34
II. Kapitel.
satzes fällt, sehr eifrig beschäftigte. Damit deutete Goethe
selbst schon wieder vom Fluge ins Dichterische, den er mit
Ruisdael genommen, in den bestimmten Kreis des Bildneri-
schen zurück. Ich möchte nun, weiter ausführend, den Ver-
such wagen, nachzuweisen, wie alles, was wir in Ruisdaels
Werken als Poesie in irgend einem Sinne empfinden, den
innigsten Zusammenhang hat mit dem Stile des Künstlers
als Maler, ja mit seinen besonderen technischen Eigentüm-
lichkeiten.
Jakob van Ruisdael gehört nicht zu den Breitmalern;
was wir bei Potter sehen, erkennen wir auch für seine Tech-
nik charakteristisch: einen sorgfältigen Farbenauftrag und eine
mehr zeichnende Führung meist feiner Pinsel, die in unzäh-
ligen Details sich gern ergehen.
Auch Ruisdael legt Wert auf Einzelheiten; den vielfachen
Reichtum der lebendigen Natur zu schildern liegt ihm am
Herzen. Eine unendliche liebende Verehrung, ja Ehrfurcht
auch vor den kleinsten Erscheinungen des weiten Weltwesens,
vor Kräutern und Gräsern und Blättern spricht aus seinen
Bildern. Wie ein alter deutscher Spruch sagt:
„Es ist kein Kraut so klein,
Es spricht von Gott dem Schöpfer sein“,
so bekennt auch er durch die Sorgfalt seiner Behandlung,
daß ihm nichts ohne Bedeutung sei. Das organische Leben
der Pflanzen hat kein Künstler mehr und inniger erfaßt wie
er; unter den Malern der Bäume gibt es gewiß keinen
größeren. Er wird nicht müde, an seinen herrlichen Eichen
den Wuchs und die Bildung der Äste und der kleinsten Ver-
zweigungen eingehend zu schildern und das unendlich viel-
fache Gewirr der Blätter getreulich wiederzugeben. Es gibt
Bäume von seiner Hand gemalt, die zu uns reden wie le-
bende Wesen. Man möchte gerne glauben, dieser einsame
Meister habe sich ihrem Kultus ergeben; man könnte ihn
sich vorstellen in einer einsamen Landschaft vor einem
mächtigen, geheimnisvoll rauschenden Baume stehend, ver-
sunken in Anschauung und Anbetung solcher Erscheinung
II. Kapitel.
satzes fällt, sehr eifrig beschäftigte. Damit deutete Goethe
selbst schon wieder vom Fluge ins Dichterische, den er mit
Ruisdael genommen, in den bestimmten Kreis des Bildneri-
schen zurück. Ich möchte nun, weiter ausführend, den Ver-
such wagen, nachzuweisen, wie alles, was wir in Ruisdaels
Werken als Poesie in irgend einem Sinne empfinden, den
innigsten Zusammenhang hat mit dem Stile des Künstlers
als Maler, ja mit seinen besonderen technischen Eigentüm-
lichkeiten.
Jakob van Ruisdael gehört nicht zu den Breitmalern;
was wir bei Potter sehen, erkennen wir auch für seine Tech-
nik charakteristisch: einen sorgfältigen Farbenauftrag und eine
mehr zeichnende Führung meist feiner Pinsel, die in unzäh-
ligen Details sich gern ergehen.
Auch Ruisdael legt Wert auf Einzelheiten; den vielfachen
Reichtum der lebendigen Natur zu schildern liegt ihm am
Herzen. Eine unendliche liebende Verehrung, ja Ehrfurcht
auch vor den kleinsten Erscheinungen des weiten Weltwesens,
vor Kräutern und Gräsern und Blättern spricht aus seinen
Bildern. Wie ein alter deutscher Spruch sagt:
„Es ist kein Kraut so klein,
Es spricht von Gott dem Schöpfer sein“,
so bekennt auch er durch die Sorgfalt seiner Behandlung,
daß ihm nichts ohne Bedeutung sei. Das organische Leben
der Pflanzen hat kein Künstler mehr und inniger erfaßt wie
er; unter den Malern der Bäume gibt es gewiß keinen
größeren. Er wird nicht müde, an seinen herrlichen Eichen
den Wuchs und die Bildung der Äste und der kleinsten Ver-
zweigungen eingehend zu schildern und das unendlich viel-
fache Gewirr der Blätter getreulich wiederzugeben. Es gibt
Bäume von seiner Hand gemalt, die zu uns reden wie le-
bende Wesen. Man möchte gerne glauben, dieser einsame
Meister habe sich ihrem Kultus ergeben; man könnte ihn
sich vorstellen in einer einsamen Landschaft vor einem
mächtigen, geheimnisvoll rauschenden Baume stehend, ver-
sunken in Anschauung und Anbetung solcher Erscheinung