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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0267
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Martin Schaffner.

AUS den Traditionen der Syrlinwerkstatt ist auch Martin Schaffner er-
L waclisen, einer der Künstler, die irn Ulmer Kunstleben der allerspätesten
Zeit eine bedeutsame Rolle gespielt haben. In seiner Tätigkeit als Bildhauer
ist Schaft'ner freilich heute noch umstritten. Er selbst bezeichnet sich stets
als Maler, und die von ihm signierten Gemälde sind der einzige Ausgangs-
punkt zur Beurteilung seines Schaffens. Wenn trotzdem Schaffner immer
wieder auch als Bildhauer gilt und wenn ihm bestimmte plastische Werke
zugesprochen werden, so sind dafiir zwei Gründe maßgebend: einmal die
stilistische Einheit zwischen den nachweislich von ihm stammenden Altar-
gemälden und dem jeweils zugehörigen plastischen Schmuck des Schreins
und dann die Tatsache, daß Schaffner in einer allerdings erst aus dem
18. Jahrhundert stammenden Chronik des Klosters Wettenhausen, für das
er wiederholt tätig war, ausdrücklich als ,statuarius et pictor' bezeichnet
wird 1. Zudem hat in jüngerer Zeit Habich 2 wahrscheinlich gemacht, daß
Schaffner als der Verfertiger einer Anzahl von Medaillen zu gelten hat,
auf denen Ulmer Patrizier dargestellt sind. Eine dieser Medaillen aus dem
Jahre 1522 ist mit M S gezeichnet; das dargestellte Bildnis eines Handwerkers
wird als Selbstporträt Schaffners gedeutet und geht stilistisch mit den
Bildwerken der Altäre zusammen, die in ihrem malerischen Teil gesicherte
Arbeiten Schaffners sind. Die gleichzeitige Tätigkeit Schaffners als Maler
und als Bildliauer wird auch durch diesen Hinweis wahrscheinlich gemacht.

Bei dem Versuch, das plastische Werk Schaffners zu rekonstruieren,
haben wir auszugehen von dem Altar, der urkundlich als sein Werk bezeugt
ist, dem Hochaltar für die Klosterkirche von W e 11 e n h a u s e n (B.A.
Günzburg) aus den Jahren 1523/24. Der Altar, der nach dem Bericht der
Wettenhauser Chronik 3 von dem statuarius et pictor Martin Schaffner ge-
niacht wurde, zeigte im Schrein die Darstellung der Marienkrönung und auf
den Innenseiten der Innenfiügel in Relief die Geburt Christi und die An-
betung der Könige. Die übrigen Szenen aus dem Marienleben, in Malerei ge-
geben, waren auf die Außenfiügel und Außenseiten der Innenfiügel verteilt.
Nur die Mittelgruppe befindet sich heute noch in Wettenliausen und steht
dort als Seitenaltar im Uanghaus; die Elügel sind in die Alte Pinakothek
nach München verbracht worden'.

Auf die Gruppe des Schreins 5 richtet sich in erster Uinie unser Interesse.
Maria (Abb.302), von zwei Engeln gekrönt, kniet ganz frontal, rechts und
hnks von ihr sitzen in seitlicher Drehung Gottvater (Abb. 305) und

1 vgl. Baum, Ulmer Plastik S. 164 und Altschwäbische Kunst, Schaffner und Mauch S. 82 fi. 2 Der

Meister der Beltzinger (Martin Schaffner?), Jahrb. d. preuß. Kunstsammlungen 36 (1915) S. 153 ff. 3 vgl.

Baum, Ulmer Plastik S. 164. 4 München, Katalog der Älteren Pinakothek Nr. 5394 und 5395. 5 Ge-

samtabbildung bei Baum, Ulmer Plastik Tafel 55.

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