Äussere Einflüsse auf RnfaeVs Kunst. 29
Sposalizio und seine Grablegung. Später dagegen ging er
zu mächtigem Formen über, wie solche Bildungen beute noch
bei den Römern und Römerinnen angetroffen werden und
wie sie seine Gestallen, namentlich im Heliodor und im ßurg-
brand, zeigen.
In seiner frühern Zeit hielt Rafael die Stirue seiner
Weiblichen Köpfe hoch und die Augenbrauen sehr in Bogen
gezogen, wie es damals bei den Frauen der höhern Stände,
besonders am Hofe zu Urbino, Sitte war und wie uns dieses
Graf Castiglione berichtet. In Rom dagegen nahm er auch
hierin einen strengem Charakter an, gemäss der ernsten
Haltung des Volks in jener Stadt. Wir brauchen nur die
Madonnen seiner frühem Zeit mit denen nach dem Fisch
uud des h. Sixtus benannten zu vergleichen, um uns von der
Wahrheit dieser Beobachtung zu überzeugen.
Dieses Sichanlehnen an die Eigenlhümlichkeilen der ihn
Umgebenden Natur artete jedoch bei Rafael nie in Manier
aus, denn stets leitete ihn sein feiner Sinn für Schönheil
und Harmonie selbst bei der schärfsten Auffassung der ver-
schiedenen Bildungen des menschlichen Körpers nach Indivi-
dualität und Lebensalter.
Noch gedenken wir hier eines schon früher erwähnten
Einflusses auf Rafael's Darstellungsweise, besonders auf seine
Zeichnung des Nackten, durch Michel Angelo, wodurch, wie
Vasari glaubte, der Urhinate zwar zu einer höhern Stufe
"er Kunst gelangt, aber weit hinter seinem Vorbilde zurück-
geblieben sei. Wir dagegen sind der Ansicht, dass Rafael,
"'dem er sich von der imposanten Grossartigkeit und der tiefen
'Uialomischen Kcnntniss des menschlichen Körpers in den
'guren, welche Michel Angelo in der Kapelle Sixlina aus-
geführt, hinreissen Hess, ein ihm fremdes Element in sich
aufgenommen hat, und in dieser Kichtung mit dem grossen
'orentiner um die Palme ringend, hiedurch nur von der ihm
eigenthümlichen Grazie und Feinheit der Zeichnung cinbüsste,
0 lne jenes Vorbild völlig erreichen zu können. Bemerkens-
Werlh ist hiebei, dass in den Studien nach der Natur in
°thstein zu verschiedenen nackten Figuren im Bnrgbrand,
Wie der Mann, welcher seinen allen Vater trägt, und der
Sposalizio und seine Grablegung. Später dagegen ging er
zu mächtigem Formen über, wie solche Bildungen beute noch
bei den Römern und Römerinnen angetroffen werden und
wie sie seine Gestallen, namentlich im Heliodor und im ßurg-
brand, zeigen.
In seiner frühern Zeit hielt Rafael die Stirue seiner
Weiblichen Köpfe hoch und die Augenbrauen sehr in Bogen
gezogen, wie es damals bei den Frauen der höhern Stände,
besonders am Hofe zu Urbino, Sitte war und wie uns dieses
Graf Castiglione berichtet. In Rom dagegen nahm er auch
hierin einen strengem Charakter an, gemäss der ernsten
Haltung des Volks in jener Stadt. Wir brauchen nur die
Madonnen seiner frühem Zeit mit denen nach dem Fisch
uud des h. Sixtus benannten zu vergleichen, um uns von der
Wahrheit dieser Beobachtung zu überzeugen.
Dieses Sichanlehnen an die Eigenlhümlichkeilen der ihn
Umgebenden Natur artete jedoch bei Rafael nie in Manier
aus, denn stets leitete ihn sein feiner Sinn für Schönheil
und Harmonie selbst bei der schärfsten Auffassung der ver-
schiedenen Bildungen des menschlichen Körpers nach Indivi-
dualität und Lebensalter.
Noch gedenken wir hier eines schon früher erwähnten
Einflusses auf Rafael's Darstellungsweise, besonders auf seine
Zeichnung des Nackten, durch Michel Angelo, wodurch, wie
Vasari glaubte, der Urhinate zwar zu einer höhern Stufe
"er Kunst gelangt, aber weit hinter seinem Vorbilde zurück-
geblieben sei. Wir dagegen sind der Ansicht, dass Rafael,
"'dem er sich von der imposanten Grossartigkeit und der tiefen
'Uialomischen Kcnntniss des menschlichen Körpers in den
'guren, welche Michel Angelo in der Kapelle Sixlina aus-
geführt, hinreissen Hess, ein ihm fremdes Element in sich
aufgenommen hat, und in dieser Kichtung mit dem grossen
'orentiner um die Palme ringend, hiedurch nur von der ihm
eigenthümlichen Grazie und Feinheit der Zeichnung cinbüsste,
0 lne jenes Vorbild völlig erreichen zu können. Bemerkens-
Werlh ist hiebei, dass in den Studien nach der Natur in
°thstein zu verschiedenen nackten Figuren im Bnrgbrand,
Wie der Mann, welcher seinen allen Vater trägt, und der