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Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) — 1933 (Juli bis September)

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Nr. 200-225 (1. - 30. September)
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„HelvrlLrrger VoN-Ltatk" - Dienstag, de« 12. EepüemLer 1^3

Nr. 209

Neuliches Reich
ilntrrstützt den Kamvr der
öfterreichlsOen Nrüber
Berlin, 9. Sept. Die Reichspropagan-
daleitung der NSDAP, erläßt 'einen
Aufruf, in -dem es heißt:
Unsere deutschen Brüder in Oester-
reich stechen mitten in ihrem Befreiungskampf

Vortrag, in dem er sich über die Maßnahmen der
Regierung Dollfuß und die Forderungen der
NSDAP in Oesterreich aursprach. Zum letzten
Punkt sagte er:
Die nationalsozialistische Bewegung Oesterreichs
erstrebt nach wie vor eine friedliche Lösung, aber
sie ist heute weniger denn je geneigt, von den
grundsätzlichen Forderungen abzugehen, die sie sei-
nerzeit der Regierung gestellt hat. Sie verlangt:
Volle Wiederherstellung ihrer Rechte
und Freiheiten als politische Partei nach
dem Buchstaben und dem Sinn der Verfassung und
der Gesetze; Zurücknahme aller Maßregeln gegen
die Führer und Mitglieder der Bewegung; Betei-
ligung an einem Uebergangskabinett in
einem ihrer Stärke entsprechenden Verhältnis;
Ausschreibung von Neuwahlen zum nächst-
möglichen Termin, mit daraus folgender Bildung
einer Regierung nach dem Schlüssel des Wahl-
ergebnisses,
Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder
dieBefürchtung geäußert und von Wien aus
naheliegenden Gründen planmäßig genährt wird,
als ob ein Zurmachtkommen des Nationalsozialis-
mus gleichbedeutend sei mit der Vollziehung
des Anschlusses an das Reich ohne Rück-
sicht auf die bestehenden Verträge, wodurch dann
zwangsläufig europäische Verwickelungen entste-
hen würden, so kann eine solche Darstellung nur
aus Unkenntnis oder Böswilligkeit gegeben wer-
den. Die NSDAP Oesterreichs hat niemals einen
Zweifel daran gelassen, daß sie in den Verträgen
von St. Germain und Versailles eine Verge-
waltigung des deutschen Volkes in Oesterreich
erblickt, und daß ihr höchstes programmatisches
Ziel die Vereinigung Oesterreichs mit dem Reich
ist. Sie hat aber ebensowenig jemals einen Zwei-
fel daran gelassen, daß sie dieses Ziel und die Ab-
änderung der ihm entgegenstehenden Verträge
nuraufdemWegederfriedlichenVer-
ständigung mit allen in Frage kommenden
Mächten erstrebt.

Das farbenfrohe Bild in den belebten Stra-
ßen der Stadt wurde durch die in ihren hei-
matlichen Trachten marschierenden Tiroler
Standschützenkompagnien mit ihren Musik-
kapellen noch belebter, als diese gegen mittag
zum Heldenplatz in die Burg zogen, wo vor
dem Denkmal des Prinzen Eugen eine Ge-
denkfeier stattfand.
Unter den verschiedenen Nationen, die zum
Katholikentag gekommen sind, sind auch die
Ukrainer zu erwähnen. Ihre Teilnehmerzahl
ist gegen die ursprünglichen Anmeldungen
zurückgeblieben, da den Ukrainern von den
polnischen Behörden Ausreiseschwierigkeiten
gemacht und ihnen nicht so wie den Polen das
Ausreisevisum ohne Gebühren gegeben wurde.

Front
der Bundeskanzler fort, so selbstverständlich
deutsch, daß ich es eigentlich als überflüssig
empfinde, das eigens zu betonen. Selbstlosig-
keit und deutsche Treue sind Tugenden, dis
wir in unserer Heimat pflegen. Wir werden
uns davon auch nicht abbringen lassen, wenn
man uns unser ehrliches Deutschtum immer
wieder absprechen will. Wir überlassen das
Urteil, wer dem Deutschtum Lesser gedient
hat, nachkommenden Generationen. Wir ha-
ben uns in der Welt Freunde erworben. Wir
sind und müssen uns dessen bewußt sein, daß
wir Deutsche sind; und wenn uns
auch der große deutsche Bruder heute absicht-
lich oder unabsichtlich mißversteht — wir
haben uns immer nur gewehrt und niemals
angegriffen. Ich habe die Bereitschaft zur Zu-
sammenarbeit immer wieder betont, kann aber
dieser Tatsache heute nicht mehr hinzufügen,
weil dies ein Winseln wäre Wenn auch
Oesterreich ein kleines und armes Land ist,
deswegen hat es aber doch ein Recht auf Ehre.

