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bestimmen lassen. Später aber klar sein, wo durch starke
Farbe, Warm und Kalt das Bild zu fördern sei.

Bei einem Kunstwerk mufs das Geringste zum Heben
des Ganzen beabsichtigt und notwendig sein.

In Rom war einmal ein Amerikaner, der mit seinen
Prinzipien viel Aufsehen machte. So z. B. sagte er: Keine
Farbe sei im vollsten Licht, und daher keine in einem Lokal-
ton; so lasierte er denn alles mit Schwarz, malte dann licht
heraus, lasierte wieder u. s. w. Später gab er ein Büchlein
heraus über Farbenprinzipien, worin er die drei Urfarben
immer mit der Dreieinigkeit verglich.

Durch Uebergehen der Schatten mit dünnem Schwarz,
werden die Lokalfarben bewahrt und alle Farben erscheinen
klarer und heller, während ein solcher Ton dick gemischt
als dunkler Lokalton erscheinen würde.

13. Juni 66.

Böcklin: Malerische Rezeptbücher sind sehr nütz-
lich, wenn sie von alten Meistern geschrieben sind. So enthält
Leonardos Trattato della Pitturaneben vielen bekannten Sätzen
doch sehr viel Interessantes. Er äufsert z. B.: Je weniger Licht
eine Farbe bekommt, desto schwächer wird sie, bis sich im
tiefsten Schatten alle Unterschiede ausgleichen und die Farbe
nicht mehr gesehen wird. Man kann also Sachen, die nicht
im vollsten Licht sein sollen, dreist mit einer schwarzen
Lasur überziehen, ohne zu fürchten, gegen die Farbenwirkung
zu verstofsen.

Ferner folgt daraus, dafs Halbschatten oder Tönungen an
Farbigkeit gegen klare Lichtwirkung zurückstehen müssen.

Ueber Marees Unzufriedenheit sagte Böcklin, dafs er
an andere zu hohe Anforderungen stelle und infolge dessen
strengere Kritik befürchten müsse. Dann vergesse er auch,
dafs man ein Bild nicht der Farbe oder einer malerischen
"Wirkung wegen, sondern der Sache selbst wegen male.

14. Juni 66.

Böcklin riet mir: wenn ich einmal eine Skizze gemalt
hätte, sollte ich sie mit Copal ä l'huile überziehen und dann
erwärmen, bis der Copal riecht. Dann hat sich dieser gleich-
mäfsig verteilt und giebt der Farbe einen wunderschönen
rätselhaften Schimmer, so dafs man garnicht begreift, wie
dieses Bild gemalt ist.

15. Juni 66.

Feuerbachs Talent sei nur auf das Nachahmen ge-
richtet. Nie habe er den Gedanken des Bildes im Sinn,
sondern es schwebe ihm unbestimmt vor, dafs das Bild wie
ein Tizian oder Carracci aussehen müsse und dies suche er
zu verkörpern, gleichviel, ob mit naturgerechten Mitteln
oder nicht. Nicht dem Wesen der Sache ginge er nach,
sondern der Farbenidee. Er disponiere sich z. B. den Effekt:
hinten Grün, darauf das Fleisch grau und vorn stark Rot
und dazu suche er sich den Gegenstand. Kein Auffassen dem
Charakter gemäfs; wie man etwa bei einem jugendlichen
Kopf an Rosen und Heiterkeit denkt, bei älteren Leuten an
ernstere Umgebung.

Was Wirkung der Farben zu einander anbelangt, so
hätte Riedel darin sehr viel Beobachtungen gemacht. Seine
Peris wären fein in der Wirkung geworden, und es wäre
merkwürdig, was er für ein leuchtendes Rot (das dabei
Tiefe hat) nur mit Zinnober erreicht hat, indem er Grün
daneben stellte und das Rot über Fleisch, Flügel und Grund
verbreitete und zum Bilde hinausgehen liefs.

Böcklin, indem er über die stilistische Richtung der
Franzosen sprach, der auch Benouville1 angehört, nannte ihre
Richtung das Kommodensystem, das darin besteht: wo sie
nur irgend können, Senkrechte und Wagrechte anzubringen
und die Verlegenheitsecken zwischen den Kommoden des
Vordergrunds und der Ferne mit herauswachsenden Bäumen
oder Büschen auszufüllen. So sei Benouvilles Franz von
Assisi auch nur aus Begeisterung für die Linie entstanden und
vielleicht für die mathematisch eckigen Formen der Kutten.
Der sterbende Franciscus selbst bildet eine Kommode.

In München, sagte Böcklin, würde er zu den krassesten
Naturalisten, Pilotyanern etc. (von Pecht) gerechnet.

16. Juni 66.

Durch die Beschaffenheit der Leinwand und durch das
Verreiben der Farbe, war Böcklin die Leinwand (zum
Petrarka) zu rauh, worauf er dann Schlämmkreide mit
Copaivenbalsam rieb, dazwischen auf der Palette den Ton
nachmischte und damit die Poren ausfüllte. Er empfahl mir
dieses Mittel sehr und meinte, es liefse sich sehr schön darauf
malen; die Farbe erhalte dadurch etwas Rätselhaftes, Un-
bestimmtes. Würde er nun dick hineinmalen, so wäre aller
Zauber der Farbe vernichtet, Dickmalen wäre überhaupt
etwas Rohes, wodurch stets alle Form und milde Erscheinung
zerstört würde. Man müsse leise und vorsichtig jeden Ton
zum Grund bestimmen.

Die älteren Meister bereiteten sich ihren Malgrund
auf Holztafeln folgendermafsen: Erst geleimt, dann Leim
und Schlämmkreide, dann wieder Leim und alles ganz blank
geschliffen. — Natürlich kann man auf einem blanken Grund
der Farbe mehr Reiz geben.

Böcklins Palette: Mumie (asphaltartig) Chrom (das
schwefelgelbe, soll haltbar sein), dann Morellensalz und
violettes englisches Rot und gebrannter Dunkelocker.

Kein Goldocker, von dem Böcklin nichts hält.

Die meisten dunkeln Farben trocknen langsam, aufser
Umbra. Von den hellen Farben trocknet Neapelgelb am
schnellsten, lichter Ocker langsam.

Nachmittags mit Böcklin in Villa Borghese.

Das Wetter drohte anfangs mit Regen, so dafs wir unter
Büschen Schutz suchen mufsten, wurde dann heiter, später
wieder Regen. Die Pflanzen sind prachtvoll entwickelt. Vor
der Höhle war der grüne Grasteppich mit grauen, blühenden
Halmen durchmischt, wie grüner Sammet. An feuchteren
Stellen dunkelgrün. Bei dem kleinen Wasserfall vorn war
schönes Schilf, mit langherunterhängender Waldrebe durch-

1 Jean Achille Benouville, französ. Landschafts- und Archi-
tekturmaler, geb. 1815, erhielt 1845 den Preis für Rom.

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