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William Hogarth / Der Weg der Buhlerin

er auch sehr viel Ähnlichkeit hat. Er eilte nun
nach Hause und hinterbrachte seiner Herrin
alles, was er erfahren.

Die schöne Arabella erinnerte sich nun, dal?
ihr Gatte in der letzten Zeit seines Lebens des
Jünglings sehr oft gedacht, ihn stets als einen
edeln, feinen, gesitteten und sehr reichen, jungen
Mann gepriesen hatte, und so ging sie oft an die
Fenster ihres Palastes, um zu sehen, ob der
Jüngling wieder einmal durch ihre Stral?e
komme.

Darin nun war ihr das Schicksal günstig’
denn der junge Edelmann konnte nicht in den
Palazzo der Podesta gehen, wo er einen Prozeß
hatte, ohne an dem Hause der schönen Witwe
vorheizukommen. Davon hatte sie bald Kunde
und freute sich über diesen glücklichen Zufall,
der ■’1 jinahe Tag für Tag das geliebte, ja
angebetete Jünglingsbild vor Augen führte.
Weil sie ihn nun so oft die Straße hin und
her gehen sah, in der ihr Haus stand, wußte

sie, daß er fast nie in Begleitung war. Auch
wenn er zum Vergnügen durch die Stadt ritt,
war er stets allein. Ebenso sah sie ihn, wenn
sie auf das Land fuhr, wie alle Edelfrauen es
oft zu tun pflegen, immer unhegleitet und ein-
sam, und nur in der Ferne folgte ihm ein Page
und zwei oder drei Diener, obschon er zu Hause
eine zahlreiche Dienerschaft hatte.

Wenn der Jüngling der schönen Arabella
begegnete, sei es zuV/agen oder zu Fuß, zog
er immer ehrerbietig seinen Federhut, und
demutsvoll den Kopf neigend, machte er ihr
seine Verbeugung, wie es denn ein löblicher
Gebrauch ist, die Frauen als die lieblichste,
Gabe des Himmels zu achten und zu ehren.

Auch Arabella grüßte nicht allein Frederico
sondern jeden, mit dem sie bekannter war, mit
ehrsamen Neigen des wunderschönen Hauptes,
wußte sich jedoch stets so gut zu benehmen
daß niemand bemerken konnte, wie sie einem
vor dem andern zugetan sei.

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