eine Brillantbrosche in der Form eines Schmetter-
lings, Tropfen an Tropfen die ganzen Flügel, das
Zarteste und Leuchtendste, das es dort gab.
„Siehst du diese Brosche," hatte sie gesagt,
„wenn wir reich wären —" wie schmeichelnd der
Ton in diesem wenn — „wenn wir reich wären,
dann möchte ich sie wirklich gerne haben, es ist
das Einzige, das ich so recht haben möchte."
Später wurde es „meine Brosche", da niemand
sie kaufte; sie erlangte gleichsam eine Art Eigen-
tumsrecht daran.
„Siehst du, meine Brosche ist noch da und
wartet auf mich —" und sie neigte sich immer
zärtlicher zu ihrem Schmetterling hinab und ver-
liefs ihn mit leiser, ganz leiser Betrübnis, denn sie
wufste ja, dafs sein Preis für uns über jede Möglich-
keit war. Dann, als sie nicht mehr ausging, hatten
wir nicht mehr von der Brosche gesprochen, aber
ich hatte bemerkt, dafs sie doch daran dachte, und
dafs sie sie vor sich sah, wenn sie ihre Schmuck-
sachen berührte.
Nun sollte bald ihr Geburtstag kommen, und
ich ging und dachte nach, was ich ihr geben konnte.
Die Brosche fiel mir gleich ein, aber gar nicht als
Möglichkeit, nur als Wunsch, denn sie war zu
teuer und würde das Einkommen eines ganzen Jahres
gekostet haben; und ich grübelte und grübelte, um
etwas zu finden, das ihr glich, aber im Bereich des
Möglichen lag. Da kam es mir in den Sinn, dafs
die Brosche, wenn ich sie nun kaufen konnte, ihr
die Gewifsheit geben würde, dafs ich an ihre Ge-
nesung glaubte, ohne den mindesten Zweifel; denn
eine solche ritterliche Thorheit konnte niemand
begehen, wenn er nicht durchdrungen war, wirk-
liche Freude damit zu machen. Das sollte ihre
Angst zu Freude und Hoffnung erhellen. Ich ver-
schaffte mir leihweise das Geld und ging und kaufte
den Schmetterling, sobald ich konnte.
Am Morgen, als sie ihn bekam, ach, nie hatte
ich sie so froh gesehen.
Sie war in den letzten Tagen trauriggestimmt
gewesen, in dem Vorgefühl, dies würde ihr letztes
Jahresfest sein, ja, sie hatte sich sogar gegen Abend
bei mir ausgeweint und mir für die Zeit gedankt,
die vergangen war, und hatte sich durchaus nicht
zu Freude trösten lassen, nur zu heldenmütiger,
brechender Resignation und einem schwachen,
müden Lächeln.
Und nun bekam sie am Morgen meine Gabe,
gleich als sie erwachte, noch mit Lichtern im
Zimmer; ich schmeichelte das kleine Etui in ihre
Hand und sagte meine Worte. Ach, ihr Gesicht
dabei! Erst ein milder Vorwurf „Schmuck — für eine
Kranke!" — ein müdes Lächeln, aber so freund-
lich — und dann öffnete sie den Deckel und sah.
Ihr Schmetterling! ihr Schmuck! dessen Besitz
sie kaum zu träumen gewagt! und von einem
Glanz, der den ganzen Raum erleuchtete! Die
Thränen brachen ihr hervor. Wie war dies nur
möglich. Ihr Atem stockte vor Ueberraschung, und
ich fürchtete, dafs es ihr schaden würde, so schwach
wie sie war. Aber es war nur Freude und Dank-
barkeit, die schrankenloseste Freude, leicht wie
Schmetterlingsgaukeln im Sonnenschein, die wärmste
Liebe und all die Gedanken, auf die ich gezählt hatte.
Es konnte also wirklich nicht so schlimm mit
ihr stehen, da es sich ja zeigte, wie ich auf ihre
Genesung baute, da ich mich so gut wie ruiniert
hatte, um ihr zu geben, was sie am meisten wünschte.
