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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Viertes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0586
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582 Maximilian Rosenberg

Eisenbahnfahrt vor und nach dem Schlafe nicht nur daran, daß ich
mich nach dem Erwachen in demselben Coupé, eventuell in derselben
Gesellschaft wiederfinde, sondern auch daran, daß ich weiß,
daß ich geschlafen habe, daß ich in X. den Zug bestieg und
daß Y. das Ziel meiner Reise ist. Wüßte ich alle diese Dinge nicht,
hätte ich aber eine gewisse Erinnerung an den Teil meiner Eisen-
bahnfahrt vor dem Einschlafen, so müßte ich zu der Meinung ge-
langen, jetzt eine zweite Fahrt zu machen, welche der ersten voll-
kommen gleicht.

Eine ähnliche Wirkung wie die Merkfähigkeitsstörung müssen
auch amnestische Lücken, etwa bei Anfällen, haben, wenn sie
in das Ereignis mitten hineinfallen.

Coriat und auch Pick machen geltend, daß auch der Zeitsinn
bzw. die Vorstellung von der zeitlichen Sukzession gestört sein
müssen.

Daß der Zeitsinn für das Zustandekommen der Störung irgendwie
bedeutender wäre, ist meines Erachtens durch die Klinik nicht zu
beweisen.

Anders verhält es sich mit der zeitlichen Lokalisation der Er-
innerungen. Diese ist bei Deliranten (nach Bonhoeffer) nachweis-
lich geschädigt, bei der KoESAKOWschen Psychose ist sie überhaupt
für die Hauptmasse der Erinnerungen unmöglich.

Wichtiger scheinen mir indessen andere Störungen zu sein, deren
klinischer Nachweis ohne weiteres gelingt, es sind dies Störungen
auf dem Gebiete der Aufmerksamkeit und des Willens und auf
dem Gebiete der Auffassung.

Den Zusammenhang von etwas denken heißt eine Reihe von
Einzeldingen von einem gewissen Gesichtspunkte aus (ört-
liche, zeitliche, ursächliche Beziehung) gemeinsam denken und von
einem anderen Teil von ihnen absehen.

Ein derartiges Denken muß unter der Führung der Aufmerksam-
keit von Zielvorstellungen in einer bestimmten Richtung geleitet sein.
Wir nannten dies kurz »Fähigkeit zur Synthese«; sie kommt
dem Normalen zu.

Gesetzt, daß Störungen hier angreifen (was bei den paralytischen
Kranken, den Deliranten keines Nachweises bedarf und bei den
KoRSAKOwschen Patienten, bei welchen namentlich das Fehlen von
 
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