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VII.
DIE NIEDERLÄNDER DES
SIEBZEHNTEN JAHRHUNDERTS
DAS BILDNIS
Nicht zu allen Zeiten wurde das Bildnis, wie wir es
verstehen, als eine Aufgabe der Kunst angesehen.
Für eine hohe, auf das Ewige und Jenseitige gerichtete
Gesinnung sinkt es zu untergeordneter Bedeutung herab
und wird, wenn überhaupt, nur in symbolhaft ideali*
sierter Form für Große und Heilige zugelassen. Dagegen
gedeiht es, wenn es von einer auf Naturwirklichkeit
und Würdigung der Individualität eingestellten Gesin*
nung getragen wird. Und ein Zeitalter solcher Gesin*
nung begann mit der Renaissance. In ihr gewinnt das
Bildnis einen früher ungekannten Wert, der im Barock
seine Höhe erreicht. Das siebzehnte Jahrhundert ist das
große Jahrhundert der Bildnismalerei. Dies hängt mit
der Großmannssucht jener Zeit zusammen, die, überall
zur Prahlerei geneigt, auch den einzelnen Menschen,
zumal wenn er im öffentlichen Leben stand, bildlich aus*
zustaffieren, zu erheben und zu rühmen liebte. Wenn
man den Gebärden, der Aufmachung und den Unter*
Schriften der Bildnisse jener Zeit glauben wollte, dann
hat es nie so viele große Männer gegeben wie damals.
Der vergötterte Ludwig XIV. hat nicht sowohl diesen
Stil heraufgeführt als vielmehr davon profitiert.
Diese Entwicklung läßt sich an etlichen Bildern unserer
Galerie recht wohl verfolgen. An den Beginn stellen wir

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