Kleine Mitteilungen.
sodaß die Furcht entstand, der Taltempel könnte darunter
liegen und dadurch nicht berührbar werden.
Im Sommer 1908 begann man aber den Taltempel
selbst aufzuspüren, dem in 5 Schächten näher gekommen
wurde. Im Porticus des Spendesaales standen die Basen
von 4 lebensgroßen Alabasterstatuen noch in situ, während
Hunderte von Fragmenten dieser Statuen von antiken
Vandalen zerschlagen herumlagen. Darunter wurde der
Körper und der Kopf einer jetzt in Kairo befindlichen
Statue gefunden, ferner der prachtvolle Alabasterkopf des
Prinzen Shepseskaf und ein anderer jetzt in Kairo befind-
licher großer Alabasterkopf. Unvollendete Statuetten, Kupfer-
werkzeuge und Gerätschaften, magische Zeichen aus Feuer-
stein und eine Masse von Alabaster-, Porphyr-, Diorit-
Krystall-, Schiefer-, Basalt-Gefäßen kamen weiterhin zum
Vorschein.
Aber im ersten Jahr konnte der Tempel nicht fertig
ausgegraben werden. Der Wert der Funde war so groß,
daß die Zahlung des Prämienbakschischs an die Arbeiter
die Mittel der Expedition erschöpften. Erst im April 1910
war der Taltempel vollständig ausgegraben. Seine Grenze
bildete eine vor ihm liegende Stadt, die unter dem arabi-
schen Friedhof liegt. Wiederum wurden prächtige Stein-
gefäße, unfertige Statuetten, Fragmente von Figurendrei-
heiten in Schiefer und andere Gegenstände in Masse ent-
deckt. Aber der größte aller der Funde der Amerikaner
war eine wunderbare Doppelstatue, Porträt des Königs
und der Königin, in hartem, dunklen Schiefer, in geradezu
wunderbarer Erhaltung.
Diese Meisterwerke waren aber nicht für einen arm-
seligen Schlammziegeltempel bestimmt, sondern für einen
kostbaren Granittempel, der an Schönheit zweifellos den
Sphinxtempel übertroffen hätte, wäre er nur fertig ge-
worden. Die Amerikaner haben nämlich drei Tempel
fixieren können: 1. einen prachtvollen Steintempel, resp.
dessen Fundamente, die von Mykerinus selbst gelegt waren,
aber infolge seines frühen Todes nicht zur Vollendung
kamen; 2. einen Schlammziegeltempel, den Shepseskaf, der
Sohn und Nachfolger des Mykerinus, in seinem ersten
Regierungsjahr erbaut hatte, und 3. eine Schlammziegel-
Rekonstruktion, die Pepy II. in der 6. Dynastie versucht
hatte. Die Statuen, welche die Amerikaner ans Licht ge-
zogen hatten, waren in den Tagen des Mykerinus für den
Steintempel geschaffen worden; Shepseskaf hatte sie in dem
ersten Schlammziegeltempel plaziert.
Die außerordentliche Vorsicht, mit der die Tempel des
Mykerinus ausgegraben wurden, ermöglichte es, die Ge-
schichte ihres Baues und ihres Verfalles genau zu erkennen.
Positiver Beweis ist erbracht, daß die von den Amerikanern
gefundenen und teilweise nach Amerika hinüberge-
kommenen Statuen aus der 4. Dynastie stammen, und daß
in der 4. Dynastie den Pyramiden durch Dammwege damit
verbundene Taltempel entsprachen. Damit ist auch end-
gültig bewiesen, daß der Granit- resp. Sphinxtempel der
Taltempel der zweiten Pyramide, des Grabes des Chephren,
war. Damit ist auch die Streitfrage über das Datum der
großen Dioritstatue des Chephren und des Sphinx selbst
erledigt. Gerade solche Charakteristiken wie die, nach
denen man die Chephrenstatue und den Sphinx einer
späteren Zeit zuweisen wollte, finden sich an den von den
Amerikanern ausgegrabenen Statuen. Es war daher ge-
boten, zu der schon vorher als wahrscheinlich ange-
nommenen Ansicht, nämlich daß diese Monumente aus
der Zeit des Chephren selbst sind, zurückzukehren.
Der Sphinx in Ägypten ist nichts anderes als ein
Löwenkörper mit dem Haupt des regierenden Pharao.
Der König ist hier der Wächter, der seine Feinde nieder-
tritt und sie von seinem Territorium abhält. Ein oft vor-
kommendes Motiv. Der große Sphinx ist der Wächter
des heiligen Umkreises der zweiten Pyramide und steht
an der zu der Pyramide führenden Straße. Der Körper
ist der eines Löwen, das Haupt das Porträt des Chephren,
eben des Königs, der die zweite Pyramide erbaute und
den Wächter Sphinx aus dem natürlichen Felsen heraus-
schneiden ließ.
