„Das wäre wenigstens eine Erklärung für
das Verschwinden dieses Schlingels", murrte
Monsieur Chassel. „Vermutlich die einzige, die
wir kriegen können. Hol' der Geier die ganze
Bagage! Den jungen Signor Balbi suchen,
während die Presseagenten seines Vaters uns
täglich in fünfhundertneunzig Zeitungen den
Buckel voll schimpfen — vergnüglich, was,
Georgeis? Hol' sie der Teufel!"
Er hat Georgeis gesagt, dachte Georges. Er
ist in besserer Laune, nachdem er sich ein biß-
chen ausgetobt hat.
„Monsieur", begann er, „Monsieur Chas-
sel! . . ."
„Nun, also, was?"
Georges zögerte einen Augenblick und rückte
dann mit offenem Visier vor. „Kann ich nicht
sehen, ob ich nicht etwas in der Sache tun
kann?"
Monsieur Chassel setzte sich auf dem Sofa
auf und sah Georges zwei Minuten mit offenem
Munde an. Dann erst gelang es ihm hervor-
zustottern:
„Du! .... Du! .... Georges Vautel, mein
junger Freund, hast du den Sonnenstich, oder
solltest du in dem jugendlichen Alter von sech-
zehn Jahren zu trinken begonnen haben?"
„Siebzehneinhalb", protestierte Georges,
während Monsieur Chassel seine Tirade fort-
setzte:
„Du willst etwas in dieser Sache machen?
Du! Wo die Nizzaer Polizei versagt hat. Wo
sie sich nicht anders zu helfen weiß, als mich
aus Paris holen zu lassen. Wo der Teufel
seihst im Spiel — — —“
Er pausierte einen Augenblick, um Atem zu
holen, und Georges nützte die Gelegenheit, um
einzuwerfen:
„Aber dann bedeutet es ja nichts, wenn es
auch mir mißlingt. Niemand kennt mich, und
wenn es mir gelingt, haben Sie, Monsieur,
die — — — — — —
„Wenn es dir gelingt! Gütiger Gott! Wenn
du nicht verrückt bist! Mach’, was du willst!"
Monsieur Chassel sank wieder auf die
Chaiselongue, Georges hatte im selben Augen-
blick den Strohhut aufgesetzt und war im
nächsten mit einem raschen Dank zur Türe
hinaus.
D as Hotel des Palmiers kannte Georges aus
früheren Zeiten. Georges machte einen Bogen
um den Eingang, aber der Portier war ihm un-
bekannt. Beim Frontangriff abgeschlagen,
machte er eine Tour zum Hinterhaus und hatte
sofort mehr Erfolg. Der Autobuschauffeur
entpuppte sich als sein alter Bekannter, als der
Sohn Louis des Konstablers Bofini. Georges
schüttelte ihm die Hand.
„Du hier, Louis?" „Wie du siehst, Georges,
und Hotelchauffeur, mein Junge. Aber was
machst du hier in Nizza?" „Du bist ein
Glückspilz", sagteGeorges bewundernd. „Hotel-
chauffeur! Ich danke! Sauglück! Ich kann
mich in Paris abschinden." „V/as hast du nur
für eine Arbeit, Georges?" „Sitze im Kontor
bei einem Monsieur Chassel." „Kontor? Ist
er Geschäftsmann?" „Nein — das eigentlich
nicht. Jurist, könnte man eher sagen."
Georges vermied mit der Erfahrung, die man
in seinem Beruf erwirbt, das Wort Detektiv.
Louis, der ihm kaum zuhörte, putzte die Knöpfe
an seinem Ärmel und deutete auf das Auto.
„Willst du aufspringen, na? Das wird dir Spaß
machen, und mit dem Zug kommen ohnehin nie
Leute."
