der Riepenhausen versucht, die polygnotischen Bilder nach diesen Beschreibun-
gen zu rekonstruieren. Vergleichen wir einmal die Zeichnungen der Brüder
Riepenhausen mit unserem Mosaikfragment, so werden wir zu unserem Er-
staunen feststellen können, daß die Mosaiken unmittelbar nach den Zeichnun-
gen gearbeitet sind.148 So erklären sich denn auch alle stilistischen Unstimmig-
keiten der Darstellung aus dem romantischen Vorbild, das selbst weit entfernt
ist von der künstlerischen Eigenart eines Polygnot.
Die Tiara des Saitaphernes
Seit jeher iibt das Gold eine ungeheure Macht auf die Gemüter der Menschen
aus, was aber nicht allein auf den Wert, sondern auch auf die magische Wir-
kung des edlen schimmernden Metalls zurückzuführen ist. Die Mächtigen der
alten Geschichte in der ganzen Welt haben sich häufig einen Schatz anfertigen
lassen, Schmuck und Geschirr aus purem Golde, von den besten Künstlern der
Zeit gearbeitet. Die Sage weiß uns von den unermeßlichen Schätzen der Fürsten
des Orients und der Mittelmeergebiete zu berichten, und tatsächlich sind viele
solcher Schätze durch Archäologenhand gehoben worden. Denken wir nur an
den Schatz des Priamos, den Heinrich Schliemann bei seinen kühnen Ausgrabun-
gen in Troja gefunden zu haben glaubte, oder an jene herrlichen Goldfunde aus
den Schachtgräbern von Mykene, die nun zwar nicht direkt auf das Herrscher-
paar Agamemnon und seine treulose Gemahlin Klytaimnestra zurückgehen, aber
zum Köstlichsten gehören, was wir von mykenischen Goldschmiedearbeiten des
zw.eiten Jahrtausends v. Chr. besitzen. Namentlich die Diademe lassen mit ihrem
klaren Dekor die Wirkung des Metalls einzigartig zur Geltung kommen.
Zu Ausgang des 19. Jahrhunderts kam ein neuer „Fund“ ans Licht, der alles
bisher Dagewesene in den Schatten zu stellen schien. Südrußland, das sich für
das klassische Altertum als reiches Fundgebiet namentlich des griechischen Kunst-
gewerbes erwiesen hatte, war auch als Fundort für einen Goldschatz angegeben
worden, dessen Glanzstück eine prachtvoll erhaltene Tiara war (Abb. 54a und
54b). Eine Tiara ist eine hohe helmartige Kopfbedeckung, wie sie die persischen
Großkönige getragen haben. In mehreren Reihen sind figürliche oder ornamen-
tale Friese auf der sich nach oben verjüngenden Metallwandung angebracht.
Unsere Tiara will aber mehr sein als eine beliebige Goldmütze; sie spricht auf
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gen zu rekonstruieren. Vergleichen wir einmal die Zeichnungen der Brüder
Riepenhausen mit unserem Mosaikfragment, so werden wir zu unserem Er-
staunen feststellen können, daß die Mosaiken unmittelbar nach den Zeichnun-
gen gearbeitet sind.148 So erklären sich denn auch alle stilistischen Unstimmig-
keiten der Darstellung aus dem romantischen Vorbild, das selbst weit entfernt
ist von der künstlerischen Eigenart eines Polygnot.
Die Tiara des Saitaphernes
Seit jeher iibt das Gold eine ungeheure Macht auf die Gemüter der Menschen
aus, was aber nicht allein auf den Wert, sondern auch auf die magische Wir-
kung des edlen schimmernden Metalls zurückzuführen ist. Die Mächtigen der
alten Geschichte in der ganzen Welt haben sich häufig einen Schatz anfertigen
lassen, Schmuck und Geschirr aus purem Golde, von den besten Künstlern der
Zeit gearbeitet. Die Sage weiß uns von den unermeßlichen Schätzen der Fürsten
des Orients und der Mittelmeergebiete zu berichten, und tatsächlich sind viele
solcher Schätze durch Archäologenhand gehoben worden. Denken wir nur an
den Schatz des Priamos, den Heinrich Schliemann bei seinen kühnen Ausgrabun-
gen in Troja gefunden zu haben glaubte, oder an jene herrlichen Goldfunde aus
den Schachtgräbern von Mykene, die nun zwar nicht direkt auf das Herrscher-
paar Agamemnon und seine treulose Gemahlin Klytaimnestra zurückgehen, aber
zum Köstlichsten gehören, was wir von mykenischen Goldschmiedearbeiten des
zw.eiten Jahrtausends v. Chr. besitzen. Namentlich die Diademe lassen mit ihrem
klaren Dekor die Wirkung des Metalls einzigartig zur Geltung kommen.
Zu Ausgang des 19. Jahrhunderts kam ein neuer „Fund“ ans Licht, der alles
bisher Dagewesene in den Schatten zu stellen schien. Südrußland, das sich für
das klassische Altertum als reiches Fundgebiet namentlich des griechischen Kunst-
gewerbes erwiesen hatte, war auch als Fundort für einen Goldschatz angegeben
worden, dessen Glanzstück eine prachtvoll erhaltene Tiara war (Abb. 54a und
54b). Eine Tiara ist eine hohe helmartige Kopfbedeckung, wie sie die persischen
Großkönige getragen haben. In mehreren Reihen sind figürliche oder ornamen-
tale Friese auf der sich nach oben verjüngenden Metallwandung angebracht.
Unsere Tiara will aber mehr sein als eine beliebige Goldmütze; sie spricht auf
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