mußt nunmehr alle Tage zwei-, dreimal ehrbar
vor ihrer Wohnung vorübergehen, und wenn
du nur deine Augen allerwärts hast und Ach-
tung gibst, dal? dich niemand mit ihr liebäugeln
sieht, so magst du deine Lust daran immerhin
bül?en. Hast du ihr aber also erst zu verstehen
gegeben, wie du es mit ihr meinst, so komme
wieder zu mir; das ist die zweite Lektion.“ —
Bucciolo verliel? seinen Lehrer und fing nun an,
behutsam an dem Hause seiner Schönen vorüber-
zu wandeln, bis dieselbe erkannte, dal? er es
um ihretwillen tat. Sie warf deshalb fortan
auch ihre Augen auf ihn, und als Bucciolo sich
dessen versah und vorsichtigerweise wagte,
sich gegen sie zu verneigen, so erwiderte sie
seinen Grul? immer und immer aufs neue,
woraus Bucciolo abnehmen zu dürfen glaubte,
dal? er wieder geliebt sei. — Er verkündete
seinem Lehrer dieses sein gutes Glück, und der
entgegnete: „Das ist alles recht schön, ich bin
mit dir zufrieden, du hast deine Sache seither
gut gemacht. Jetzt denke nur daran, dal? du
einen jener Leute, die in Bologna mit Schleiern,
Börsen und anderen Dingen hausieren gehen,
zu ihr schickst, und lal? ihr durch ihn sagen,
dal? du gänzlich ihr zu Diensten seiest und
niemand auf der Welt lieber habest als sie,
für die du alles hingeben und vollbringen
wolltest. Du wirst ja hören, was sie dir dar-
auf sagen läl?t, und sobald du ihre Antwort
erhalten hast, komme wieder zu mir und hin-
terbringe sie mir, ich werde dir schon sagen,
was du alsdann weiter zu tun hast.“—Bucciolo
begab sich hinweg und machte eine Hausiererin
ausfindig, die zu seinem Endzwecke tauglich
war. „Ihr könnet mir einen außerordentlichen
Dienst leisten,“ sprach er zu ihr, „für den ich
Euch so gut bezahlen will, daß Ihr mit mir zu-
frieden sein sollt.“ Die Frau antwortete: „Ich
will recht gerne tun, was Ihr von mir fordert,
denn ich lebe nur von dem, was ich mir ver-
diene.“ Und darauf gab ihr Bucciolo zwei
Gulden mit der Erklärung: „Nun, so bitte ich
Euch, daß Ihr mir heute auf die Straße Masca-
rella zu einer jungen Frau geht, die Madonna
Giovanna heißt, und die ich über alles in der
Welt liebe, und daß Ihr mich ihr mit denWor-
ten empfiehlt, ich sei bereit, alles für sie zu tun,
was ihr angenehm sein könne, und wozu Ihr
so viele Schmeicheleien und Süßigkeiten fügen
mögt, als Euch nur irgend einfallen wollen.“ —
Die Alte versicherte ihm, er solle sie nur
machen lassen, sie werde nach bestem Vermö-
gen für ihn handeln,und Bucciolo sagte schließ-
lich zu ihr, sie solle immerhin gehen, er erwarte
sie auf der Stelle.
Die Alte packte schleunigst einen Korb voll
Waren zusammen und ging damit zu dem
jungen Frauenzimmer, das sie vor ihrem Hause
sitzend fand, und zu dem sie, nachdem sie es
begrüßt hatte, sagte: „Madonna, ist Euch etwas
von meinen Waren gefällig? Habt die Güte,
und sucht Euch aus, was Ihr braucht.“ — Sie
nahm zu gleicher Zeit neben ihr auf der Bank
Platz und begann ihr bald Schleier, bald Bör-
sen, bald Schnüre und andere Dinge vorzu-
zeigen. Dem jungen Frauenzimmer gefiel am
Ende, nachdem sie vielerlei davon in Augen-
schein genommen hatte, vor allem anderen eine
Börse wohl, und sie sagte: ,VVenn ich Geld
hätte, würde ich sehr gern diese Börse kaufen.“
— Die \erkäuferin entgegnete: „Madonna,
dessen bedarf es ganz und gar nicht; nehmt,
was Euch von meinem Krame irgend wohl-
gefällt, es ist mir alles schon bezahlt. — Die
junge Frau verwunderte sich über diese ^Vorte
und über die besondere Freundlichkeit der
Alten und fragte sie: „Was wollt Ihr damit
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