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flochten, an deren senkrechten trocknen Gehängen das Wasser
herunterflofs. Die Moose waren von der Feuchtigkeit ganz
schwarz (mit bläulichschwarzen Reflexen), darauf hellgrüne
Blätter in hartem Kontrast. Im Lorbeerhain lagerten wir.
__Verschiedene Spezies von Lorbeer. — Die Stämme mannig-
faltig mit langen dunkelgraugrünen Moosen, zwischen denen
der Stamm hellgrün. Für Lorbeerstämme sind kleine runde
weifsliche Flechten (grünlichweifs) charakteristisch.

Boden mit vielen trockenen Blättern zwischen grünen
Blättern. Gegen ein durchscheinendes Blatt zeigte mir Böcklin,
wie schwachgrün das Bodengrün ist, und welche reiche
Skala bis zum Grün jenes Blattes, und wie sehr man sich vor
starkem Grün im Bilde hüten müfste. "Weiterhin auf der
Wiese viele Malven; Ahorn und deutsche Eichen, die hier
auf dem fetten und weichen Boden einen rundlicheren Cha-
rakter als in Deutschland haben.

18. Juni 66.

Böcklin hat die „Götter Griechenlands" begonnen
(3 m hoch, 2 m breit).

Zuerst grundierte er die Leinwand mit einem dunkeln
leichten Grau (Rebenschwarz, Weifs, etwas Deckgrün und
Neapelgelb) (wie Böcklin spater einmal sagte, wäre es
Schwarz, Weifs und grüne Erde). Nachdem er die Photo-
graphie und die Leinwand quadriert, übertrug er die unge-
fähren Umrisse durch lose Kreidestriche (Schlämmkreide),
zeichnete die Gruppen aus und überdachte die Stellungen etc.
aufs genaueste. Er meinte, dafs man auf diese Weise viel
Arbeit erspare. (Schlämmkreide hat den Vorteil, dafs sie von
Flüssigkeit durchdrungen durchsichtig wird und sich beim
Malen unmerklich mit der Farbe vermischt.)

Er begann damit, die Höhle über der Nymphe als Dun-
kelstes mit etwas grünlichem Schwarz (grüne Erde und Kern-
schwarz) zu überschummern, wodurch die Nymphe im
Gegensatz schon etwas fleischfarben erschien, und fuhr dann
fort mit demselben Ton vorsichtig in das Fleisch hinein zu
modellieren. ^

Er meinte, sein Petrarka sei ein Stimmungsbilds deshalb
habe er von Licht und Schatten ausgehen müssen. Dieses
Bild aber sei erzählend, deshalb' müsse er von den
Gegenständen selbst ausgehen. Aus diesem Grund müfsten
sich zuerst die verschiedenen Gruppen in gutem Verhältnis
zu einander verkörpern und zwar in perspektivischem. Die
Nymphe hat er im Bilde gröfser gehalten, damit sich das
Hinausgehen der Ferne besser ausspricht. Die Quellnymphe,
backfischartig, ganz nackt, schmückt symbolisch sich mit
Blumen. Merkur und die Hirtin im Schatten. Ringsum
spriefsen Blumen, wo sich Götter nahen, so auch hier.

18. Juni 66.

Böcklin erkannte die Bemerkung Rubens' an: „Weifs sei
Gift für Schatten, sie müfsten stets mit transparenter Farbe
gemalt sein" (Field, Chromatography), gab mir jedoch auch
Recht, dafs man vorher malen könne, wie man wolle, wenn
nur die letzte Lage transparent sei.

Er stimmte sogar für das öftere Ueberlasieren "(Schum-
mern) mit Weifs (reines feingeriebenes); man müfste damit
von den Lichtern aus bis in die Schatten hineingehen, damit

der Lokalton zusammenbleibe, und (wenn die weifse Lasur
trocken ist) mit den anderen Farben (dünn) modellieren.

Ich meinte die Alten (Venezianer, Palma Vecchio)
hätten wohl oft mit Grau modelliert. Böcklin meinte, wohl
mit Schwarz! Vielleicht auch hätte die von ihnen pfund-
weise bezogene Terra Majolica (ähnlich in der Wirkung wie
Schlämmkreide) einen solchen Zweck gehabt.

Fast alle Farben sind in feingeriebenem Zustande Lasur-
farben. Böcklin hat oft Farben mit Schlämmkreide ver-
mischt, was eine ganz zarte graufarbige Lasur giebt, die z. B.
verschiedene Gründe auseinander hält, ohne deren Farben-
qualität zu zerstören.

19. Juni 66.

Nachdem Böcklin den Grund also neutralgrau (ziemlich
dunkel) gemalt hatte und mit Schlämmkreide aufgezeichnet,
begann er die dunkelsten Stellen (Höhle) mit Schwarz und
grüner Erde anzutuschen, wogegen das Fleisch der Nymphe
dann schon rötlich erschien. Dann holte er die Konturen
nach und modellierte mit grüner Erde (oder dem obigen
Schattenton) die Figur fast fertig. Alles in sehr dünner Malerei.
Den Haaren gab er einen grünlich blonden Schimmer. Dem
Kranz wollte er erst blaue Blumen einflechten. Die gingen
aber zu sehr mit dem Dunkel zusammen und blieben daher
gegen das Fleisch indifferent. Jetzt hat er mit besserem Erfolg
violette Winden gemalt, die als Licht sprechen und dem
Körper ein etwas gelbliches Aussehen geben.

Böcklin hatte den Kopf seiner Hirtin gemalt, und fand
ihn zu gelblich, ohne dafs er sich die Ursache erklären konnte;
um dies zu mildern, gab er ihr ein blaues Kopftuch. Mich
wunderte, dafs er die entgegengesetzte Farbe dazu anwendete,
worauf er mir als Antwort Beispiele anführte: Gesetzt den
Fall, der Kopf meiner stehenden Figur1 sei zu rot, so könnte
ich dies nicht dadurch mildern, dafs ich das Rot des Kleides
verstärkte, sondern im Gegenteil nur dadurch, dafs ich nahes
Grün — vielleicht das der Ballustrade — lebhafter machte.
Oder: der graue Himmel erschiene zu bläulich, so wird dies
nicht aufgehoben, wenn ich einen Fleck von starkblauem
Aether anbringe, sondern im Gegenteil nur, wenn ich ein
starkes Orange in die Nähe male.

Dem Merkur möchte er ein goldenes Gewand malen;
um Himmels willen keinen Stoff wie Tuch etc., den man
nach der Elle messen könne. Hut vielleicht von Elfenbein,
oder besser noch von einem Stoff, der gar nicht bekannt ist,
und so fort. Wenn die Figur dadurch und durch den weifsen
Teint (Götter wurden mit zartem Teint gedacht) vielleicht
statuenhaft wirkt, so kann das diese
Gestalt in so lebhafter menschlicher
Bewegung hier mehr vertragen als
sonst, weil das verhindert, dafs sie
gemein erscheint.

Böcklin malte (wie die Nymphe)
auch die Hirtin ziemlich fertig, bevor
er weiter ging. Er meinte, wenn er
oberflächlich weiter ginge, käme er
nicht dazu, die Figuren mit Liebe
durchzuführen. Ichsagte, diegrofsen
alten Maler hätten es wohl auch oft _____

1 Auf Schick's Bild: Die beiden Leonoren.

C 43 B

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