religiösen Bilder zu sehen, mit denen uns die letzten zwei Jahrzehnte
beschenkt haben!
Das grosse Museumsbild war eine Konzession an die Forderungen gewesen,
die die Welt an Fritz August von Kaulbachs Ruhm stellte. Im allgemeinen
blieb er beim Bildnis, beim Frauen- und Kinderbildnis insbesondere, fasste aber
den Begriff weit genug. Denn unter seinem Pinsel entstanden auch in reichster Fülle
weibliche Idealgestalten und bildhafte Studienköpfe, edle Frauenköpfe und da-
zwischen immer wieder Bilder mit mehr oder weniger Figuren in Landschaft,
wie das »Quartett« singender Mädchen von 1886, die »Quelle«, der »Mädchen-
reigen« von 1897 mit seinen acht anmutreichen, im tollsten Ringelreihen über
eine Wiese wirbelnden, schier körperlos leicht erscheinenden Gestalten. Mit
besonderer Liebe hat der Künstler auch eine Reihe gestaltenreicher Dekorations-
skizzen ausgeführt, deren Anmut und Noblesse besticht. Das Weib steht
natürlich auch hier im Vordergründe, üppige Zutaten an Putten, Blumen und
Prunkgerät runden die Fülle der Erscheinungen, die stets im Rhythmus der
Anordnungen edelstem Reiz ist, harmonisch ab. An diesen Dingen scheint der
Künstler, dem seine Vielbegehrtheit wohl auch hin und wieder zur Last wird,
zu erholen, und er mag dabei wohl von einer Zeit träumen, wo er den An-
sprüchen der Welt kein Gehör mehr schenkt und nur mehr malt, was ihn von
Herzen freut. Spürt man doch immer wieder an jenen freigestalteten Ideal-
köpfen und ähnlichen, vom Zwang eines Auftrags ganz freien Werken die
fröhlicher sich auslebende Schaffenslust. So ist's in dem Putto mit den Wein-
trauben, in etlichen graziösen Frauenakten, zum Beispiel dem edlen und keuschen
lebensgrossen Frauenhalbakt mit Blumenkranz von 1909, den die Sammlung
Schmeil in Dresden ihr Eigen nennt. Vor allem aber spürt man die Freude
am Schaffen aus voller Seele an der grossen Serie von Bildern von Kaulbachs
zweiter Gattin und seinen Kindern.
Schon seit den ersten Porträtarbeiten der achtziger Jahre hatte er sich
seine glänzende Stellung im deutschen, ja im internationalen Kunstleben er-
kämpft, und es wäre ein müssiges Unternehmen, die Reihe von Bildnissen auf-
zuzählen, die er nun vollendete. Den besten Beweis für die Geltung, die er
hatte, liefert wohl der Umstand, dass man, als im Jahre 1886 Piloty gestorben
und die Münchner Kunstakademie verwaist war, den für ein solches Amt sehr
jungen F. A. v. Kaulbach an die Spitze dieser Kunsthochschule berief. Man
traute ihm die Tatkraft, die vornehme Gesinnung und die repräsentativen Eigen-
schaften zu, welche die Stellung verlangt, und er gehorchte dem Ruf. Nicht
mit voller Seele vielleicht, denn das Amt entzog ihn, mehr als ihm lieb war,
XIV
beschenkt haben!
Das grosse Museumsbild war eine Konzession an die Forderungen gewesen,
die die Welt an Fritz August von Kaulbachs Ruhm stellte. Im allgemeinen
blieb er beim Bildnis, beim Frauen- und Kinderbildnis insbesondere, fasste aber
den Begriff weit genug. Denn unter seinem Pinsel entstanden auch in reichster Fülle
weibliche Idealgestalten und bildhafte Studienköpfe, edle Frauenköpfe und da-
zwischen immer wieder Bilder mit mehr oder weniger Figuren in Landschaft,
wie das »Quartett« singender Mädchen von 1886, die »Quelle«, der »Mädchen-
reigen« von 1897 mit seinen acht anmutreichen, im tollsten Ringelreihen über
eine Wiese wirbelnden, schier körperlos leicht erscheinenden Gestalten. Mit
besonderer Liebe hat der Künstler auch eine Reihe gestaltenreicher Dekorations-
skizzen ausgeführt, deren Anmut und Noblesse besticht. Das Weib steht
natürlich auch hier im Vordergründe, üppige Zutaten an Putten, Blumen und
Prunkgerät runden die Fülle der Erscheinungen, die stets im Rhythmus der
Anordnungen edelstem Reiz ist, harmonisch ab. An diesen Dingen scheint der
Künstler, dem seine Vielbegehrtheit wohl auch hin und wieder zur Last wird,
zu erholen, und er mag dabei wohl von einer Zeit träumen, wo er den An-
sprüchen der Welt kein Gehör mehr schenkt und nur mehr malt, was ihn von
Herzen freut. Spürt man doch immer wieder an jenen freigestalteten Ideal-
köpfen und ähnlichen, vom Zwang eines Auftrags ganz freien Werken die
fröhlicher sich auslebende Schaffenslust. So ist's in dem Putto mit den Wein-
trauben, in etlichen graziösen Frauenakten, zum Beispiel dem edlen und keuschen
lebensgrossen Frauenhalbakt mit Blumenkranz von 1909, den die Sammlung
Schmeil in Dresden ihr Eigen nennt. Vor allem aber spürt man die Freude
am Schaffen aus voller Seele an der grossen Serie von Bildern von Kaulbachs
zweiter Gattin und seinen Kindern.
Schon seit den ersten Porträtarbeiten der achtziger Jahre hatte er sich
seine glänzende Stellung im deutschen, ja im internationalen Kunstleben er-
kämpft, und es wäre ein müssiges Unternehmen, die Reihe von Bildnissen auf-
zuzählen, die er nun vollendete. Den besten Beweis für die Geltung, die er
hatte, liefert wohl der Umstand, dass man, als im Jahre 1886 Piloty gestorben
und die Münchner Kunstakademie verwaist war, den für ein solches Amt sehr
jungen F. A. v. Kaulbach an die Spitze dieser Kunsthochschule berief. Man
traute ihm die Tatkraft, die vornehme Gesinnung und die repräsentativen Eigen-
schaften zu, welche die Stellung verlangt, und er gehorchte dem Ruf. Nicht
mit voller Seele vielleicht, denn das Amt entzog ihn, mehr als ihm lieb war,
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