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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0044
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go AUSGRABUNGEN ZU PERGAMON: DIE EINZELFUNDE

Besonderes Interesse erregten bei ihrer Auffindung nahe am Thore die Stücke
einer 0,88 Meter hohen Reliefdarstellung der Gigantomachie (s. oben S. 57), auf welcher
grade die Gestalt des Zeus ganz und links von ihm die der Athena zum Teil erhalten
ist. Ueber den architektonischen Zusammenhang, in den dieses Relief gehörte, haben
wir aber nicht einmal eine Vermutung. Man wird diese kleine Gigantomachie bald
in der Rotunde der Königlichen Museen neben den grossen Gruppen, die ihr als
Vorbild dienten, aufstellen können und damit augenfällig die Belege für den Einfluss
vermehren, welchen die Altarreliefs im Altertume auf die untergeordnetere Kunst-
produktion ausgeübt haben.

Von anderen Bildresten will ich nur noch eine ornamentale Reliefdarstellung
erwähnen: inmitten das von den Münzen bekannte Idol der pergamenischen Athena
Polias, jederseits neben demselben ein Ochse, von einem Löwen überfallen.

Unter den architektonischen Einzelresten, an denen die zweite Campagne
wiederum ergiebig gewesen ist, verdient das im Südwesten des Altarplatzes an der
Burgmauer gefundene Krönungsstück eines grossen Postaments oder eines Altars
besondere Auszeichnung (s. oben S. 61). Es ist ein Eckstück. An der Ecke erhebt
sich vom untern Rande des Werkstücks, mit dem es auf einem Gesimse aufgeruht
haben wird, ein kräftig ausladendes Palmettenakroterion, hinter welchem und über
dem Gesimse eine starke Platte zurückspringend aufliegt, deren senkrechte Aussen-
seiten mit gross gehaltenen, über (Silens-?) Köpfe gelegten Epheugewinden verziert
sind. Man glaubt einem Dionysosheiligtume, das ja zu den vornehmsten in Pergamon
gehörte, nahe zu sein.

Von grossem Reichthum und höchster Zierlichkeit ist unter den architektonischen
Ornamenten das leider nur aus wenigen Trümmern noch kenntliche Rankenornament
mit dem eingefügten Bilde einer Eule. Durch einen Inschriftrest auf dem oberen
Rande wird es der ersten Kaiserzeit zugewiesen. Eule und Adler, die heiligen Thiere
der beiden Hauptburggötter, kehren auch im Ornament eines Friesbalkens, der am
Thore gefunden wurde, wieder (s. oben S. Sy). Eine Fülle kleiner Architekturglieder
von einstweilen unbestimmbaren Bauten, welche alle sorgfältig gesammelt sind, ent-
ziehen sich der Aufzählung an dieser Stelle.

Dem entscheidenden Schritte, welchen die k. Museen mit der ersten pergame-
nischen Campagne, hoffentlich auch durch Betheiligung an den Funden von Olympia,
auf Einbegreifen auch der Architektur in ihr Sammelgebiet gethan haben, hat in der
zweiten Campagne der Fortgang nicht gefehlt. Das Aufbausystem des Athena-
tempels, sowie das der ihn umgebenden Halle sind beide in einem zweisäuligen
Ausschnitte für die Wiederautrichtung im Museum gesichert. Sie reihen sich den
Systemen des Augusteums und des Gymnasiums aus der ersten Campagne an. Von
da her harrt ihrer Aufstellung auch noch die ganze Exedra Attalos des Zweiten, vor
Allem aber der grosse Altarbau. Dessen Reconstruction ist jetzt bereits sammt der
Herstellung grosser Zusammenhänge der Reliefcomposition so weit gesichert, dass die
Wiederaufrichtung des ganzen Wunderwerks in einem eigens dafür herzustellenden
Lichtraume gefordert werden muss und gewiss als eine dann einzig dastehende Er-
scheinung auch zur Durchführung kommen wird.
 
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