Das Museum of Fine Arts Bulletin ist mit außer-
ordentlich gelungenen Photographien ausgeschmückt, die
die Herrlichkeit und die Wichtigkeit der gemachten Funde
illustrieren. In der ganzen ägyptischen Kunst ist kaum
etwas Hervorragenderes zu finden als der Alabasterkopf
des Mykerinus und des Shepseskaf, als die Triadengruppe
des Mykerinus mit Gaugottheit und Hathor und als die
Doppelstatue des Mykerinus und seiner Königin. M.
Bildungswesen im Orient
Das Deutsche Vorderasienkomitee bereitet die
Errichtung von Deutschen Bibliotheken in Baghdäd
und Aleppo vor. Dieselben sollen die ersten der von diesem
Komitee zu begründenden Deutschen Vorderasienbiblio-
theken werden. Bücherzuwendungen und Stiftungen an
den Herausgeber der Zeitschrift. Öffentliche Quittungen
erfolgen im „Orientalischen Archiv“. Gr.
Eine amerikanische Universität für die Balkan-
staaten. Der an praktischen Ideen reiche Sinn der Ameri-
kaner hat wieder einmal eine gute Frucht hervorgebracht.
Bekanntlich machen es die amerikanischen Missionen im
Gegensatz zu den europäischen sich zur Pflicht, in den
Ländern ihrer Tätigkeit Kulturträger im weitesten Sinne
zu sein und opfern viel, um diese Pflicht erfüllen zu können.
Das neueste ist nun, daß die „Baptisten-Welt Union“ be-
schlossen hat, für die Balkanstaaten eine Universität,
oder richtigergesagt, ein amerikanisches „University-College“
zu schaffen. Ein im Juni dieses Jahres in Philadelphia
tagender Kongreß wird endgültig beschließen, wo diese
Universität ihr Domizil haben soll. Ursprünglich war die
Wahl zwischen Rumänien, Ungarn, Bulgarien und der
Türkei freigestellt. Es wurden bereits vertrauliche An-
knüpfungen zu maßgebenden Personen dieser Länder her-
gestellt; aber nach den Erfahrungen, welche man mit den
verschiedenen Regierungen machte, kommen nunmehr, laut
Mitteilung des Budapester Vertrauensmannes, die Orte
Budapest und Konstantinopel als Sitz in Betracht.
Bekanntlich zählen ja mehrere amerikanische Finanzkönige
zu dieser in Amerika sehr großen Kirchengemeinschaft, so
z. B. John Rockefeller. Diese haben die Mittel für dieses
Institut schon gezeichnet. Die Universität soll nur Stu-
denten protestantischer Religion, ohne Unterschied der
218
sodaß die Furcht entstand, der Taltempel könnte darunter
liegen und dadurch nicht berührbar werden.
Im Sommer 1908 begann man aber den Taltempel
selbst aufzuspüren, dem in 5 Schächten näher gekommen
wurde. Im Porticus des Spendesaales standen die Basen
von 4 lebensgroßen Alabasterstatuen noch in situ, während
Hunderte von Fragmenten dieser Statuen von antiken
Vandalen zerschlagen herumlagen. Darunter wurde der
Körper und der Kopf einer jetzt in Kairo befindlichen
Statue gefunden, ferner der prachtvolle Alabasterkopf des
Prinzen Shepseskaf und ein anderer jetzt in Kairo befind-
licher großer Alabasterkopf. Unvollendete Statuetten, Kupfer-
werkzeuge und Gerätschaften, magische Zeichen aus Feuer-
stein und eine Masse von Alabaster-, Porphyr-, Diorit-
Krystall-, Schiefer-, Basalt-Gefäßen kamen weiterhin zum
Vorschein.
Aber im ersten Jahr konnte der Tempel nicht fertig
ausgegraben werden. Der Wert der Funde war so groß,
daß die Zahlung des Prämienbakschischs an die Arbeiter
die Mittel der Expedition erschöpften. Erst im April 1910
war der Taltempel vollständig ausgegraben. Seine Grenze
bildete eine vor ihm liegende Stadt, die unter dem arabi-
schen Friedhof liegt. Wiederum wurden prächtige Stein-
gefäße, unfertige Statuetten, Fragmente von Figurendrei-
heiten in Schiefer und andere Gegenstände in Masse ent-
deckt. Aber der größte aller der Funde der Amerikaner
war eine wunderbare Doppelstatue, Porträt des Königs
und der Königin, in hartem, dunklen Schiefer, in geradezu
wunderbarer Erhaltung.
Diese Meisterwerke waren aber nicht für einen arm-
seligen Schlammziegeltempel bestimmt, sondern für einen
kostbaren Granittempel, der an Schönheit zweifellos den
Sphinxtempel übertroffen hätte, wäre er nur fertig ge-
worden. Die Amerikaner haben nämlich drei Tempel
fixieren können: 1. einen prachtvollen Steintempel, resp.
dessen Fundamente, die von Mykerinus selbst gelegt waren,
aber infolge seines frühen Todes nicht zur Vollendung
kamen; 2. einen Schlammziegeltempel, den Shepseskaf, der
Sohn und Nachfolger des Mykerinus, in seinem ersten
Regierungsjahr erbaut hatte, und 3. eine Schlammziegel-
Rekonstruktion, die Pepy II. in der 6. Dynastie versucht
hatte. Die Statuen, welche die Amerikaner ans Licht ge-
zogen hatten, waren in den Tagen des Mykerinus für den
Steintempel geschaffen worden; Shepseskaf hatte sie in dem
ersten Schlammziegeltempel plaziert.
