Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die satten Farben der florentiner Gemälde dieser Zeit, das
kräftige Helldunkel und die tiefen schwärzlichen Schatten
kommen in der braunen Farbe der Rahmen besonders vorteil-
haft zur Geltung; um diese aber nicht zu einförmig und zu
dunkel erscheinen zu lassen, sind einzelne markante Orna-
mente „in Gold aufgelichtet" (lumeggiati in oro), wie die
Italiener es treffend bezeichnen. Für den vollendet künst-
lerischen Geschmack der Renaissance ist es chrakteristisch,
dafs man das Holz nicht in seiner harten Naturfarbe zeigte,
auf der auch die Vergoldung unvermittelt steht, sondern dafs
man es mit einer der Holzfarbe verwandten Lasurfarbe oder
selbst mit einer dünnen Deckfarbe (wohl vermischt mit
Wachs oder Beize) versah, die jedesmal dem Ton des Bildes ent-
sprechendgewählt wurde. Das gleiche Verfahren ist regelmäfsig
auch bei den Florentiner Möbeln angewendet, die denselben
wirkungsvollen Dekorationsstil und die gleiche Tönung zeigen.

In Venedig ist gleichzeitig der Leistenrahmen fast noch
ausschliefslicher herrschend als in Florenz. Charakteristisch
ist für die Form dieser venetianischen Rahmen Einfachheit
der Zeichnung, für die Arbeit Breite der Behandlung, für die
Farbe eine tiefe und warmgetönte Vergoldung, gelegentlich
neben einer teilweisen Bemalung und dem Stehenlassen der
getönten Holzfarbe mit teilweiser Vergoldung. Unter dem
Einflufs des Michelangeloschen Barock kommt ein in mannig-
fachster "Weise durchgebildeter Rahmen auf, der bis zum
Ende des sechzehnten Jahrhunderts das beliebteste Muster in
Venedig wurde: der sogenannte Sansovino-Rahmen. Auf
flacher Leiste liegt je eine von der durch einen Kopf, Rosette
oder dgl. bezeichneten Mitte nach oben und unten abgerollte,
mit Schuppenornament dekorierte schlanke Volute, die ge-
wöhnlich in den Ecken mit einer kurzen übergreifenden
Volute zusammengehalten werden. Häufig sind, namentlich
bei gröfserem Umfang oder besonders prächtiger Bildung
dieser Rahmen, Karyatiden
und kleine Fruchtgehänge an
den Seiten, oben und unten
ein Engelkopf oder eine Kar-
tusche mit Wappen, an den Sei-
ten doppelte Voluten, Bänder
oder dgl. angebracht. Doch
sind gerade die einfachsten
Rahmen die wirkungsvoll-
sten, wie sich besonders noch
an den Einrahmungen man-
cher Malereien Tintoretto's
und Paolo Veronese's in den
Scuole Venedigs beobachten
läfst.

Neben dem Sansovino-
Rahmen ist der Fruchtrahmen
in Venedig am häufigsten;
auch dieser regelmäfsig ein-
fach in der Form und meist
schmal. Auf kräftigem brei-
tem Wulst, neben dem eine
Hohlkehle mit Herzblatt den
Abschlufs nach dem Bilde,
eine einfachere Verzierung
den Abschlufs nach aufsen
bildet, ist eine Guirlande von

Früchten, eine Weinrebe, seltener ein Blumengewinde auf-
geschnitzt, die von den Ecken ausgehen, wobei gewöhnlich
die Gährung mit einem kräftigen flachen Blatt belegt ist.
Wohl die feinsten Venetianer Rahmen des Cinquecento, leider
wegen ihrer Anspruchslosigkeit und wegen ihres unbestän-
digen Materials nur spärlich erhalten, sind die Stuckrahmen,
richtiger die Leistenrahmen mit innen aufgelegtem Stuck-
ornament. Das regelmäfsig leicht gewölbte breite Mittel-
stück, nach aufsen und innen von einem ziemlich flachen
Profil eingerahmt, trägt auf gekörntem Grunde in Stuck
entweder ein Pflanzenornament: eine Schotenranke, einen
Rosen-, Winden- oder Eichenzweig, oder ein stilisiertes Orna-
ment: Schuppen, doppeltes Band oder ähnliches. Die Profile
sind matt vergoldet, die Stuckornamente zeigen die nur
leicht getönte Farbe des Stuckes, meist belebt durch einzelne
matte Farben in den Blüten, Blättern u. s. w. Gelegentlich
ist auch eine phantasievolle Dekoration im Geschmack der
Grotesken in dieser Weise angebracht. Für welche Art
von Bildern diese aufserordentlich delikaten und geschmack-
vollen Rahmen bestimmt waren, vermag ich nicht anzugeben,
da ich ein wirklich gutes Bild des Cinquecento in solcher
ursprünglicher Einrahmung noch nicht gesehen habe (S. 24p).
Von Venedig abhängig ist die Rahmenschnitzerei in
Bologna, doch weifs sie bis zu einem gewissen Grade ihren
eigenen Charakter herauszubilden. Die Art von Rahmen mit
geschnitztem Blattwerk auf der breiten Mittelleiste und flach
zum Bild abfallendem glatten Profil, die in Bologna nach ihrem
Hauptvertreter Formigine genannt wird, ist freilich nur eine
etwas derbe und weniger fein empfundene Umbildung der
venetianischen Quattrocentorahmen mit zierlichem Blatt-
werk, das auch in Venedig und im venetianischen Gebiet bis
in das dritte Jahrzehnt der Cinquecento sich erhielt. Sehr
originell und geschmackvoll sind die um die Mitte des Jahr-
hunderts entstandenen bun-
ten Rahmen auf schwarzem
Grunde. Auf einer schwärz-
lichen Lackfarbe sind zierliche
laufende Blattornamente in
Gold aufgetragen; Mitte und
Ecken sind besonders betont,
indem auf farbigem Grund
Kartuschen mit kleinen Fi-
guren oder Ornamenten auf-
gespart sind. Um diese De-
koration richtig zur Geltung
zu bringen, ist der Rahmen
ziemlich flach gehalten und
die Profile sind nicht vertieft,
sondern leicht gewölbt oder
flach. Es ist wahrscheinlich,
dafs diese kostbaren Rahmen,
die in derselben Technik und
von denselben Meistern aus-
geführt wurden wie Kas-
setten, Spiegel und ähnliche
kleine Möbelstücke, für be-
sonders wertvolle farben-
reiche Gemälde bestimmt
waren, besonders für Miniatur-
malereien (Diplome oder dgl.)

C 250 3
 
Annotationen