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Peltzer, Alfred
Über Malweise und Stil in der holländischen Kunst — Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.52374#0045
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Jakob Ruisdael, Jan van Goyen und andere Landschaftsmaler. 35
als einer göttlichen Offenbarung, — germanischen Urvätern
gleich. Die Erhabenheit ihres Aussehens und ihres Gesamt-
anblickes ist ihm so bedeutend wie die verehrungswürdige
Vielheit ihrer organischen Einzelheiten. Die breite und ernste
Fülle, welche die Bäume zu feierlichen Herrschern innerhalb
der Landschaft machen, bringt er zur eindrucksvollsten Er-
scheinung und Wirkung. So sehen wir ihn zugleich mit dem
Eingehen auf die Details Wert legen auf die Betonung der
Ausdehnung dieser mächtigen Gebilde im Raum, womit dann
weiterhin ihre Beziehung zu den übrigen Erscheinungen deut-
licher ausgesprochen ist. Wie plastisch herausgearbeitet ste-
hen sie oft vor uns; mit Zuhilfenahme des Lichtes sind
einzelne Teile im wahren Sinne des Wortes aufgehöht, in-
dem viele Blätter und Zweige, die, vorn befindlich vom Licht
getroffen, als helle pastose, bestimmt gezeichnete kleine Farb-
fleckchen hoch auf düstere und glatte, vertriebne Partien
aufgesetzt sind. Wie Potter müssen auch ihm die Details
dienen als ebenso viele Träger und Veranschaulicher vom
fließenden Licht oder webender Dunkelheit; die Einzelbe-
handlung begünstigt so seine Art der Beleuchtung, von deren
höchster Bedeutung weiter unten die Rede sein wird.
Was von seinen Bäumen in besonders hervorragender
Weise gilt, trifft überhaupt zu von allen übrigen vegetabili-
schen Erscheinungen, von Gebüschen, Rasenpartien, einzel-
nen Kräutern und weiterhin von allem, was er malt, von
Felsstücken, von Gemäuer und Hütten und Bretterzäunen,
den primitiven Gebilden menschlicher Tätigkeit, die er gern
in seine Landschaften einbezieht. Überall gibt er mit sorg-
fältiger Behandlung organisches Gebilde in seiner Mannig-
faltigkeit. Ja, jede seiner Wolken erscheint uns wie ein or-
ganisches Wesen. Alles besteht deutlich für sich und lebt
in sich und hat doch entschiedenen Bezug auf alles übrige.
Wie wenige Künstler gibt Ruisdael den Eindruck größter
Vielheit in der Natur, die zur inneren organischen Einheit
und durch wesentliche Bezüge zueinander verbunden ist.
Fast noch mehr wie bei Potter sehen wir in ihm einen
zeichnenden Künstler, der nicht über Einzelheiten hinweg-

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