Sie durfte also weiter auf ihrer lieben Erde leben,
mit mir und ihrem schönen Schmuck. Und wie
klare, tanzende, flüsternde Musik einer Quelle
rauschte ihre Freude mir entgegen.
Es war geglückt, wie ich gedacht hatte —
nicht der Schatten eines Zweifels war länger in
ihr, nur Hoffnung und lauter schöne warme Ge-
danken. Aber für mich blieb es dennoch ein wenig
schwer und bitter, denn ich wufste schon jetzt,
dafs es kaum mehr helfen konnte, ihren Glauben
aufrecht zu erhalten, dafs sie dennoch — verurteilt
war. Aber ich hatte wenigstens mein Dornröschen
in den Märchenwald eingeschlossen, des Schlum-
mers harrend, ohne es zu wissen, den Rosen rings
entgegenlächelnd, die die Mauern um ewige Ruhe
werden sollten.
Denn nun verlor sie nicht mehr die Hoffnung
auf Genesung, war nie mehr bange, sich von mir
zu trennen, berührte niemals die seltsam kalten
Rätsel, die der Verstand nicht zu lösen vermag.
Sie lag nun bald den ganzen Tag über im Bette,
aber sie hatte ihren Brillantschmetterling bei sich
und sah unaufhörlich darauf und versuchte ihn in
ihrem Haar, wenn es geordnet wurde, und stets
verjagte er jede Angst — sie würde bald wieder
wohl werden, so gewifs dies echte Steine waren, und
den Schmuck tragen und stolz und froh sein darüber.
Obgleich sie schwächer und schwächer wurde
und auch zuweilen Schmerzen hatte, war sie den-
noch immer gleich fröhlich — hatte sie nicht ihren
Schmuck dort auf dem Tisch und konnte ihn an-
sehen und glitzern lassen?
Er wurde ihr mehr als ein Kleinod, er wurde
die leuchtende Gewifsheit, dafs das Glück endlich
siegen mufste, dafs es keine Trennung gab, dafs
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22*
lings, Tropfen an Tropfen die ganzen Flügel, das
Zarteste und Leuchtendste, das es dort gab.
„Siehst du diese Brosche," hatte sie gesagt,
„wenn wir reich wären —" wie schmeichelnd der
Ton in diesem wenn — „wenn wir reich wären,
dann möchte ich sie wirklich gerne haben, es ist
das Einzige, das ich so recht haben möchte."
Später wurde es „meine Brosche", da niemand
sie kaufte; sie erlangte gleichsam eine Art Eigen-
tumsrecht daran.
„Siehst du, meine Brosche ist noch da und
wartet auf mich —" und sie neigte sich immer
zärtlicher zu ihrem Schmetterling hinab und ver-
liefs ihn mit leiser, ganz leiser Betrübnis, denn sie
wufste ja, dafs sein Preis für uns über jede Möglich-
keit war. Dann, als sie nicht mehr ausging, hatten
wir nicht mehr von der Brosche gesprochen, aber
ich hatte bemerkt, dafs sie doch daran dachte, und
dafs sie sie vor sich sah, wenn sie ihre Schmuck-
sachen berührte.
Nun sollte bald ihr Geburtstag kommen, und
ich ging und dachte nach, was ich ihr geben konnte.
Die Brosche fiel mir gleich ein, aber gar nicht als
Möglichkeit, nur als Wunsch, denn sie war zu
teuer und würde das Einkommen eines ganzen Jahres
gekostet haben; und ich grübelte und grübelte, um
etwas zu finden, das ihr glich, aber im Bereich des
Möglichen lag. Da kam es mir in den Sinn, dafs
die Brosche, wenn ich sie nun kaufen konnte, ihr
die Gewifsheit geben würde, dafs ich an ihre Ge-
nesung glaubte, ohne den mindesten Zweifel; denn
eine solche ritterliche Thorheit konnte niemand
begehen, wenn er nicht durchdrungen war, wirk-
liche Freude damit zu machen. Das sollte ihre
Angst zu Freude und Hoffnung erhellen. Ich ver-
schaffte mir leihweise das Geld und ging und kaufte
den Schmetterling, sobald ich konnte.
