Psychologie und Pathologie. 63
große Teile der Freudliteratur der Gedanke, daß die psychoanalyti-
schen Erfahrungen einen Beweis für eine Wirksamkeit des Psychi-
schen erbringen, die von den physischen Gehirnprozessen unabhängig
ist und somit durch sie der psychopbysische Parallelismus über-
wunden wird. Wieder andere Kapitel der pathologischen Literatur
wollen aus der Pathologie die Berechtigung oder Nichtberechtigung
des psychologischen Begriffs des Unbewußten ableiten und noch
andere stützen auf die Pathologie die Entscheidung, ob das Psy-
chische bei der Analyse nur Inhaltselemente oder auch Funktions-
elemente darbietet, ob es verschiedene Bewußtseinsgrade gibt, ob
es in einer Person verschiedene Bewußtseinssubjekte geben kann,
ob das Bewußtsein als solches tätig in den Bewußtseinsinhalt ein-
greifen kann.
Demgegenüber muß nun unbedingt betont werden, daß nicht
eine einzige dieser Fragen durch irgend eine pathologische
und freilich ebenso wenig durch irgend eine normal-
psychologische experimentelle Untersuchung entschieden
oder überhaupt nur berührt werden kann. Alle diese Fragen
gehören durchaus der erkenntnistheoretischen Untersuchung über die
Voraussetzungen der Psychologie an. Sie sind im letzten Grunde
also nicht Psychologie sondern Philosophie. Sie können innerhalb
der Psychologie, der pathologischen oder der experimentellen nor-
malen, so wenig beantwortet werden, wie innerhalb der Physik die
Frage beantwortet werden kann, ob es Raum und Zeit gibt. Es
gibt kein psychologisches Experiment, durch das die Frage, ob es
unbewußte Vorstellungen gibt, ob Seelisches und Physisches parallel
sind, ob es Grade des Bewußtseins gibt, ob das Psychologische
im Kausalzusammenhang steht oder ob es eine Willensfreiheit gibt,
ob die Psychologie analytisch oder synthetisch verfahren müsse und
vieles ähnliche, irgend wie bejaht oder verneint werden kann. Jedes
einzige Experiment und jede einzelne Spezialuntersuchung setzt bei
der Darstellung der Resultate bereits eine bestimmte Auffassung
voraus und jedes Ergebnis läßt sich in der Sprache jeglicher Grund-
auffassung zum Ausdruck bringen. Solche Diskussionen über em-
pirisch unbeantwortbare Fragen begegnen uns ja in jedem Teile der
Psychologie. Typisch sind die naiven Diskussionen der Biologen
darüber, welche Kennzeichen die Existenz des Bewußtseins bei den
große Teile der Freudliteratur der Gedanke, daß die psychoanalyti-
schen Erfahrungen einen Beweis für eine Wirksamkeit des Psychi-
schen erbringen, die von den physischen Gehirnprozessen unabhängig
ist und somit durch sie der psychopbysische Parallelismus über-
wunden wird. Wieder andere Kapitel der pathologischen Literatur
wollen aus der Pathologie die Berechtigung oder Nichtberechtigung
des psychologischen Begriffs des Unbewußten ableiten und noch
andere stützen auf die Pathologie die Entscheidung, ob das Psy-
chische bei der Analyse nur Inhaltselemente oder auch Funktions-
elemente darbietet, ob es verschiedene Bewußtseinsgrade gibt, ob
es in einer Person verschiedene Bewußtseinssubjekte geben kann,
ob das Bewußtsein als solches tätig in den Bewußtseinsinhalt ein-
greifen kann.
Demgegenüber muß nun unbedingt betont werden, daß nicht
eine einzige dieser Fragen durch irgend eine pathologische
und freilich ebenso wenig durch irgend eine normal-
psychologische experimentelle Untersuchung entschieden
oder überhaupt nur berührt werden kann. Alle diese Fragen
gehören durchaus der erkenntnistheoretischen Untersuchung über die
Voraussetzungen der Psychologie an. Sie sind im letzten Grunde
also nicht Psychologie sondern Philosophie. Sie können innerhalb
der Psychologie, der pathologischen oder der experimentellen nor-
malen, so wenig beantwortet werden, wie innerhalb der Physik die
Frage beantwortet werden kann, ob es Raum und Zeit gibt. Es
gibt kein psychologisches Experiment, durch das die Frage, ob es
unbewußte Vorstellungen gibt, ob Seelisches und Physisches parallel
sind, ob es Grade des Bewußtseins gibt, ob das Psychologische
im Kausalzusammenhang steht oder ob es eine Willensfreiheit gibt,
ob die Psychologie analytisch oder synthetisch verfahren müsse und
vieles ähnliche, irgend wie bejaht oder verneint werden kann. Jedes
einzige Experiment und jede einzelne Spezialuntersuchung setzt bei
der Darstellung der Resultate bereits eine bestimmte Auffassung
voraus und jedes Ergebnis läßt sich in der Sprache jeglicher Grund-
auffassung zum Ausdruck bringen. Solche Diskussionen über em-
pirisch unbeantwortbare Fragen begegnen uns ja in jedem Teile der
Psychologie. Typisch sind die naiven Diskussionen der Biologen
darüber, welche Kennzeichen die Existenz des Bewußtseins bei den