Abb.152
Symmetrieschloß mit faischem Schiüsseüoch
und Drücker
Dresden, Kunstgewerbemuseum
Gar manches Objekt läßt sich nicht träumen, weicher Bestimmung es dereinst
noch zugeführt werden wird. Daß jemand eine Baßgeige als sein Schlafgemach
benutzt, ist nur ein Scherz; aber in Särgen täglich zu schlafen, ist für einige
strenge Nonnenorden, wie im Kloster vom hl. Gesicht in Montreal, nichts
Ungewöhnliches. — Ausgemusterte Eisenbahnwagen haben schon die selt-
samsten Schicksale erfahren; in Abbeile, im Kreise Burgdorf, avancierte so
ein Vehikel letzter Güte vor nicht langer Zeit sogar zu einer Art Armenhaus.
Daß sich frühere Kirchen in Museen verwandeln, wie in Nürnberg oder Basel,
ist jedenfalls weniger störend, als wenn die Metamorphose eine Fabrik, ein
Warenlager oder gar — wie bei der Prager Agneskirche — ein Lumpenmagazin
aus ihnen gemacht hat. Die Beleuchtungsverhältnisse alter gotischer Gottes-
häuser sind allerdings andere, als man sie von Museen zu erwarten berechtigt
ist; bei ehemaligen Kirchen aus späteren Zeiten fällt aber dieser Nachteil, wie
man sich im Museum von Bergamo überzeugen kann, weg. Das alte Kapuziner-
kloster von Überlingen soll im ersten Stockwerk zu einem Theater umgebaut
werden, während unten die bisherigen Stallungen zu bleiben hätten; für die
Benutzung der Kirche zu Theaterzwecken gibt es genug Präzedenzfälle, selbst
wirkliche Tingeltangelkräfte sind — zum Beispiel beim Pastor Goodchild in der
42. Straße von Neuyork — während des Gottesdienstes bereits aufgetreten, aber
die Kombination von Theater und Stall dürfte vielleicht zu Kollisionen führen,
wenn das Kuhgebrüll eine zarte Liebesszene akkompagniert oder der Geist des
Hamlet sich in der Versenkung zu den Schweinen versammelt. — Die Büste des
Romandichters Prosper Merimee vor dem Sekretariat der Pariser Akademie diente
lange Zeit als Reibfläche für Zündhölzer, da das Rauchen den Unsterblichen erst
vor der Türe gestattet war; die Spuren dieser geänderten Zweckbestimmung
waren bei der Reinigung nicht leicht wieder zu beseitigen. — Schiller hat seinen
i) Münchner „Jugend" 1899, Nr. 7.
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