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II. ANFANG UND ORIENT

Die gebräuchlichsten Namen geb un gen für „Perlmutter"

Die Anfänge in prähistorischer Zeit müssen wir uns ähnlich denken, wie wir
dies aus Stichproben bei den primitiven Naturvölkern kennengelernt haben.
Noch lange bevor systematische Taucherarbeit einsetzte, die nicht den Schalen,
sondern den Perlen galt, sind Schalen und Muscheln aller Art, die das Meer
an das Ufer spülte, aber auch solche, die man im Flußland fand, zunächst un-
verändert als Schmuck verwendet worden. Diejenigen, die sich durch nette
Formen oder lebhafte Farben auszeichneten, sowie namentlich jene, welche in
allen Regenbogenfarben schillerten, genossen selbstverständlich den Vorzug.
So finden wir bereits unter den Gräbern und in den Wohngruben der Stein-
zeit zahlreiche ein- und zweimal durchbohrte Muscheln aller Art, die haupt-
sächlich als Schmuckanhänger gedient haben oder auch für kleinere Geräte,
wie Löffel, Verwendung fanden. Durch das Lagern unter der Erde ist die
Oberfläche natürlich zersetzt bzw. erblindet. R. Forrer und Ludwig Pfeiffer
haben über diese primitiven 4—5000jährigen Schmuckstücke gründliche Unter-
suchungen angestellt (z.B. im Anzeiger für elsässische Altertumskunde 1911,
1912, 1914 und 1916). Das Straßburger Museum bewahrt solchen neolithischen
Flußperlenschmuck aus dem Elsaß (aus Achenheim, Dingsheim und Lingols-
heim). Aber Forrer hat auch die Steinzeit-Hockergräber von Achmim usw. in
Oberägypten nach dieser Richtung untersucht und mit den Parallelfunden ver-
glichen. Auch hier sind neben gewöhnlichen Muscheln durchbohrte Perlmutter-
lamellen zum Vorschein gekommen. Und Ähnliches gelangte in den letzten
Jahren aus Hur1 ins Britische Museum.

Noch in der Blütezeit des klassischen Altertums spielt die Perlmutter keine
nennenswerte Rolle. Die Schalen kamen aus den persisch-indischen Gewässern
als nicht sonderlich begehrt selten in die Mittelmeerländer, wo sich erst nach
Durchstich des Suezkanals eine aus dem Roten Meer kommende gute Qua-
lität zu verbreiten beginnt.

Dennoch fanden einzelne Perlmutterstücke, ähnlich wie Edelsteine oder
Glasflüsse, als Glanzlichter namentlich für Metallarbeiten Verwendung, wie
z. B. für die Augen des silbernen Hirschkuh-Rhytons von Tarent aus dem
5. Jahrhundert v. Chr., wo die Perlmutter mit dem schwarzen Email der
Nasenlöcher wirkungsvoll kontrastiert. Natürlich hat das schöne Material
schon im Altertum für Einlegearbeiten Dienste geleistet. Ob man sich aber
z. B. ganze Wände im Palast des Nero, wie dies im Anschluß an Sueton mehr-
fach vermutet wurde, mit Perlmutterplatten inkrustiert vorstellen darf, ist

1 Ein mythologisch graviertes Muschelplättchen aus einem Königsgrab von Ur, vielleicht von einer Harle, nach C. L. Wolley,
vgl. „Cicerone", 2. Dezemberheft 1929, S. 714.

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