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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Schultz, A. v.: Zur Kenntnis der arischen Bevölkerung des Pamir
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0052
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Zur Kenntnis der arischen Bevölkerung des Pamir.
wird und dessen Blätter gegessen werden. Von
Ischkaschim (2650 m) an gedeiht weiter Tabak,
Mohn, Melonen und stellenweise Lein, dessen
Öl zum Essen und zur Beleuchtung benutzt wird
Obstbäume beginnen in Langar (2885 m) mit
Äpfel- und Aprikosenbäumen. Weiter nach
Norden in den tieferen Gegenden gesellen sich
Wallnuß-, Birnen-, Kirschen- und Maulbeerbäume
hinzu. In Ruschan (2000 m) steht schließlich
die Obstzucht in hoher Blüte.
Eine erste Aussaat des Getreides erfolgt im
Frühjahr gleich nach Fortschmelzen des Schnees,
etwa im März, um möglichst schnell wieder mit
Korn, das auch etwa Mitte Juli reift, versehen
zu sein. Eine zweite, spätere Aussaat liefert
besseres Korn.
Die Viehzucht beschäftigt sich mit Rindern,
Schafen, Ziegen, die für den Sommer auf hoch-
gelegenen Weideplätzen stehen. Pferde und Esel
sind reichlich, Kamele, wegen der schlechten
Verkehrswege, weniger im Gebrauch, während
das Maultier sehr selten, gewöhnlich bei
afghanischen Karawanen, wenn sie auf schwierigen
Pfaden mit Kontrebande(Opium, Haschisch) gehen,
anzutreffen ist. Der bei den Kirgisen, im
zentralen Pamir, eine so wichtige Rolle spielende
Jack findet sich ebenfalls in den höher gelegenen
Dörfern, besonders am Gunt, vor.
Die Jagd auf Wildschafe an den Grenzen des
hohen zentralen Pamir und auf Steinböcke, die
zahlreich im ganzen westlichen Pamir auftreten,
liefert Fleisch und Felle, allerdings in geringerem
Maße als bei den Kirgisen. Pelzwerk von Füchsen,
Wölfen, Mardern, Ottern wird an Ort und Stelle
verwendet und fast garnicht ausgeführt — im
Gegenteil, die aus Indien und Afghanistan nach
Turkestan ziehenden Karawanen mit Fellen setzten
noch einiges bei den wohlhabenden Tadschik ab.
Das Hausgewerbe beschäftigt sich haupt-
sächlich mit der Anfertigung grober, aber guter
Wollenstoffe, Strümpfen, Stiefeln, hauptsächlich
aus Steinbockleder, roher Thongefäße, Holzschalen
und -löffel. Vieles Gerät wird aus Indien und
Kaschgar eingeführt, in letzter Zeit aber in weit
überwiegender Menge aus den Städten des
russischen Turkestan.
Märkte und Kaufläden, Bazare, sind im west-
lichen Pamir auf Veranlassung der russischen
Militärverwaltung auf einigen Militärstationen

entstanden und entwickeln sich gut. Mit den
Kirgisen des zentralen Pamir findet ein Austausch
von Mehl gegen Teppiche, Wolle, Felle statt.
Die Verkehrsverhältnisse in den Tälern des
Pändsch, Gunt, Schachdarra und besonders des
Bartang, wo man meist mit Trägern auf gefähr-
lichen Treppen und Leitern die steilen Wände um-
gehen muß, sind recht schwierig, wenn auch die
russische Militärverwaltung in den letzten Jahren
die meisten Saumpfade wesentlich verbessert,
ja teilweise für Karrenverkehr eingerichtet hat.
Die Flüsse werden nur auf den großen Straßen
auf Brücken, vom sog. kaukasischen Typus, über-
schritten, sonst meist in Furten durchquert. Wo
diese nicht vorhanden, benutzt man aufgeblasene
Schafs- oder Ziegenfelle, aus denen kleine Flösse
verfertigt werden.1
Eine genaue Statistik der Bevölkerung des
westlichen, zu Rußland und Afghanistan gehörigen
Pamir ist zur Zeit nicht durchzuführen. Es mögen
rund 35000 Eingeborene die Täler des Pändsch,
Pamir-darja, Schach-darra, Gunt und Bartang
bewohnen. In diese Zahl wird man auch die
Tadschik des östlichen, chinesischen Pamir ein-
schließen können.
Eine kurze Betrachtung dieser in der sog.
Tagarma-Ebene und im Tagdumbasch-Pamir im
östlichen Pamir sowie an einigen andern Quell-
flüssen und am Oberlauf des Jarkend-darja leben-
den Tadschik soll den Schluß dieser Ausführungen
bilden.
Geringe, armselige Dörfer sind es, die haupt-
sächlich von Auswanderern aus Wachan, weniger
ausSchugnan bewohnt werden. Die Einwanderung
soll in den letzten fünf Jahrhunderten stattgefunden
und die hier nomadisierenden Kirgisen verdrängt
haben. Eine Vermischung dieser Tadschik mit
Kandjutern, Kaschgariern und Chotanern, von
denen ebenfalls viele Müriden geworden sind,
ist unverkennbar und erklärlich, da der Verkehr
des chinesischen Turkestan mit Indien durch diese
Gebiete führt. Die Ansiedlungen, etwa dreißig,
die eine vollständige oder vorwiegende Tadschik-
bevölkerung aufweisen, liegen an den Quellflüssen
des Jarkend-darja: Tagdumbasch und Kara-su
(Tagdumbasch-PamirundTagarma-Ebene), Watsch

1 Vergl. A. v. Schultz: „Der Turssuk“. Globus 1910,
p. 105 u. f.

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