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Panofsky, Erwin; Michelangelo; Michelangelo [Hrsg.]
Handzeichnungen Michelangelos — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 34: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.50964#0034
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worden, obgleich gerade Berenson, der die Ausscheidung wirklicher und vermeint-
licher Apokryphen mit besonderer Entschlossenheit durchgeführt hat, das Blatt zu-
nächst als zweifellos authentisch anerkannt und abgebildet bat. Der Beweis für die
Echtheit (auch an den beiden danebengezeichneten Armskizzen ist u. E. nicht zu
zweifeln) kann hier natürlich nicht geführt werden, doch mag zum Vergleich auf
1 eine Zeichnung wie Th. 350 (Fr. 288; vgl. auch Th. 536, Fr. 7) hingewiesen
werden: schon die Art, wie hier die Muskeln des Oberarms so an den Körper
angepreßt sind, daß unterhalb der Achsel eine fast gerade Linie entsteht, die sich
erst dicht über dem Ellenbogen in zwei kurvige Konturen spaltet, tut ohne weiteres
die Gleichheit der Handschrift dar. Die von Frey und Berenson vertretene Da-
tierung in die Zeit der Sixtinadecke ist nicht aufrecht zu erhalten.
17. 18. Kreuzigung Christi, Schwarze Kreide.
17. London, Brit. Mus., 41,6x28,1; Th. 357, Fr. 128, Ber. 1359.
18. Oxford, Univ. Gall., 27,9x23,4; Th. 446, Fr. 180, Ber. 1574.
Beide Blätter, um 1540 oder etwas später entstanden, stehen im Zusammenhang
mit einer Zeichnung des Gekreuzigten, die Michelangelo für Vittoria Colonna fer-
tigte. Das zeitliche Verhältnis ist nicht genau bestimmbar, doch würden wir in dem
Oxforder Blatt, in welchem sich (bei etwas asymmetrischer Anordnung des Ganzen)
eine völlige Symmetrisierung der Einzelfigur durchgesetzt hat, die spätere Fassung
vermuten; vgl. übrigens das Bewegungsmotiv des Johannes mit dem der rechten
Vordergrundsfigur auf dem Fresko der Kreuzigung Petri.
19. Maria Annunziata. Schwarze Kreide, 35 X22,5, London, Brit. Mus.;
Th. 340, Fr. 190, Ber. 15 19. Entstanden Mitte bis Ende der vierziger Jahre. Auch
dieses Blatt ist, u. E. zu Unrecht, dem Sebastiano del Piombo zugewiesen worden;
es bezieht sich — als vorbereitende Studie — auf eine Verkündigungskompo-
sition, auf die zwei Gemälde Marcello Venustis (das eine verschollen, das andere in
S. Giovanni in Laterano) sowie ein Stich des Beatrizet zurückgehen.
20. Verkündigung. Schwarze Kreide, 22x20, Oxford, Univ. Gall.;
Th. 448, Fr. 140, Ber. 1575. Entstanden um 1560, frühestens 1556/57. Einen
Anhalt für die Datierung gibt die verstümmelte Notiz links oben, die einen gewissen
Pasquino und den Ort Casteldurante erwähnt; in Casteldurante wohnte nämlich seit
1556 die Witwe jenes Urbino, der bis zu seinem Tode Michelangelos getreuer Diener
gewesen war. Pasquino, ein Maultierführet, diente häufig als Bote zwischen der Witwe
und Michelangelo, der die Vormundschaft für Urbinos Kinder übernommen hatte.

LITERATUR: Kritische Kataloge: Bernard Berenson, The Drawings
of the Florentine Painters, zit. als „Ber.“. — H. Thode, Michelangelo, Bd. III,
zit. als „Th.“. — Tafelwerke: K. Frey, Die Hand Zeichnungen Michelagniolos
(nicht abgeschl.), zit. als „Fr.“. — E. v. Marcuard, Die Zeichnungen Michelangelos
im Museum Teyler zu Haarlem. — Emil Jacobsen u. P.Nerino Ferri, Neuentdeckte
Michelangelozeichnungen in den Uffizien. — Sidney Colvin, Selected Drawings
from old masters in the Univ. Galleries and in the Library of the Christ Church,
Oxford.

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