Georges beeilte sich, der Aufforderung
seines Kameraden nachzukommen. Es zeigte
sich, daß der Zug keine Gäste für das Hotel
des Palmiers hatte; und nachdem das Auto
wieder in der Garage war, zog Georges seinen
I O
das Verschwinden dieses Schlingels", murrte
Monsieur Chassel. „Vermutlich die einzige, die
wir kriegen können. Hol' der Geier die ganze
Bagage! Den jungen Signor Balbi suchen,
während die Presseagenten seines Vaters uns
täglich in fünfhundertneunzig Zeitungen den
Buckel voll schimpfen — vergnüglich, was,
Georgeis? Hol' sie der Teufel!"
Er hat Georgeis gesagt, dachte Georges. Er
ist in besserer Laune, nachdem er sich ein biß-
chen ausgetobt hat.
„Monsieur", begann er, „Monsieur Chas-
sel! . . ."
„Nun, also, was?"
Georges zögerte einen Augenblick und rückte
dann mit offenem Visier vor. „Kann ich nicht
sehen, ob ich nicht etwas in der Sache tun
kann?"
Monsieur Chassel setzte sich auf dem Sofa
auf und sah Georges zwei Minuten mit offenem
Munde an. Dann erst gelang es ihm hervor-
zustottern:
„Du! .... Du! .... Georges Vautel, mein
junger Freund, hast du den Sonnenstich, oder
solltest du in dem jugendlichen Alter von sech-
zehn Jahren zu trinken begonnen haben?"
„Siebzehneinhalb", protestierte Georges,
während Monsieur Chassel seine Tirade fort-
setzte:
„Du willst etwas in dieser Sache machen?
Du! Wo die Nizzaer Polizei versagt hat. Wo
sie sich nicht anders zu helfen weiß, als mich
aus Paris holen zu lassen. Wo der Teufel
seihst im Spiel — — —“
Er pausierte einen Augenblick, um Atem zu
holen, und Georges nützte die Gelegenheit, um
einzuwerfen:
„Aber dann bedeutet es ja nichts, wenn es
auch mir mißlingt. Niemand kennt mich, und
wenn es mir gelingt, haben Sie, Monsieur,
die — — — — — —
„Wenn es dir gelingt! Gütiger Gott! Wenn
du nicht verrückt bist! Mach’, was du willst!"
Monsieur Chassel sank wieder auf die
Chaiselongue, Georges hatte im selben Augen-
blick den Strohhut aufgesetzt und war im
nächsten mit einem raschen Dank zur Türe
hinaus.
D as Hotel des Palmiers kannte Georges aus
früheren Zeiten. Georges machte einen Bogen
um den Eingang, aber der Portier war ihm un-
bekannt. Beim Frontangriff abgeschlagen,
machte er eine Tour zum Hinterhaus und hatte
sofort mehr Erfolg. Der Autobuschauffeur
entpuppte sich als sein alter Bekannter, als der
Sohn Louis des Konstablers Bofini. Georges
schüttelte ihm die Hand.
„Du hier, Louis?" „Wie du siehst, Georges,
und Hotelchauffeur, mein Junge. Aber was
machst du hier in Nizza?" „Du bist ein
Glückspilz", sagteGeorges bewundernd. „Hotel-
chauffeur! Ich danke! Sauglück! Ich kann
mich in Paris abschinden." „V/as hast du nur
für eine Arbeit, Georges?" „Sitze im Kontor
bei einem Monsieur Chassel." „Kontor? Ist
er Geschäftsmann?" „Nein — das eigentlich
nicht. Jurist, könnte man eher sagen."
Georges vermied mit der Erfahrung, die man
in seinem Beruf erwirbt, das Wort Detektiv.
Louis, der ihm kaum zuhörte, putzte die Knöpfe
an seinem Ärmel und deutete auf das Auto.
„Willst du aufspringen, na? Das wird dir Spaß
machen, und mit dem Zug kommen ohnehin nie
Leute."
Georges beeilte sich, der Aufforderung
seines Kameraden nachzukommen. Es zeigte
sich, daß der Zug keine Gäste für das Hotel
des Palmiers hatte; und nachdem das Auto
wieder in der Garage war, zog Georges seinen
I O