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DIE TROPFEN

Heftiger heute
Blutet die Wunde
Die du mir schlugst.

Keiner gewahrt sie.
Stolz und verschlossen
Steh' ich noch aufrecht.
Stumm mit den Händen
Prefs' ich die klaffenden
Ränder zusammen.

Aber es rieseln
Zwischen den Fingern
Tropfen hernieder —
Blutige Tropfen.
Ohne die Kraft sie
Länger zu halten
Seh' ich sie rinnen —
Blutige Tropfen:

Lieder des Schmerzes!

EINTAGSGLUECK

Schwül glühen die gelben Rosen zu meinem Fenster herein.

Es macht ihr Duft mich trunken, wie schwerer roter Wein.

Mein Zimmer ist ganz voll Sonne, mein Herz ist ganz voll Glück -

Wie liegen Angst und Sorgen, wie liegen sie weit zurück!

Zwei bunte Falter treiben auf meiner Hand ihr Spiel
Und läfsig entsinkt der matten der weifse Federkiel . . .

Ich sitze und sinne und träume — wovon, ich weifs es kaum:
Mir rinnt der Tag vorüber — so rinnt ein goldener Traum.

Was ist denn nur geschehen? — Was macht mich nur so froh? —

Weil ich es nicht begreife, berauscht mein Glück mich so!

John Henry Mackay

C 15° D
 
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