Junker Brauch,

Den jungen Dirnen zärtlich ins Aug.

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