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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0408
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404 Kuno Mitteiizwey

und von Erinnerungen (d. h. Bezogenheit auf ein früheres Wirklich-
sein mit dem Bewußtsein der gegenwärtigen Nichtwirklichkeit) haben
sollen. Viel näher läge eigentlich die Annahme, daß den somati-
schen Symptomen nur unbestimmte, residuierende Erregungen mit
einem höchstens zerrissenen vorstellungsmäßigen Gehalt (der sich
etwa bei den hysterischen Anfällen in Rufen äußert) entsprechen.
Und während Breuer zur Annahme neigt, daß sich die bewußtseins-
unfähigen Erinnerungen vielleicht deswegen dem Bewußtsein ent-
ziehen, weil sie sich infolge ihres geringen Affektwertes (der be-
gleitende Affekt strömt ja sofort in das somatische Symptom ab;
nicht bemerkbar machen, wäre viel weniger künstlich anzunehmen.
daß die begleitenden Vorgänge deswegen schwer zu bemerken wären.
weil sie infolge ihres geringen oder fehlenden Vorstellungsgehaltes
schwer zu fassen wären. Und die Abreaktion ließe sich dann so
ausdeuten, daß die residuierende Erregung, die infolge des Unter-
drückens der adäquaten Reaktion von ihren veranlassenden Motiven
abgespalten und flottierend zurückgeblieben wäre, jetzt nachdem die
veranlassenden Umstände wieder ins Bewußtsein zurückgerufen wären,
an ihren vorstellungsmäßigen Motivgehalt wieder angeheftet und
damit erledigt würde.

[Zur Psychotherapie der Hysterie. Von SiGM. Freud.] — Mit
dem theoretischen Aufsatze Freuds treten wir wie in eine andere
Welt, und wir spüren deutlich, wie stark sich die Arbeit der beiden
Forscher bereits voneinander entfernt hat. Hier ist nicht von > Spal-
tung der Psyche« und »hypnoiden Zuständen« die Rede. Freud sagt,
ihm sei keine echte Hypnoidhysterie begegnet, und während Breuek
zu der Annahme neigt, daß die Abwehr nur durch hinzukommende
hypnoide Zustände ihre pathogène Wirkung erhielte, meint Freii»
im Gegenteil, »daß Hypnoid- und Abwehrhysterie irgendwo an ihrer
Wurzel zusammentreffen, und daß dabei die Abwehr das Primäre ist*.
Ebenso nimmt er für die Retentionshysterie an, daß auch hier »auf
dem Grunde ein Stück Abwehr zu finden ist, welches den ganzen
Vorgang ins Hysterische gedrängt hat«. So erscheint der Begrift
der Abwehr in den Mittelpunkt gerückt. »Ob ich mit dieser Ten-
denz zur Ausdehnung des Abwebrbegriffes auf die gesamte Hysterie
Gefahr laufe, der Einseitigkeit und dem Irrtum zu verfallen, werden
ja hoffentlich neue Erfahrungen bald entscheiden.«
 
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