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DE PROFUNDIS

EIN TRIPTYCHON

Wir sind betrübt; doch unsere Seelen hoffen,
gieb uns ein Zeichen, dafs wir froher werden.
Sieh! unsere Herzen sind der Freude offen,
doch unsere Blicke neigen sich zur Erden,

Sieh! unsere Arme wollen schon erlahmen,
das Leben ewig sehnend zu umfangen,
dafs die geliebten Schatten noch nicht kamen
von den Gestaden, die wir stumm verlangen.

LUDWIG VON HOFMANN

II

Wir sind betrübt, doch eine weifse Taube
besucht den Traum nach jeder bittern Nacht
und aus den Leiden blüht ein neuer Glaube,
wie von dem Kreuze eine Rose lacht.

Wir wandeln an den klaren Wiesenteichen
und ahnen aus des Himmels Spiegelbild,
wohin die schwülen trüben Tage weichen,
woher des Lichtes milder Segen quillt.

Wir möchten ohne Rasten fürder eilen,
so stürzt ein Strom in fernes Abendrot,
dann träumend zwischen süfsen Quellen weilen,
bis aus der Flut ein neuer Morgen loht,

wir möchten in den blauen Schatten baden,
wo weifse, stumme Marmorbilder stehn
und abends in den grauen Buchenpfaden
im Dankgebet den neuen Tag erfiehn;

denn unser Leben ist von Schmerz durchwoben,
in Thränen suchen wir des Lagers Ruh,
nur in dem Traum sind wir des Zwangs enthoben,
dann flüstern uns geliebte Stimmen zu.

C 19 3

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