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Pechmann, Günther von; Pechmann, Günther von; Bustelli, Franz Anton [Ill.]
Franz Anton Bustelli: die italienische Komödie in Porzellan — Der Kunstbrief, Band 39: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.61770#0048
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hat Goethe in Venedig gesehen; er erwähnt ihn auch in der
„Italienischen Reise", 10. Oktober 1786: „Von derTruppe Sachi,
für welche Gozzi arbeitete, und die übrigens zerstreut ist, habe
ich die Smeraldina gesehen, eine kleine, dicke Figur, voller Leben,
Gewandheit und guten Humors. Mit ihr sah ich den Brigbella,
einen hageren, wohlgebauten, besonders in Mienen- und Hände-
spiel trefflichen Schauspieler. Diese Masken, die wir fast nur
als Mumien kennen, da sie für uns weder Leben noch Bedeutung
haben, tun hier gar zu wohl als Geschöpfe dieser Landschaft.
Die ausgezeichneten Alter, Charaktere und Stände haben sich in
wunderlichen Kleidern verkörpert, und wenn man selbst den
größten Teil des Jahres mit der Maske herumläuft, so findet
man nichts natürlicher, als daß da droben auch schwarze Ge-
sichter erscheinen."
Den Charaktermasken der italienischen Komödie, der Comme-
dia dell’ arte, war Goethe schon einige Tage früher begegnet,
worüber ein Eintrag des Tagebuchs vom 4. Oktober 1786 be-
richtet: „Gestern war ich in der Komödie, Theater St. Lukas,
die mir viel Freude gemacht hat; ich sah ein extemporiertes
Stück in Masken, mit viel Naturell, Energie und Bravour auf-
geführt. Freilich sind nicht alle gleich; der Pantalon sehr brav,
die eine Frau, stark und wohlgebaut, keine außerordentliche
Schauspielerin, spricht exzellent und weiß sich zu betragen. Ein
tolles Sujet, demjenigen ähnlich, das bei uns unter dem Titel
„Der Verschlag" behandelt ist. Mit unglaublicher Abwechslung
unterhielt es mehr als drei Stunden. Doch ist auch hier das Volk
wieder die Base, worauf dies alles ruht, die Zuschauer spielen
mit und die Menge verschmilzt mit dem Theater in ein Ganzes.
Den Tag über auf dem Platz und am Ufer, auf den Gondeln
und im Palast, der Käufer und Verkäufer, der Bettler, der
Schiffer, die Nachbarin, der Advokat und sein Gegner, alles lebt
und treibt und läßt es sich angelegen sein, spricht und beteuert,
schreit und bietet aus, singt und spielt, flucht und lärmt. Und
abends gehen sie ins Theater und sehen und hören das Leben
ihres Tages, künstlich zusammengestellt, artiger aufgestutzt, mit
Märchen durchflochten, durch Masken von der Wirklichkeit ab-

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