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Koninklijke Nederlandse Oudheidkundige Bond [Hrsg.]
Oudheidkundig jaarboek — 3. Ser. 1.1921

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Clemen, Paul: Denkmalpflege und Kunstverwaltung in neuem Deutschland in ihren Beziehungen zum Ausland
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https://doi.org/10.11588/diglit.19958#0034
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DENKMALPFLEGE UND KUNSTVERWALTUNG IM NEUEN

durch die Revolution, die plötzlich all die alten und scheinbar so festgegründeten
Fürstenthrone in Deutschland und Oesterreich umgeworfen hatte, nun eine fast
unübersehbare Menge von Residenzschlössern in den jetzigen wie in den früheren
Hauptstadten, von Palasten und Burgen, aber auch von weiteren Bauanlagen, und
dazu eine Fülle von Kunstschatzen, in ganzen geschlossenen Sammlungen und Museen
wie vereinzelt, an die neuen Regierungen gekommen waren, und dass die Gefahr
vorlag, dass bei der demokratischen Orientierung dieser Regierungen alle Gefühle
und Verpflichtungen der Ehrfurcht und des Respektes ausser Acht gelassen wurden.
In den ersten Revolutionsmonaten hatten nicht wenige von diesen historischen
Denkmalern, darunter das Berliner königliche Schloss, ja schon schwer genug zu
leiden gehabt. Hier frühzeitig einzugreifen und Richtlinien für die Benutzung und
Pflege dieser Bauwerke wie des übrigen fürstlichen Kunstbesitzes festzustellen, war
eine der allerdringlichsten Aufgaben, und wir dürfen voll Dankbarkeit anerkennen,
dass die samtlichen deutschen Regierungen sich bemüht haben, im Sinne der damals
vereinbarten Gründsatze sich der Pflege dieser Denkmaler, die auch weiterhin als
historische Monumente, als Gradmesser einer vergangenen Kulturhöhe ihre hohe
kunsterzieherische Aufgabe zu erfüllen haben, anzunehmen. Noch garnicht abzusehen
ist, welche Folgen durch die bevorstehende Trennung von Kirche und Staat sich
für die Denkmalpflege ergeben werden. Das Trostlose, das uns winkt, ist hier, dass
der Staat die Gemeinden in einem gewissen Umfang sich selbst überlassen muss,
und dass es bei dem Nachlassen des kirchlichen Geistes den Gemeinden einfach
vielfach nicht möglich sein wird, die notwendigsten Mittel für die Erhaltung ihrer
Kultusbauten wie für die Instandhaltung der wichtigsten in den Kirchen befmdlichen
Kunstwerke aufzubringen. Wird hier ein grosses Sterben der Baudenkmaler einsetzen,
ein langsames Verkommen, wie schon einmal im Anfang des 19. Jahrhunderts, und
ein kaum mehr zu verhinderndes Abwandern der Kunstschatze ins Ausland?

Diese letzte Frage nun ist es, die heute das Ausland vor allem unmittelbar
angeht, und die auch Holland so wesentlich berührt. Auf sie mag hier noch mit
einigen Worten eingegangen werden. Ich habe mich in einem Aufsatz über die
„Abwanderung des deutschen Kunstbesitzes und die neue Kunstschutzverordnung”
in der Zeitschrift „Der Cicerone”, Jahrgang 12, 1920, Heft V im Verlag von
Klinkhardt & Biermann in Leipzig und in meinem Referat in Eisenach, das in dem
stenographischen Bericht S. 95 abgedruckt ist, eingehend darüber geaussert.

Wer in Holland die Verhaltnisse auf dem Kunstmarkt in diesen beiden letzten
Jahren aufmerksam verfolgt hat, der weiss, wie der Kunsthandel zwischen den
Landern deutscher Zunge und dem Ausland, der wahrend des Krieges zum Teil
völlig abgeschnitten war, in dieser Zeit neu emporgeblüht ist, und endlich eine ganz
unerhörte Ausdehnung und völlig phantastische Formen angenommen hat. In Mai
des letzten Jahres trat plötzlich eine Stockung ein, aber im Herbst hat mit der er-
neuten erschreckenden Senkung der deutschen Valuta auch die Verkaufslust wieder
aufs neue eingesetzt. Die Besitzenden sind von einer wachsenden nervösen Unruhe
ergriffen, die Hypnose des Ziffernwahnsinns hat sie ergriffen, durch die scheinbare
 
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