Delisuß über seine Ziele
Rede bei der Kundgebung der Vaterländischen
Wien, 11. Sept. Im Rahmen des Katho-
likentages fand heute auf dem Trabrennplatz
die Kundgebung der Vaterländischen
Front statt, in der Bundeskanzler Dr. Doll-
fuß eine Rede hielt. Der Bundeskanzler setzte,
wie das Wolff-Büro berichtet, zunächst aus-
einander, was seine Regierung seit der Aus-
schaltung des Parlaments geleistet habe. Das
Parlament werde übrigens, so wie es
war, nicht mehr wiederkommen. Wir wollen
nicht gewaltsame Politik treiben, wir sind aber
verpflichtet, die Ruhe des arbeitenden Volkes
vor allen Eewaltmaßnahmen zu schützen. Nun
stehen wir vor dem Neuaufbau unserer Hei-
mat. Wir sind unter allen Umständen gewillt,
uns von keiner terroristischen Bewegung über-
rumpeln zu lassen, und wir sind untet allen
Umständen allen Situationen gewachsen. Ich
richte noch einmal den Appell an alle Oester-
reicher, Einsicht zu bewahren, nicht falschen
Hoffnungen nachzulaufen, treu zum österrei-
chischen Staat zu stehen und zu ihm zu halten, vreu;r uui a^gre.
so lange es noch Zeit ist. Unsere Politik ist Wir sollen uns gemeinsam zu Oesterreich als
darauf gerichtet, Ordnung und Frie- unserem Heimattlande in der vaterländischen
d en zu erhalten. Die Zeit des liberalistischcn Front bekennen, und ich hoffe, daß in der
Kapitalismus und der liberalkapitalistischen allernächsten Zeit Beschlüsse gefaßt werden,
Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ist vor- daß alles, was hinter der Regierung steht, ge-
über, die Zeit der marxistischen Volksführung meinsam in der großen patriotischen Bewe-
ist vorüber, die Zeit der reinen Parteiherr- " " " '
schäft ist vorüber! Wir lehnen Gleichschaltung
und Terror ab, wir wollen den sozialen christ-
lichen Staat Oesterreich auf ständischer Grund-
lage aufbauen. Der ständische Aufbau ist eine
Aufgabe, die diesen Herbstmonat konkrete Ge-
stalt finden wird. Der Bundeskanzler besprach
dann das Wesen der berufsständischen Auffas-
sung. Auch auf sozialem Gebiet stehe die Re-
gierung unmittelbar greifbaren Aufgaben
gegenüber. Die Aufbringung der Kosten für
die soziale Fürsorge und die Unterstützung
der Arbeitslosen müsse auf andere Grund-
lagen gestellt werden. Ein Drittel der Ar-
beitslosen könne wieder in Arbeit gebracht
werden.
Dollfuß führte dann aus: Niemals werden
wir den Arbeitern ihr Leben und ihre Grund-
rechte nehmen, denn ein gerechter und christ-
licher Staat muß gerade dem Anspruch der
Arbeiter gerecht werden. Wir sind, so fuhr

