Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4- August 66.

Böcklin hatte einem Anstreicher zugesehen, wie er beim
Bemalen einer Thür die Masern des Holzes mit Wasserfarbe,
die mit Milch angerieben war (Gummi unbrauchbar; Leim
nur bei Wandanstrich gebräuchlich), aufmalte und dann das
Ganze mit einem schnelltrocknenden Firnifs oder Lack über-
strich. So könnte solche Thür in zwei Stunden fix und
fertig werden und täuschend aussehen.

Er brauchte dazu einen etwa handbreiten flachen Pinsel,
dessen Haare er durch Aufdrücken ihrer Basis spalten machte.
Mit einem andern Pinsel, der nur wasserfeucht war, ging er
dann noch einmal das Ganze nach, um, wo es nötig war,
die Farbe noch mehr zu verbreiten.

Böcklin bemerkte noch, dafs alle die Ausmalungen einiger
römischer Cafes auf diese Weise gemacht wären und dafs
dies noch eine Tradition aus dem Cinquecento wäre, wie
sich deren noch viele erhalten haben. An keinem anderen
Orte der Welt hätte man Rafaels Loggien so fein restaurieren
können, als hier in Rom.

Im Malerbuch vom Berge Athos (aus dem zehnten
Jahrhundert) haben sich noch viele derartige Rezepte er-
halten. So z. B. wie man Vergoldungen am schönsten auf-
trägt. Die Mönche dieses Klosters haben meistens mit Leim
aus Pergamentschnitzeln gemalt, der flüssig bleibt und nie
faulig wird. Er setzt eine kleine Haut an. Entfernt man die,
so ist er stets wieder brauchbar und wird kalt unter die
Farbe genommen. Böcklin, der ihn einmal selbst bereitet hat,
nennt ihn sehr praktisch.

Oelfarben werden beiläufig in jenem Buch erwähnt, aber
dabei gesagt, dafs man des Nachdunkeins wegen nicht wieder
darüber gehen könnte.

Abbe Requeho hat im vorigen Jahrhundert alles, was
von Plinius, Vitruv, Lommazzo etc. über Malerei geschrieben
worden, gesammelt; ein sehr brauchbares Werk: Don Vinc.
Requeno (spanischer Exjesuit): Saggi sul ristabilimento dell'
antica arte de' Greci e Romani pittori. 1784.

Bei Marmorbüsten ist vieles durch das durchsichtige
Material veranlafst worden. Hätten die Alten ihre Büsten
hir Gips gearbeitet, so würden sie viele Härten, z. B. in den
Augenlidern, nicht gemacht haben.

Um einen Studienkopf (Michelina) zu malen, veranlafste
mich Böcklin, eine Leinwand, die einen grauen Grund hatte,
mit grüner Erde und etwas Rebenschwarz zu überziehen
(etwas Terpentin, Oel und Siccativ de Courtray dazu-
gemischt) und es nach Anweisung Armeninos durch Schlagen
mit dem Ballen der Hand (oder einem Polierballen) gleich-
mafsig zu verteilen. Am Nachmittag war alles trocken.
Böcklin fand den Grund brauchbar. Besser wäre es allerdings,
wenn ich ihn durch nochmaliges Ueberziehen mit grüner
Erde farbiger machte. Ich sollte nun versuchen, das Fleisch
zum Grund zu stimmen, ohne letzteren anzurühren, und da-
mit anfangen, mit Weifs und vielleicht etwas grüner Erde
das Fleisch herauszumodellieren. Später wäre dann durch ge-
brannte grüne Erde und Eisenoxyd mehr Farbe hineinzubringen.

Böcklin erzählte, wie er einmal ein Bild (einzelne Figur),
nachdem er vorher eine Skizze gemacht, grundiert habe. Er
überzog die Leinwand mit Umbra und Weifs einförmig und
modellierte aus diesem Grund, während er noch nafs war,
mit Licht (Weifs) und etwas Umbra für die tieferen Schatten
das Bild heraus. Anderen Tags war es trocken. Dann ver-
stärkte er die Modellierung (mit Weifs) und suchte durch
verschiedenartiges Uebergehen Stoffe und Lokalfarben zu
sondern. .

Böcklins Petrarka wird immer fertiger und zwar mit
bewundernswürdig einfachen Farbenmitteln (fast nur grüne
Erde, Schwarz und Eisenoxyd). Durch das Uebergehen der
Schatten mit dünnem Schwarz werden die Lokalfarben be-
wahrt und alle Farben erscheinen klarer und heller, während
ein solcher Ton, dick gemischt, als dunkler Lokalton er-
scheinen würde.

Man denke allenthalben daran, auch den einzelnen
Pflanzen und Dingen im Bilde die entsprechende Stimmung
zu geben. Nach dieser Seite hin wirkt z. B. das gering
unterschiedene Grün des Lorbeerstammes, das des Mooses
und der Epheublätter etc. Alle diese ungelösten Klänge,
Disaccorde (wie man sagen möchte), finden ihre Auflösung
und Ergänzung weit weg in dem wieder ziemlich allein-
stehenden Rot des Dichters.

Alle schwachen Unterschiede (Sekunden), nicht auf-
gelöste Harmonien stimmen traurig, auch solche, die ihre
Harmonien weit weg in etwas ganz Verschiedenartigem
finden. Rosa und Grün, z. B., Mennig und Weifs wirken
heiter. Schwarz und Gelb, Schwarz und Blaugrün, Violett
und Grün, etc. stimmen traurig.

VOLZ (AUS: KOPSUS)

CT 116 3
 
Annotationen