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Otte, Heinrich
Handbuch der kirchlichen Kunst-Archäologie des deutschen Mittelalters (Band 2) — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.24263#0816
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Kupferstich.

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Schattenangabe bestellt im Nackten und in dem Architektur-Beiwerke aus
kurzen und im regel n) äfsigen, in den Gewändern aus längeren Strichlagen. Die
ungenaue Zeichnung läfst dessenungeachtet eine gewisse Naturbeobachtung
erkennen; der Ausdruck der Köpfe ist.wahr, sehr lebhaft und zuweilen an das
Karikierte streifend. Von einem viel höher stehenden oberdeutschen Künstler,
dem Meister P., rührt der Zweitälteste datierte Kupferstich her: ein kost-
bares Unikum von 1451 (s. die Beilage zu Bd. I, 586 im Facsimile aus der
Collectio Weigeliana I, 335 Nr. 406 — schon früher in Naumanns Archiv
IV. 1858) mit der (kolorierten) Darstellung der Himmelskönigin. Hier ist
die Zeichnung zart und aus feiner Naturbeobachtung hervorgegangen; der
Stil hat etwas Grofsartiges und entbehrt nicht eines gewissen Schönheits-
sinnes. Ein heil. Abendmahl von 1457 im Britischen Museum zu London
erinnert in den einfachen und noch fliefsenden Gewändern an die altkölnische
Malerschule. Dem Alter nach folgt ein unbekannter Meister von 1464, auch
der Meister mit den Schriftbändern genannt, der am Niederrhein oder
in Westfalen heimisch gewesen sein mufs und mit biblischen und Heiligen-
bildern, auch mancherlei Allegorischem (Glücksrad) und Scenen aus dem ge-
sellschaftlichen Leben der Zeit ziemlich produktiv vertreten ist. Darüber, ob
der Meister E. S. 1466, von dem viele Stiche bekannt sind, aus Flandern,
vom Niederrhein oder aus Oberdeutschland stammt, sind die Autoritäten nicht
einig: die Arbeiten dieses Maler-Kupferstechers und seiner Schüler zeigen
die Einflüsse der Eyck’schen Schule und das Gepräge einer vorüglichen tech-
nischen Ausbildung, die schon eine vieljährige Übung voraussetzen läfst.1 —
In der zweiten Hälfte des XVI. Jahrh. gelangte der Kupferstich auf eine
höhere, mühsamere Stufe der Technik, die nunmehr eine ausschliefsliche Hin-
gabe von Seiten des Künstlers erforderte. Die Maler konnten darauf nicht
mehr eingehen und wandten sich der leichteren Technik der Radierung
(Ätzkunst)2 zu, deren erste Spuren in den Niederlanden und in Deutschland
gegen Ende des XV. Jahrh. Vorkommen: schon Albrecht Dürer bediente sich
zuweilen (in den Jahren 1515 und 1516) der Radiernadel und des Scheide-
wassers.

1 Vergl. über die verschiedenen Vermutungen zur Lösung derNamensinitiaien Bücher
a. a. 0., 15. Neuerlichst hat Alfr. von Wurzbach hi von Lützow, Zeitschr. XIX,
124 ff. (daselbst eine Kopie seiner Madonna von Einsiedeln von 1466) ihn mit grofser
Sicherheit mit dem Meister Erwein vom Stege, welcher 1460 Münzmeister Kaiser Fried-
richs III. zu Wiener-Neustadt gewesen ist, identificiert, welche nicht sehr wahrschein-
liche Behauptung von K. Chytil ebda. 238 f. entschieden bestritten worden ist.

2 Vergl. über diese Erfindung: Harzen, in Naumann’s Archiv V, 119 ff.; Passa-
vant a. a. Ö. I, 365-—370; Bücher a. a. 0, 51.
 
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