Am Morgen, als sie ihn bekam, ach, nie hatte
ich sie so froh gesehen.
Sie war in den letzten Tagen trauriggestimmt
gewesen, in dem Vorgefühl, dies würde ihr letztes
Jahresfest sein, ja, sie hatte sich sogar gegen Abend
bei mir ausgeweint und mir für die Zeit gedankt,
die vergangen war, und hatte sich durchaus nicht
zu Freude trösten lassen, nur zu heldenmütiger,
brechender Resignation und einem schwachen,
müden Lächeln.
Und nun bekam sie am Morgen meine Gabe,
gleich als sie erwachte, noch mit Lichtern im
Zimmer; ich schmeichelte das kleine Etui in ihre
Hand und sagte meine Worte. Ach, ihr Gesicht
dabei! Erst ein milder Vorwurf „Schmuck — für eine
Kranke!" — ein müdes Lächeln, aber so freund-
lich — und dann öffnete sie den Deckel und sah.
Ihr Schmetterling! ihr Schmuck! dessen Besitz
sie kaum zu träumen gewagt! und von einem
Glanz, der den ganzen Raum erleuchtete! Die
Thränen brachen ihr hervor. Wie war dies nur
möglich. Ihr Atem stockte vor Ueberraschung, und
ich fürchtete, dafs es ihr schaden würde, so schwach
wie sie war. Aber es war nur Freude und Dank-
barkeit, die schrankenloseste Freude, leicht wie
Schmetterlingsgaukeln im Sonnenschein, die wärmste
Liebe und all die Gedanken, auf die ich gezählt hatte.
Es konnte also wirklich nicht so schlimm mit
ihr stehen, da es sich ja zeigte, wie ich auf ihre
Genesung baute, da ich mich so gut wie ruiniert
hatte, um ihr zu geben, was sie am meisten wünschte.
Sie durfte also weiter auf ihrer lieben Erde leben,
mit mir und ihrem schönen Schmuck. Und wie
klare, tanzende, flüsternde Musik einer Quelle
rauschte ihre Freude mir entgegen.
Es war geglückt, wie ich gedacht hatte —
nicht der Schatten eines Zweifels war länger in
ihr, nur Hoffnung und lauter schöne warme Ge-
danken. Aber für mich blieb es dennoch ein wenig
schwer und bitter, denn ich wufste schon jetzt,
dafs es kaum mehr helfen konnte, ihren Glauben
aufrecht zu erhalten, dafs sie dennoch — verurteilt
war. Aber ich hatte wenigstens mein Dornröschen
in den Märchenwald eingeschlossen, des Schlum-
mers harrend, ohne es zu wissen, den Rosen rings
entgegenlächelnd, die die Mauern um ewige Ruhe
werden sollten.
Denn nun verlor sie nicht mehr die Hoffnung
auf Genesung, war nie mehr bange, sich von mir
zu trennen, berührte niemals die seltsam kalten
Rätsel, die der Verstand nicht zu lösen vermag.
Sie lag nun bald den ganzen Tag über im Bette,
aber sie hatte ihren Brillantschmetterling bei sich
und sah unaufhörlich darauf und versuchte ihn in
ihrem Haar, wenn es geordnet wurde, und stets
verjagte er jede Angst — sie würde bald wieder
wohl werden, so gewifs dies echte Steine waren, und
den Schmuck tragen und stolz und froh sein darüber.
Obgleich sie schwächer und schwächer wurde
und auch zuweilen Schmerzen hatte, war sie den-
noch immer gleich fröhlich — hatte sie nicht ihren
Schmuck dort auf dem Tisch und konnte ihn an-
sehen und glitzern lassen?
Er wurde ihr mehr als ein Kleinod, er wurde
die leuchtende Gewifsheit, dafs das Glück endlich
siegen mufste, dafs es keine Trennung gab, dafs
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