„Von Herzen gern, Sir, und wenn Sie wollen,
den Kopf dazu. Allein, wenn mir recht ist,
das Bein scheint sehr gesund zu sein. Sie
sprangen die Treppe vor mir hinauf wie ein
Seiltänzer. Was fehlt dem B ein ?“
„Nichts. Ich wünsche, dal? es mir fehle.“
„Sir, Sie sind ein Narr.“
„Das kümmert Sie nicht, Herr Thevenet.“
„Was hat das schöne Bein gesündiget?“
„Nichts! Aber sind Sie entschlossen, mir es
wegzunehmen ?“
„Sir, ich kenne Sie nicht. Bringen Sie mir
Zeugen Ihres sonst heilen und gesunden Ver-
standes.“
„Wollen Sie meine Bitte erfüllen, Herr
Thevenet ?“
„Sir, sobald Sie mir einen haltbaren Grund
für Ihre Verstümmelung angeben.“
„Ich kann Ihnen die Wahrheit Jetzt nicht
sagen — vielleicht nach einem Jahr. Aber ich
wette, Herr, Sie selbst sollen nach Jahresfrist
gestehen, dal? meine Gründe die edelsten waren,
von diesem Bein befreit zu sein.“
„Ich wette nicht, wenn Sie mir nicht Ihren
Namen nennen, Ihren Wohnort, Ihre Familie,
Ihre Beschäftigungsart.“
„Das alles erfahren Sie künftig. Jetzt nichts.
Ich bitte, halten Sie mich für einen Ehren-
man n.“
„Ein Ehrenmann droht seinem Arzt nicht
mit Pistolen. Ich habe Pflichten, selbst gegen
Sie als Unbekannten. Ich verstümmele Sie nicht
ohne Not. Haben Sie Lust, Meuchelmörder
eines schuldlosen Hausvaters zu werden, so
schiel?en Sie.“
„Gut, Herr Thevenet,“ sagte der Brite und
nahm das Pistol, „ich erschieße Sie nicht, aber
zwingen will ich Sie dennoch, mir das Bein
abzunehmen. Was Sie nicht aus Gefälligkeit
für mich, nicht aus Liebe zur Belohnung oder
aus Furcht vor der Kugel tun, müssen Sie mir
aus Erbarmen gewähren.“
„Und wie das, Sir ?“
„Ich zerschmettre mir seihst'mit einem Schuß
das Bein, und zwar auf der Stelle hier vor
Ihren Augen.“
Der Brite setzte sich, nahm das Pistol und
hielt die Mündung hart über das Knie. Herr
Thevenet wollte zuspringen, um es abzu-
wehren. „Rühren Sie sich nicht,“ sagte der
Brite, „oder ich drücke ab. — Nur Antwort
auf eine einzige Frage: V/ollen Sie meine
Schmerzen unnützerweise vergrößern und
verlängern ?“
„Sir, Sie sind ein Narr. Ihr Wille geschehe.
Ich nehme Ihnen das verdammte Bein ab.“
Alles ward zur Operation in Ordnung ge-
bracht. Sobald der Schnitt beginnen sollte,
zündete der Engländer seine Tabakspfeife an
und schwor, sie solle ihm nicht ausgehen. Er
hielt Wort. Das Bein lag tot am Boden. Der
Brite rauchte fort.
HerrThevenet verrichtete sein Geschäft als
Meister. Der Kranke ward durch seine Kunst
wieder in ziemlich kurzer Frist geheilt. Er
belohnte seinen Arzt, den er mit jedem Tage
höher schätzte, dankte mit Freudentränen für
den Verlust des Beines und segelte nach Eng-
land zurück mit dem hölzernen Stelzfuß.
