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Panofsky, Erwin; Michelangelo; Michelangelo [Hrsg.]
Handzeichnungen Michelangelos — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 34: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.50964#0033
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Heliaden verwandeln sieb, den Sarkophagdarstellungen und der Ovidischen Erzählung
entsprechend, in Bäume (Met. 1, 750 ff.). In der zweiten Fassung sehr wenig An-
tikes, sogar der Adler ist dem Jupiter genommen, Kyknos fehlt. In der dritten
endlich scheinbar eine Rückbewegung zur Antike (die Urne und der Knabe mit dem
Wassergefäß sind sogar hier noch neu hinzugefügt), aber alles ist vollständig um-
gewandelt: der Jupiter in stärkstem Michelangelesken Kontrapost, die Pose des
(obgleich wieder ruhenden) Flußgotts gänzlich verändert, der Phaöton mit ange-
zogenem linken Bein, etwa dem Adam oder Tityos vergleichbar.
Es ist kein Zweifel, daß der Stoff des Phaötonmythos für Michelangelo eine be-
sondere subjektiv-allegorische Bedeutung besaß: er symbolisierte (wie sich durch
literarische Parallelen aus seinem Kreise belegen läßt) das Schicksal des unglücklich
Liebenden, der von der Glut der Liebe ebenso verzehrt und vernichtet wird, wie
Phaeton von den Blitzen des Zeus.
12. Die Straf e d es Tityos. Schwarzkreidezeichnung für Cavalieri, 19,2 X
33,3, Windsor, Royal Library; Th. 540, Fr. 6 (im Gegensinn), Ber. 1615. Ent-
standen Ende 1532. Das Motiv erinnert auf der einen Seite an Raffaels Heliodor
(dessen Einfluß auf Michelangelo durch das weit spätere Fresko der Bekehrung Pauli
unzweifelhaft erwiesen wird) — auf der andern an den Adam der Sixtinischen Decke.
Auch diese Zeichnung (ihr gleichzeitig gefertigtes Gegenstück bildete der Ganymed
Th. 539) besaß für die Beteiligten symbolische Bedeutung.
13. Auferstehender Christus. Schwarze Kreide, Windsor, Royal Li-
brary; Th. 540, Fr. 219, Ber. 1615. Rückseite des vorigen Blattes, wenig später
entstanden. Durch verhältnismäßig geringfügige Abänderung hat Michelangelo den
gefesselt daliegenden Titanen in einen auf ersteh enden Christus verwandelt. Wir
möchten sogar annehmen, daß der Oberkörper unmittelbar gegen das Licht gepaust
ist (vgl. z. B. die Querstriche, mit denen der Stift das Unfaßbare faßbar zu machen
suchte, indem er die durch weiche Schatten angedeuteten Einziehungen der Brust-
muskulaturgraphisch fixierte). Dementsprechend ist der Duktus in den unteren Partien
ein leicht entwerfender, in den oberen ein weniger freier und häufig aussetzender.
14. Auferstehung Christi. Rötel, 15,2x 17,1, Paris, Louvre; Th. 464,
Fr. 40, Ber. 1580. Um die Mitte der dreißiger Jahre entstanden, bereitet das Blatt
die große Kreidezeichnung Th. 537 in Windsor vor.
15. Kompositionsskizze zum Jüngsten Gericht. Schwarze Kreide,
42X 30, Florenz, Casa Buonarroti; Th. 57, Fr. 20, Ber. 1413. Entstanden um die
Mitte der dreißiger Jahre. Auch hier fehlt jede Andeutung der räumlichen Um-
gebung und der Bildgrenze, es handelt sich im Grunde nur um die Fixierung ein-
zelner Gruppen und Bewegungsmotive: in der Mitte Christus und Maria, daneben
die himmlischen Heerscharen, links etwas tiefer die aufsteigenden Seligen, rechts
die vergeblich kämpfenden Verdammten; ganz unten Auferstehende, in der Mitte,
schwach angedeutet, posaunende Engel.
16. Studie für den Christus einer Beweinung. Schwarze Kreide,
25,5x32, Paris, Louvre; Th 475, Fr. 21, Ber. 1586. Entstanden um die Mitte
der dreißiger Jahre. Die herrliche Zeichnung, die zu den charakteristischsten des
Meisters gehört, ist hie und da für Sebastiano del Piombo in Anspruch genommen

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