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Passavant, Johann David
Die christliche Kunst in Spanien — Leipzig, 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.2157#0135
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knieen. Unter ihnen ein Papst, ein Cardinal, ein Bischof,
ein Kaiser, ein König und noch sechs andere Personen geist-
lichen und weltlichen Standes. Sie alle sind sehr individuell
dargestellt und namentlich scheint ein Mann am äussersten
Rande, mit beobachtendem Blick, den Künstler selbst in einem
Alter von etwa 40 Jahren darzustellen. Das Costüm entspricht
dem aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und ist dem
in dem Genler Bilde der Brüder van Eyck sehr ähnlich, nament-
lich trägt ein Herr in reichem Pelzkleide und mit einem Orden
geziert, eine ganz ähnliche Pelzmütze wie Hubert van Eyck in
einem der Flügelbilder im Berliner Museum. Gegenüber an
der Seite rechts am Wasserbecken belinden sich die Männer
des blinden Judenthums: der Oberpriester mit verbundenen
Augen hält einen gebrochenen Stab, an dem ein Fähnchen
mit hebräischen Buchstaben. Ein bei ihm knieender Jude fasst
gebückt eine grosse Pergamentrolle mit hebräischer Schrift
(wohl eine Verheissung auf den Heiland enthaltend) und scheint
ihn ergriffen zu befragen, wird aber von dem Hohenpriester
hohnlächelnd abgewiesen. Neun andere Juden toben und
schreien, zerreissen ihre Kleider oder halten sich weggehend
die Ohren zu; alle von sehr sprechendem Ausdruck in Mienen
und überaus lebhaften Geberden. Die Zeichnung daran ist
sehr fein, namentlich auch die der Hände; der Faltenwurf
ist in schönen, grossen Massen gehalten; die Färbung har-
monisch und klar; die Carnalion der jugendlichen Köpfe hat
weissliche Lichter und geht in den Schatten in's Bräunliche
über; der männliche Kopf mit der Pelzmütze erinnert in der
Behandlung lebhaft an die einiger Köpfe in den Bildern der
gerechten Streiter und der gerechten Richter der Genter Al-
tartafeln im Berliner Museum, mit denen unser Gemälde
überhaupt eine grosse Verwandtschaft hat, daher wir es auch
keinem andern Meister, als dem Hubert van Eyck zuzu-
schreiben wüssten; und dieses um so mehr, als die ganze,
in diesem merkwürdigen Bilde herrschende Anschauungsweise,
mit der jenes grossen Künstlers sehr übereinstimmt. Das
herrliche, mit der grössten Sorgfalt ausgeführte Meisterwerk,
 
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