Die außerordentliche Vorsicht, mit der die Tempel des
Mykerinus ausgegraben wurden, ermöglichte es, die Ge-
schichte ihres Baues und ihres Verfalles genau zu erkennen.
Positiver Beweis ist erbracht, daß die von den Amerikanern
gefundenen und teilweise nach Amerika hinüberge-
kommenen Statuen aus der 4. Dynastie stammen, und daß
in der 4. Dynastie den Pyramiden durch Dammwege damit
verbundene Taltempel entsprachen. Damit ist auch end-
gültig bewiesen, daß der Granit- resp. Sphinxtempel der
Taltempel der zweiten Pyramide, des Grabes des Chephren,
war. Damit ist auch die Streitfrage über das Datum der
großen Dioritstatue des Chephren und des Sphinx selbst
erledigt. Gerade solche Charakteristiken wie die, nach
denen man die Chephrenstatue und den Sphinx einer
späteren Zeit zuweisen wollte, finden sich an den von den
Amerikanern ausgegrabenen Statuen. Es war daher ge-
boten, zu der schon vorher als wahrscheinlich ange-
nommenen Ansicht, nämlich daß diese Monumente aus
der Zeit des Chephren selbst sind, zurückzukehren.
Der Sphinx in Ägypten ist nichts anderes als ein
Löwenkörper mit dem Haupt des regierenden Pharao.
Der König ist hier der Wächter, der seine Feinde nieder-
tritt und sie von seinem Territorium abhält. Ein oft vor-
kommendes Motiv. Der große Sphinx ist der Wächter
des heiligen Umkreises der zweiten Pyramide und steht
an der zu der Pyramide führenden Straße. Der Körper
ist der eines Löwen, das Haupt das Porträt des Chephren,
eben des Königs, der die zweite Pyramide erbaute und
den Wächter Sphinx aus dem natürlichen Felsen heraus-
schneiden ließ.
Das Museum of Fine Arts Bulletin ist mit außer-
ordentlich gelungenen Photographien ausgeschmückt, die
die Herrlichkeit und die Wichtigkeit der gemachten Funde
illustrieren. In der ganzen ägyptischen Kunst ist kaum
etwas Hervorragenderes zu finden als der Alabasterkopf
des Mykerinus und des Shepseskaf, als die Triadengruppe
des Mykerinus mit Gaugottheit und Hathor und als die
Doppelstatue des Mykerinus und seiner Königin. M.
Bildungswesen im Orient
Das Deutsche Vorderasienkomitee bereitet die
Errichtung von Deutschen Bibliotheken in Baghdäd
und Aleppo vor. Dieselben sollen die ersten der von diesem
Komitee zu begründenden Deutschen Vorderasienbiblio-
theken werden. Bücherzuwendungen und Stiftungen an
den Herausgeber der Zeitschrift. Öffentliche Quittungen
erfolgen im „Orientalischen Archiv“. Gr.
Eine amerikanische Universität für die Balkan-
staaten. Der an praktischen Ideen reiche Sinn der Ameri-
kaner hat wieder einmal eine gute Frucht hervorgebracht.
Bekanntlich machen es die amerikanischen Missionen im
Gegensatz zu den europäischen sich zur Pflicht, in den
Ländern ihrer Tätigkeit Kulturträger im weitesten Sinne
zu sein und opfern viel, um diese Pflicht erfüllen zu können.
Das neueste ist nun, daß die „Baptisten-Welt Union“ be-
schlossen hat, für die Balkanstaaten eine Universität,
oder richtigergesagt, ein amerikanisches „University-College“
zu schaffen. Ein im Juni dieses Jahres in Philadelphia
tagender Kongreß wird endgültig beschließen, wo diese
Universität ihr Domizil haben soll. Ursprünglich war die
Wahl zwischen Rumänien, Ungarn, Bulgarien und der
Türkei freigestellt. Es wurden bereits vertrauliche An-
knüpfungen zu maßgebenden Personen dieser Länder her-
gestellt; aber nach den Erfahrungen, welche man mit den
verschiedenen Regierungen machte, kommen nunmehr, laut
Mitteilung des Budapester Vertrauensmannes, die Orte
Budapest und Konstantinopel als Sitz in Betracht.
Bekanntlich zählen ja mehrere amerikanische Finanzkönige
zu dieser in Amerika sehr großen Kirchengemeinschaft, so
z. B. John Rockefeller. Diese haben die Mittel für dieses
Institut schon gezeichnet. Die Universität soll nur Stu-
denten protestantischer Religion, ohne Unterschied der
218