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so gemacht, dafs sie von der fertigen Hauptsache ausgingen
und danach erst das andere entstehen liefsen, z. B. Velasquez
in seinem angefangenen Knabenporträt in der Galerie Doria
und Tizian bei seiner Madonna in den Uffizien. — Worauf
Böcklin: Man braucht um den Gesamteffekt nicht in Sorge
zu sein, der beruht auf einfachen Gesetzen. "Wenn man ihn
vorher überlegt hat, so genügt es, wenn man ihn nur immer
im Auge behält.

zo. Juni 66.

Böcklin sprach von Gummigutt (Gamboge), welches
eine verrufene und doch ganz haltbare Farbe wäre. Man
sagt, dafs sie verschwände. Böcklin hat einmal ein Bild, das
schon farbig war, mit Schwarz und Weifs wieder durch-
modelliert, und dann, bald stärker, bald schwächer, je nach-
dem es die verschiedenen Gegenstände bedingten, mit Gummi-
gutt überzogen, der in Oel durchsichtiger ist, da einige
Gummiteile in Wasser unlöslich sind.

Dann ging er mit mehr Erfolg wieder den Lokalfarben
nach. Auf diese Weise sei er sicher, dafs das Bild seine Har-
monie behalte, wenn auch der Gummigutt verschwände.

Böcklin erzählte von einem Copisten, der den Memling
in Galerie Doria copierte und das schwarze Gewand pech-
schwarz copierte und noch immer nicht die Dunkelheit zu
erreichen glaubte. Wir haben viel dunklere Mittel, als auf
jenen Bildern angewendet sind, und ihr dunkelstes Mittel ist
immer noch ein gebrochener Ton (wohl nur durch den ver-
gilbten Firnifs). Wenn man die Dunkelheit nicht erreicht,
so liegt es meistens daran, dafs man dem präcisen Vortrag der
Alten nicht gleich kommt, der auch eine Hauptursache der
Brillanz ihrer Farben ist. Die Erfahrung, dafs die Farben auf
alten Bildern viel gebrochener sind, als man glauben sollte,
hat auch Lenbach gemacht, der zu farbig anfing und seine
Farben dann immer mehr wieder herunterstimmen mufste.
Das Blau des Himmels auf der himmlischen und irdischen
Liebe, war zuletzt gar kein eigentliches Blau und ist von
Anfang an wohl nur ein sehr schwaches gewesen.

22. Juni 66.

Böcklin meinte, er hätte (bereits früher auf der Photo-
graphie) richtig empfunden, dafs vorn ein breites Licht sein



müsse, damit es dagegen klein
in die Ferne hinausgeht.

! .....^ //^A' , ; Wenn man in der Weise,

| \ : ■■■■'.' ' ;i wieBöcklin diesmal, das Bild

" : -.....-- beginnt, so könnte man die

übrige Kreidezeichnung aus-
wischen, und die Phantasie würde in dem dunkeln Grau

weiterspielen und das Auge sich das Fehlende hinzuphan-
tasieren. Man liefse so der Phantasie den schönsten Spielraum.

Das früher blaue Kopftuch ist nun gelb übermalt, um
den Teint dunkel und grauer zu machen. Zu demselben
Zweck hat Böcklin hinter dem Kopf kalt rosafarbene
helle Rosen angebracht. Die Rosen sind leuchtend um die
Gruppe herum verteilt; dadurch wird sie etwas dämmeriger
und weicher in der Erscheinung. Merkur kriegt vielleicht ein
goldenes Gewand, das zum Teil auf den Zweigen liegt, um
anzudeuten, dafs er vom Himmel gekommen ist. Die Rosen
(mit Eisenoxyd und Weifs gemalt) haben besonders bei a
eine lichtvolle Erscheinung, die zum Teil auch von der Un-
bestimmtheit herkommt und sogleich zerstreut werden würde,
wenn Böcklin bestimmte Formen oder grüne Blätter hinein-
setzen würde. Er deutete auf einige hellergraue Flecke auf
dem dunkelgrünen Grund daneben und meinte, in dieser
unbestimmten Art müsse man die Blätter herausbilden.

Da mir die Nymphe gegen die linke Gruppe grau vorkam,
fragte ich, ob der Fleischton nicht farbiger würde, wenn er
den Boden kaltgrün machte. Böcklin verneinte es und meinte,
dadurch würde ihre Fleischfarbe nur toter werden. Solche
stärkere Farbe macht jede schwächere stumpf und tot.

Anstatt des grofsen Kastanienbusches auf der Photo-
graphie hat Böcklin ihn geteilt und einen kleinteiligen Rosen-
busch gegen die linke Gruppe von Figuren gestellt, da ihm
die grofsen Blätter das Grofswirken und das Sprechende der-
selben beeinträchtigt. Der obere Teil des Busches ist aber
Kastanie geblieben, und soll jetzt ein Busch werden, der
aus der Felswand herauswächst. Hier, indem die grofsen
Kastanienblätter gegen die Ferne und gegen die jugendliche
Nymphe stehen, erfüllen sie besser ihren Zweck, das Neben-
stehende klein wirken zu lassen.

Die Köpfe, z. B. den des Merkur grundierte Böcklin mit
dicker bleicherer Farbe, d. h. modellierend, damit der Lein-
wandgrund nicht störend mitspricht.

Böcklin sucht alles so in einfachen Farben, rein durch
die Gegensätze zu zwingen, und will starke Farbe und grofse
Tiefe (d. h. vereinzelt) nur in der rechten untern Ecke in
den grünen Blättern anbringen.

25. Juni 66.

Ich wunderte mich, dafs Böcklin so viel an der Farben-
komposition der Hauptgruppe und dem Rosenbusch änderte,
indem er sie zur Nymphe passend machen wollte, und nicht
die Nymphe, die doch einen kleineren Raum und einfachere
Farbenwirkung hätte, umgekehrt nach der Gruppe stimmte.
Worauf Böcklin mir erklärte, dafs er damit seine ganze Skala
zu dem angestimmten Ton verlieren würde, um den sich das
ganze Bild bewegen mufs. Die ganze Untermalung würde
dann unnütz werden. Dieses neutrale Grau mufs schliefslich
auch der Farbenton sein, der die Stimmung im Bilde aus-
macht. Mit der gröfsten Konsequenz müsse man an ihm fest-
halten und immer wieder auf ihn zurückkommen. Die Rosen
müfsten dunkler und farbloser werden, damit sich die Gruppe
plastischer herausmodelliert. Die Lichtwirkung ist hier die
Hauptsache; um die Figuren und andere Gegenstände nur
durch Farbenerscheinung wirken zu lassen, ist der Raum der
verschiedenen Stoffe zu klein; das Bild würde zu reich und
das Einzelne wieder zu winzig aussehen.

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