politische Tätigkeit verboten! Jede Propaganda
im deutschen Sinne wird mit Terror unter-
drückt! Jeder Deutsche hat unter diesen Verhält-
nissen die nationale Pflicht, unsere Brüder in
Oesterreich in ihrem Kampfe zu unterstützen
Kder, der Verwandte, Freunde oder Bekannte
m Oesterreich hat, muß ihnen schreiben und sie
darüber aufklären, was Wolf Hitler bisher für
das deutsche Volk geleistet hat und wie es in
Deutschland wirklich .wussieht! Ebenso soll er
Ausschnitte aus Zeitungen, die den wirtschaft-
lichen und politischen Aufstieg Deutschlands be-
handeln, fortlaufend nach Oesterreich senden.
Wenn Mer Deutsche setzt seine Pflicht tut
und die geschilderte propagandistische Arbeit
auf sich nimmt, kan die Knebelung der national-
sozialistischen Presse und Propaganda in Oester-
reich zehnfach wettgomacht werden. Volksgenos-
sen, auf ans Werk! Es geht um die Erhal-
tung des Deutschtums in Oesterreich!
Stärkt unserve Brüder in ihrem Abwehrkampf!
Treue um Treue bis zum Sieg!
„Verständigung mit Dollfuß?"
Ein Rundfunk-Vortrag Habichts.
München, 10. Sept. Der Landesinspekteur der
NSDAP für Oesterreich, Habicht, hielt am
Sonntagabend im bayerischen Rundfunk einen

Vom Katholikentag in Men
Air Msntagsvrranstaltungen
Wien, 11. Sept. Die Veranstaltungen des
Katholikentages fanden Montag früh ihre
Fortsetzung mit religiösen Feiern, die in allen
größeren Kirchen Wiens abgehalten wurde.
Bereits in den frühen Morgenstunden mar-
schierten viele Vereine unter Vorantritt von
Musikkapellen durch die Straßen der Stadt
zu verschiedenen Kundgebungen, kirchlichen
Feiern und zu einem Festgottesdienst in den
Stephans-Dom, an dem sich unter Teilnahme
der in Wien anwesenden Kardinäle, Bischöfe
und der anderen kirchlichen Würdenträger
eine feierliche Prozession in die Kapuziner-
Gruft, der Ruhestätte der verstorbenen Mit-
glieder des ehemaligen Kaiserhauses, anschloß.

gung zusammenarbeitet.
AenzzwisAlifall an der östemlchM
Lammen Grenze
Salzburg, 11. Sept. Nach einer Meldung der
Amtlichen Nachrichtenstelle geriet der Gendarm
Michael Adam im gebirgigen Abschnitt zwi-
schen dem Halleiner Gebiet und der bayerischen
Grenze als Patrouillenkommandant mit zwei
Hilfsgendarmen des Freiwilligen Schutzkorps
unversehens ungefähr 50 Meter weit auf baye-
rischen Boden. Die Patrouille wurde von
zwei SS.-Männern angehalten und aufgefor-
dert, zum bayerischen Zollamt in Zill zu kom-
men, wo der Gendarm vom Sonderkommissar
Bogner aus Berchtesgaden wieder freigelassen
wurde, während die beiden Hilfsgendarmen in
Schutzhaft genommen urden. Zu ihrer Frei-
lassung wurden von österreichischer Seite be-
reits Schritte unternommen.

Marnt-GtöerMirrn in Frankreich
Paris, 11. Sept. In Msaux, Nancy und
Longwy -wurden geistern Marne-Gedenkfeiern
abgchülten. Bei der Gedenkfeier in Meaux hielt
Penfionsmimster Millet eine Rüde, in der er
behauptete, Deutschland halbe auf seinen impe-
rialistischen Willen nicht verzichtet. Frankreich
müsse sich vor Angst hüten, denn dadurch werde
die Gdfähr nur vergrößert. Frankreich diene, in-
dem es seine Verteidigung sichere, der Sache der
Demokratie und der Zivilisation. Bei einer
Denikmalswsihe in Longwy hielt der französische
General Weygand sine Ansprache, die nach der
„Liberte" wie folgt schloß: Die Welt hat oft in
Frankreichs Würde,' in Frankreichs Klugheit
und 'in Frankreichs Macht ihr Vertrauen gesetzt.
Frankreich hat die Mittel und es muß die Mittel
bchoilten, die es ihm ermöglichen, stets das zu
tun, 'was man von ihm erwartet.

