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Max Perl <Berlin> [Hrsg.]
Bibliothek Ferruccio Busoni: Werke der Weltliteratur in schönen Gesamtausgaben und Erstdrucken, illustrierte Bücher aller Jahrhunderte, eine hervorragende Cervantes- und E. T. A. Hoffmann-Sammlung, Bücher mit handschriftlichen Dedikationen, ältere und neuere Literatur aus allen Wissensgebieten, Musik ; Versteigerung: 30. und 31. März 1925 (Katalog Nr. 96) — Berlin, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.22979#0013
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Eine Bibliothek, die, wie die Ferruccio Busonis, so ganz auf die
Individualität und Liebhaberneigungen ihres Schöpfers aufgebaut
■war, muß mit dessen Hinscheiden, ihres wahren Zweckes beraubt,
ein heimatloser Torso werden. Nur der allumfassende Geist dieses Mannes,
der allem den Stempel seiner starken Persönlichkeit aufzwang, hielt diese
mit der Liebe und Hingabe des echten Bücherfreundes mühsam und sach-
kundig zusammengetragenen Kostbarkeiten aus den widerstrebendsten
Geistesgebieten sinnvoll umspannt und schuf sich in dieser ihm so ver-
trauten Umwelt, in der er die glücklichsten Stunden seines arbeitsfrohen
Lebens verbrachte, ein getreues Abbild seines buntschillernden Wesens.

Dieser Faustnatur waren in ihrem unersättlichen Weiterstreben keine
Grenzen gezogen. Wie dem Musiker die enge Welt des Klaviers, dessen
unbestrittener Meister er geworden, bald nicht mehr genügen konnte, wie
er die ruhmgekrönte Bahn des Virtuosen, dem alle Welt begeistert zu-
jubelt, einem inneren Drange folgend, gegen die dornenvollen Pfade des
selbstschaffenden Komponisten eintauschte, der kühn den Fuß auf Neuland
zu setzen wagt und als Bahnbrecher sich mutig Weg und Form selbst
gestaltet, so sprengte sein rastloser Geist auch die Bande der Nationalität.
Busoni war weder Italiener noch Germane, er war Kosmopolit, der mit
ungewöhnlicher Aufnahmefähigkeit die Kunst und Kulturen aller Länder
und Völker einsog und mit Eigenem durchdrang. In ihm kämpfte zeit-
lebens das Blut einer deutschen Mutter mit dem ererbten Temperament
und unsteten Drang eines fremdstammigen (italienischen) Vaters, und wenn
ihn auch eine innere Zwiespältigkeit immer wieder zu romanischen Idealen
hintrieb, so wurzelte er doch — wie er ja, so weit ihn die Lebenswoge auch
in aller Herren Länder herumgeworfen hat, immer wieder sein Heim in
Deutschland aufgeschlagen hat — im Grunde tief und fest in der deutschen
Kunst. Bach und Mozart waren seine musikalischen Gottheiten, deren
Werken er ein unermüdlicher Vorkämpfer blieb. In der Literatur galt
seine Liebe einem Spanier und einem Deutschen. Schon als Knabe ver-
schlang er gierig die Schilderungen des „Don Quichotte" und Cervantes
nimmt in der Bibliothek des reifen Mannes (mit 176 Bänden in sieben
Sprachen vertreten) den ersten Platz ein. Neben ihm behauptet sich die
sagenumwobene Gestalt E. T. A. Hoffmanns, dessen Werke Busoni
immer wieder in ihren Bann schlugen und deren eines er seinem bedeutend-
sten dramatischen Werk, der musikalisch-phantastischen Komödie „Die
Brautwahl", zu Grunde legte. Wohin ihn auch seine Künstlerfahrten führten
— längere Etappen bedeuteten die Städte Graz, Bologna, Leipzig, Helsing-
fors, Moskau, Petersburg, Boston, Berlin (wo er sich ab 1894 ständig nieder-
läßt), Weimar, Wien, Basel und Zürich (das während der Kriegswirren
dem heimatlos Verbannten ein arbeitsreiches Asyl bot) — überall in der
alten und neuen Welt forschte er nach vergriffenen Ausgaben und Kost-
barkeiten der Werke seiner Lieblingsdichter oder anderen bibliophilen
 
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