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Stiller, Hermann
Altertümer von Pergamon (Band V,2, Text): Das Traianeum — Berlin, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.917#0008
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Tempelanlage korinthischen Stils hinwiesen. Frühere Besucher waren geneigt, in ihr
das Athenaheiligtum von Pergamon zu erkennen, das aber inzwischen an anderer, nahe-
gelegener Stelle nachgewiesen ist, wie Bd. II dieses Werkes darlegt. Wir selbst glaubten
anfangs das Augusteum an dieser hervorragenden Stelle suchen zu dürfen, aber auch das
war irrig.
In zwei Ausgrabungsperioden wurde das gesamte Tempelgebiet freigelegt und
ihm so viel abgewonnen, dass eine Rekonstruktion im grossen und ganzen gesichert und
auch der wahre Name der Anlage festgestellt werden konnte. Im Winter 1879/80, wo
mir Otto Raschdorsf bei den Arbeiten zur Seite stand, gelang es in der verhältnismässig
kurzen Zeit von etwas über zwei Monaten den Tempel und den Tempelhof freizulegen,
die im Osten und Werten den Hof umgebenden Hallen teilweise aufzudecken und die
Gewölbe unter dem Tempelfelde, soweit es nötig schien, auszuräumen. Noch ein Mal,
im Jahre 1885, war es mir gestattet, nach Pergamon zurückzukehren, und damals wurden
die Nord-, Ost- und Westhalle vollständig freigelegt und auch den Kopf bauten der letzt-
genannten beiden Hallen eingehende Untersuchungen zugewandt. Funde hinabgestürzter
Bauteile, welche bei der Abräumung der Theaterterrasse auf deren Nordende gemacht
wurden, vervollständigten das gewonnene Material. Um alle Gewölbe unter dem Tempel-
felde ganz zu reinigen und den Abhang unterhalb der grossen Stützmauer, der ebenfalls
untersucht wurde, bis zur Theaterterrasse hinab gänzlich abzugraben, erschien uns die
aufzuwendende Arbeit im Verhältnisse zu dem zu erwartenden Gewinne allzu gross.
Von der Stärke der aus dem Tempelfelde zu beseitigenden Erdschicht, welche
mit grossen Architektur-Blöcken durchsetzt war, giebt uns Taf. XXX eine Vorstellung,
Taf. II dagegen zeigt das Tempelfeld nach der ersten Ausgrabung im Winter 1879/80.
Damals war der Tempelkern freigelegt, in wirrem Durcheinander reihten sich die Archi-
tekturteile des Tempels und der Nordhalle, hier und da noch in ihrer alten Falllage.
Räuberische Hände, welchen zumal die Stufen, die dünnen Verkleidungs- und Belags-
platten, die Wandquadern willkommenes Material boten, hatten nach dem Einsturz
so gründlich gehäust, dass der Kern des Tempelunterbaus seines Marmors entkleidet
war. Die schwer verwendbaren, grossen, bildhauerisch bearbeiteten Architektur-Stücke
hingegen lagen weniger berührt zumeist an der Nord-, Ost- und Westseite.
Die Gesamtanlage stellt sich dar als ein zum grössten Teil auf mächtigen Gewölbe-
Unterbauten geschafsenes Feld von rund 60 zu 70 m, aus dessen Mitte der Tempel aus-
ragte und welches nach Norden, Osten und Welten von Hallenbauten eingeschlossen
wurde. Die Untersuchung, über welche im Nachfolgenden ausführlich berichtet wird,
hat ergeben, dass drei Bauperioden zu unterscheiden sind. In der Königszeit wurde
bereits an dieser Stelle ein Platz hergestellt, der im Norden durch eine noch erhaltene
niedrige Stützmauer begrenzt war, dessen südlicher Abschluss aber verschwunden ist
und von dessen Schmucke eine noch an ihrer ursprünglichen Stelle vorgefundene halb-
runde Exedra herrührt. Sodann wurde unter Trajan der Platz für dessen Tempel mit
der grossen Stützmauer im Süden, zunächst noch ohne Hallenanlagen, hergerichtet und
 
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