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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Viertes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0588
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584 Maximilian Rosenberg

Die Kontinuität eines Ereignisses in der Erinnerung wird
nämlich erzielt durch:

1. Die Kontinuität der Erfahrungen von diesem Ereignisse oder
gegebenenfalls durch das Wissen davon, daß diese Kontinuität ge-
stört wurde, und gefestigt durch die Kontinuität wichtiger Grenz-
beziehungen dieses Ereignisses zu anderen (Beginn der Reise, Ziel)
und kausale Beziehungen (Zweck der Reise).

2. Die Fähigkeit, diese Erfahrungen »synthetisch« zu denken.
Sind diese Prozesse gestört, so wird zwar ein Ereignis nicht als

ein kontinuierliches der Erinnerung einverleibt werden können, es
muß aber noch immer nicht zur reduplizierenden Paramnesie
kommen. Dies kann erst dann geschehen, wenn von dem Er-
eignis in der Erinnerung meist 2 annähernd erfahrnngsgleiche
Gruppen persistieren, von welchen die eine Gruppe nun
sekundär und wohl immer konfabulatorisch in irgendeine
Area der Vergangenheit, oft auch in ein anderes örtliches
Gesamtmilieu (z. B. eine andere Stadt) hinein versetzt wird.

Die psychologische Grundlage der reduplizierenden Paramnesie ist
also, daß bei einem Persistieren zweier erfahrungsähn-
licher Erinnerungsgruppen aus einem einmaligen Er-
eignis die oben geschilderten klinischen Störungen angreifen;
indem sie verhindern, daß die Kontinuität wieder hergestellt wird,
was normalerweise trotzdem geschehen würde, und daß sich die Kon-
fabulation einer dieser Gruppen bemächtigt.

Wie man sieht, ist der Mechanismus der reduplizierenden Paramnesie,
welche sich klinisch so einfach als eine Verdoppelung präsentiert, ein
recht komplizierter und verschiedenartiger, dessen Form jedesmal
nachzugehen wäre.

Nachtrag.

Nachdem diese Arbeit bereits eingesandt war, erhielt ich von
Herrn Prof. Pick die Krankengeschichte eines weiteren Falles von
reduplizierender Paramnesie zugewiesen, der sich inzwischen an der
Klinik ereignet hatte, mit dem Auftrage, sie anschließend an die
Arbeit mitzuteilen.
 
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