Ungefähr achtzehn Wochen nach der Ab-
reise desselben erhielt Meister Thevenet einen
Brief aus England ungefähr folgenden Inhalts:
„Sie erhalten beigeschlossen als Beweis
meiner innigsten Erkenntlichkeit eine Anwei-
sung von zweihundertfünfzig Guineen auf
Herrn Panchaud, Bankier in Paris. Sie
haben mich zum glücklichsten aller Sterb-
lichen auf Erden gemacht, indem Sie mich
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den Kopf dazu. Allein, wenn mir recht ist,
das Bein scheint sehr gesund zu sein. Sie
sprangen die Treppe vor mir hinauf wie ein
Seiltänzer. Was fehlt dem B ein ?“
„Nichts. Ich wünsche, dal? es mir fehle.“
„Sir, Sie sind ein Narr.“
„Das kümmert Sie nicht, Herr Thevenet.“
„Was hat das schöne Bein gesündiget?“
„Nichts! Aber sind Sie entschlossen, mir es
wegzunehmen ?“
„Sir, ich kenne Sie nicht. Bringen Sie mir
Zeugen Ihres sonst heilen und gesunden Ver-
standes.“
„Wollen Sie meine Bitte erfüllen, Herr
Thevenet ?“
„Sir, sobald Sie mir einen haltbaren Grund
für Ihre Verstümmelung angeben.“
„Ich kann Ihnen die Wahrheit Jetzt nicht
sagen — vielleicht nach einem Jahr. Aber ich
wette, Herr, Sie selbst sollen nach Jahresfrist
gestehen, dal? meine Gründe die edelsten waren,
von diesem Bein befreit zu sein.“
„Ich wette nicht, wenn Sie mir nicht Ihren
Namen nennen, Ihren Wohnort, Ihre Familie,
Ihre Beschäftigungsart.“
„Das alles erfahren Sie künftig. Jetzt nichts.
Ich bitte, halten Sie mich für einen Ehren-
man n.“
„Ein Ehrenmann droht seinem Arzt nicht
mit Pistolen. Ich habe Pflichten, selbst gegen
Sie als Unbekannten. Ich verstümmele Sie nicht
ohne Not. Haben Sie Lust, Meuchelmörder
eines schuldlosen Hausvaters zu werden, so
schiel?en Sie.“
„Gut, Herr Thevenet,“ sagte der Brite und
nahm das Pistol, „ich erschieße Sie nicht, aber
zwingen will ich Sie dennoch, mir das Bein
abzunehmen. Was Sie nicht aus Gefälligkeit
für mich, nicht aus Liebe zur Belohnung oder
aus Furcht vor der Kugel tun, müssen Sie mir
aus Erbarmen gewähren.“
„Und wie das, Sir ?“
„Ich zerschmettre mir seihst'mit einem Schuß
das Bein, und zwar auf der Stelle hier vor
Ihren Augen.“
Der Brite setzte sich, nahm das Pistol und
hielt die Mündung hart über das Knie. Herr
Thevenet wollte zuspringen, um es abzu-
wehren. „Rühren Sie sich nicht,“ sagte der
Brite, „oder ich drücke ab. — Nur Antwort
auf eine einzige Frage: V/ollen Sie meine
Schmerzen unnützerweise vergrößern und
verlängern ?“
„Sir, Sie sind ein Narr. Ihr Wille geschehe.
Ich nehme Ihnen das verdammte Bein ab.“
Alles ward zur Operation in Ordnung ge-
bracht. Sobald der Schnitt beginnen sollte,
zündete der Engländer seine Tabakspfeife an
und schwor, sie solle ihm nicht ausgehen. Er
hielt Wort. Das Bein lag tot am Boden. Der
Brite rauchte fort.
HerrThevenet verrichtete sein Geschäft als
Meister. Der Kranke ward durch seine Kunst
wieder in ziemlich kurzer Frist geheilt. Er
belohnte seinen Arzt, den er mit jedem Tage
höher schätzte, dankte mit Freudentränen für
den Verlust des Beines und segelte nach Eng-
land zurück mit dem hölzernen Stelzfuß.
Ungefähr achtzehn Wochen nach der Ab-
reise desselben erhielt Meister Thevenet einen
Brief aus England ungefähr folgenden Inhalts:
„Sie erhalten beigeschlossen als Beweis
meiner innigsten Erkenntlichkeit eine Anwei-
sung von zweihundertfünfzig Guineen auf
Herrn Panchaud, Bankier in Paris. Sie
haben mich zum glücklichsten aller Sterb-
lichen auf Erden gemacht, indem Sie mich
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