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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0027
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VON RICHARD BOHN 7~i

stehen auch die zahlreichen plastischen und epigraphischen Funde in und um das
Tempelgebiet, welche die Athena als Göttin des Platzes bezeichnen.

Schwierig erscheint die Beantwortung der Frage nach der ursprünglichen Ge-
staltung der Tempelumgebung. Dass sich ein grosser plattenbelegter Platz anschloss,
ist durch einen kleinen Rest südlich, namentlich aber durch grössere, wolerhaltene
Flächen im Norden und Osten gesichert. Wahrscheinlich ist aber diese Gesammt-
anlage im Zusammenhange mit der übrigen Ausschmückung des Platzes um den
älteren Tempelort erst in der Königszeit entstanden. Die Forschung wird durch die
gründliche Zerstörung, selbst des gewachsenen Bodens, sehr erschwert. Namentlich
wurde, nach der Höhenlage zu urteilen schon im frühen Mittelalter, den Norden des
Tempels deckend und östlich sich fortsetzend, eine christliche Kirche aus dem vor-
handenen antiken Material errichtet, deren Marmorplattenboden sich noch erhalten
fand. Ganz besonders haben dann die um dieselbe entstandenen, zum grösseren Teil
in den Fels hineingearbeiteten Gräber ältere Spuren vollständig verwischt.

Auch die mannigfachen Cisternen (C auf dem Plane Taf. II) mögen hier gleich
Erwähnung finden, welche, wie die verbindenden Thonrohrleitungen beweisen, teil-
weise antiken Ursprungs, im Mittelalter erweitert und überbaut worden sind.

Südlich vom Tempel finden sich einige Felsbearbeitungen, welche an die Stelle
für einen Altar denken lassen, daneben einige Mauerspuren, die vielleicht als die Reste
eines besonderen kleinen Peribolos zu deuten sind. Westlich des Tempels, zwischen
ihm und der Burgmauer, läuft von Nord nach Süd eine schmale Treppe 29 Stufen
hinab, der obere Teil zwischen gemauerten Wangen, der untere tunnelartig durch den
Fels gearbeitet. Sie biegt an ihrem unteren Ende als Gang westlich um und tritt in
schmaler Oeffnung am Fusse der Burgmauer durch diese nach aussen, wo einige
unterhalb noch erhaltene Stufen eine weiter abwärts führende Fortsetzung voraussetzen
lassen. Diese Treppe konnte also wol nur dem Zweck einer direkten, mit Rücksicht
auf ihre Enge vermutlich nur gewissen Personen zugänglichen Verbindung der unteren
westlichen Terrasse mit dem Tempel dienen.

Durchaus besser erhalten ist der nördliche und östliche Teil des Platzes, weL
hier früh durch die Verschüttung von oben her die älteren Reste gedeckt und dadurch
geschont blieben. Allerdings ist es immerhin nur sehr wenig im Verhältniss zu dem,
was einst hier gestanden. Nur die wiederholte Prüfung der geringen noch in situ
befindlichen Reste und die vergleichende Messung der verstreuten Bauglieder ergab
allmälig eine Vorstellung von der einstigen Gestalt.

Der jetzige Zustand zeigt im Norden in einer mit dem Tempel divergierenden,
aber dem Südrande des Plateaus nahezu parallelen Richtung noch an einigen Stellen
zwei Marmorstufen, welche sich über das Trachytpflaster erheben, teilweise nur
die Bettungen, ja westlich nur noch die tiefer hinabreichenden Fundamente für die-
selben. Auf ihnen ruhte aber eine dritte säulentragende Oberstufe; die gleiche
Anordnung läuft rechtwinklig hierzu auf der Ostseite entlang. Es glückte der Versuch,
verschiedene der zerstreut und gebrochen unter den Trümmern gefundenen Stufen
vermittelst der Klammer- und Dübelspuren wieder in ihre alte Lage zu bringen, ja
selbst eine Oberstufe mit der Säulenstandspur zu fixieren. Der Umriss war durch die
ungleiche Verwitterung markiert, aber er zeigte auch die sich kreuzende Aufschnürung
zur Bestimmung des Mittelpunktes. Wichtig war nun, dass diese Marke sich bis
auf die zweite Stufe fortsetzte, und dass dasselbe auch noch auf anderen Stellen
der Stufe beobachtet wurde; denn hierdurch war die Säulenaxe genau bestimmbar
 
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