Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

DOI issue:
Zweites und drittes Heft
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0524
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
520 Theodor Hoepftier

der Leidenden Kechnung getragen werden. Mit dem Worte »psycho-
physiologisch« soll nun nicht mehr der Parallelismus, sondern die
Mechanik des Vorstellungsablaufes vorzugsweise gemeint sein; es soll
nur besagen, daß wir uns nicht mehr so sehr mit der Frage der
Kontinuität des Vorgangs, als vielmehr mit der Bildung und dem
»Betrieb« der Vorstellungen beschäftigen werden, also mit ontologi-
schen Bildungen. Sie sind also — oder müssen als Gegenstände
klinischer Beobachtung anerkannt werden. Daher ist die Bezeich-
nung dieses Kapitels genommen.

Die klinisch-psychologische Untersuchung des ausgebildeten
Stotterns wird sich mit zwei Hauptpunkten grundsätzlich zu befassen
haben: erstens mit der Prüfung der Angaben, die die Stotterer selbst
über ihre Symptome und ihren Gesamtzustand, besonders freiwillig,
machen, und zweitens mit der Aufdeckung feinerer typischer Sym-
ptome rein psychischer Natur, die sich seither der Beobachtung ent-
zogen hatten. Um Mißverständnissen, die hoffentlich bis jetzt ver-
mieden worden sind, auch für die weitere Untersuchung vorzubeugen,
sei hiermit nochmals ausgesprochen, daß die Unterscheidung zwischen
monosymptomatischem Stottern, ataktisehem Sprechen einerseits und
nnd dem ausgebildeten (landläufig bekannten) Stottern andererseits
streng hervorgehoben werden wird; ist schlechtweg von »Stottern«
die Bede, so ist das ausgebildete allein gemeint.

Rudolf Denhaedt hat von älteren Autoren zuerst und am voll-
kommensten die hier folgende Auffassung ausgesprochen. Größten-
teils ist sie in seinen zahlreichen (zirka 13) zum Teil umfassenden
Publikationen enthalten; ich betrachte es jedoch als Ehrenpflicht dem
Erziehungskünstler und Denker gegenüber, nur die Form vieler hier
vorgetragener Anschauungen für mich in Anspruch zu nehmen. Zahl-
reiche Punkte verdanke ich persönlichen Mitteilungen des Verstorbenen.
Einem unparteiischen Urteil wird zudem die Scheidung zwischen
meinen selbständig gewonnenen Anschauungen und der von Rudolf
Denhaedt gegebenen Grundlage nicht schwer werden, so daß ich
nunmehr nach dieser mir notwendig und gerecht scheinenden For-
malität zur Sache übergehe.

Wir haben zunächst uns noch weit gründlicher wie bisher von
allen anderen Untersuchern geschehen, mit der feineren Symptomatik
des ausgebildeten Stotterns zu beschäftigen.
 
Annotationen