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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0550
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Theodor Hoepfner

Alle diese Bewegungen der Stotterer unterliegen dem Willensgang
unmittelbar; der unwiderlegliche Beweis liegt darin, daß auf Auf-
forderung sofort angebrochen werden kann — id est : mit dem Willen
zu sprechen hört auch alles andere zugleich mit auf.

Nicht eigentlich prinzipiell, sondern nur graduell, assoziativ ist
yon obigem verschieden das sogenannte hysterische Stottern.
Die Vorstellung, daß man Schwierigkeiten haben werde, wird an
und für sich nur gleich lebhaft wie in den oben skizzierten Fällen
halluziniert; da sie aber die Form der allgemeinen Abstraktion »ich
kann nicht anfangen « oder »ich kann nicht sprechen« angenommen
hat, so tritt ein völliges Unterdrücken meist aller Sprechbewegungen
ein. Da sich aber die Einatmung nur eine kurze Zeit lang unter-
drücken läßt, so wird geradezu explosiv angefangen und — häufig
— leidlich anstoßfrei der Satz zu Ende geführt, da ein Entbehrungs-
affekt sich einstellt, und so führt er zugleich mit der zwangsmäßig
erfolgenden Einatmung zur Sprengung der Hemmungsvorstellung von
Seiten der natürlichen Mechanik her. Zu diesem Typus möchte ich
auch die Fälle rechnen, in denen zwar frustran geatmet, aber nicht
intoniert wird; denn auch sie sind auf analoge Abstraktion zurück-
zuführen. Die Grenze ist aber in allen diesen, übrigens nur 1 bis
2 Proz. betragenden Fällen unscharf; denn diejenigen Fälle, in denen
neben diesem abstraktiven Verhalten noch die niederer assoziierten
Buchstabenstörungen ausgeführt werden, sind im Sinne dieser Ein-
teilung schon unrein. Sie sind übrigens auch selten. Der Mechanis-
mus ließe sich etwa wie folgt schematisieren:
li

Es ist nicht alles 6old was glänzt

Es ist

nicht

alles [ Gold tras glänzt

Beginn des Sprachyorganges im
Apparat der allgemeinen Sprach-
yorbereitung die Mmungshemmung

Beginn der Wortaussprache

Abb. 6.

Der Sprechvorgang ist von dem Augenblicke an, wo die affekt-
starke Abstraktion »ich kann nicht anfangen« oder ähnlich den zen-
 
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