besonderes Augenmerk zuzuwenden und beim In-
nenministerium eine amtliche Stelle, ein Gesund-
heitsamt, zu ihrer Bearbeitung einzurichten.
Nach einer eingehenden Aussprache, in welcher
zahlreiche weitere Fragen zur Sprachen kamen,
schloß der Ministerpräsident um 12.45 Uhr die
Sitzung.
Air LMchr Regierung M der
BraMütte
Oeschelbronn, 11. Sept. In den Nachmittags-
stunden des Montag traf Reichsstatthalter Robert
Wagner wiederum an der Brandstätte ein und
mit ihm Ministerpräsident Köhler, Innenmini-
ster P f l a u m e r sowie Polizeioberst Vaderodt
(Kultusminister Wacker war bereits am Sonntag
hier). Die Regierungsmitglieder hatten mit dem
Landrat von Pforzheim eine Besprechung über die
zunächst zu ergreifenden Hilfsmaßnahmen für die
Brandgeschädigten.
Wie schon berichtet, spendete die badische Regie-
rung als erste Hilfe 20 000 RM., 8000 RM. wurden
vom Arbeitgeberverband Pforzheim gestiftet und
das Hauptorgan der NSDAP in Vaden, der „Füh-
rer", hat gleichfalls 1000 RM. gegeben. Weitere
Geldspenden aus Baden und aus dem Reich sind
bereits angekllndigt.
Es werden sofort Sammlungen für Lebens-
mittel, Kleider und Futtermitteln veranstaltet, die
durch eine aus Bewohnern der Gemeinde Oeschel-
bronn gebildete Kommission zur Verteilung ge-
bracht werden sollen. Reichsstatthalter Robert
Wagner versicherte zu wiederholten Malen die
Brandgeschädigten der tatkräftigen Hilfe des Lan-
des.
Ausruf drs MMttUiWMkn
Köhler
Rascheste Hilfe notwendig
Karlsruhe, 11. Sept. Wie die Pressestelle beim
Staatsministerium mitteilt, hat der badische M i -
nisterpräsidentKöhler folgenden Aufruf
erlassen:
Die Gemeinde Oeschelbronn im Amtsbezirk
Pforzheim wurde von einer furchtbaren Brandka-
tastrophe heimgesucht. Die Hälfte des Ortes mit
über 200 Gebäuden liegt in Schutt und Asche; über
500 Einwohner sind obdachlos geworden. Wenn
auch ein Teil der Fahrnisse gerettet werden konnte,
so ist dos die ganze Ernte der Betroffenen ver-
nichtet.
Um der dringend st en Not abzuhelfcn, ist
rascheste Hilfe nötig. Reichsstatthalter und
Landesregierung haben sofort erhebliche Geldbe-
träge zur Verfügung gestellt. Eins Geldsammlung
in der Allgemeinheit ist von dem Herrn Reichs-
statthalter bereits eingeleitet. Die Behörden wer-
de« im übrigen alles daran setzen, der Not des Or-
^tes zu begegnen; die hierwegen erforderlichen
' Maßnahmen sind im Gange.
Darüber hinaus aber ist notwendig eine als-
baldige ausreichende Hilfe durch Spenden von Le-
bensmitteln, Futtermitteln, Kleidungsstücken und
sonstigen Sachbedarf jeder Art. Die badische Re-
, gierung Littet daher dringend, Spenden dieser Art
raschester» unmittelbar an das Bürgermeisteramt
, Oeschelbronn einzusenden. Geldspenden ersucht sie
mit dem Vermerk „Vrandkatastrophe Oeschelbronn"
an die städtische Sparkasse Karlsruhe (Postscheck-
konto 18 805) zu überweisen.
Württemberg spricht sein Beileid aus
3000 Mark-Spende.
Karlsruhe, 11. Sept. Wie die Pressestelle
beim Staatsministerium mitteilt, hat der würt-
, tempsvgiische Ministerpräsident Mergentha-
iler an den badischen Ministerpräsidenten Köh-
ler folgendes Telegramm gerichtet: „Mr
badischen Regierung spreche ich namens der
württembergischen Regierung das herzlichste
i Beileid aus zu dem schweren Brandungl-Lck,
das die badische Gemeinde Oeschelbronn heim-
gesucht hat. Als Ausdruck nachbarschaftlicher
Verbundenheit und zur ersten Hilfe für die ob-
dachlos gewordenen Familien hat die württem-
bergische Regierung 3 0 00 RM. zur Berfü-
- gung gestellt."
Die ersten Spenden gehen ein.
Karlsruhe, 11. Sept. Der Aufruf des Reichs- , . , , , „ .,
statthalters Robert Wagner an das deutsche Die separatistische Regierung Dollfuß wehrt
Volk, zur Linderung der großen Not in Osschel- sich verzweifelt durch Terror und Verfassungs-
bronn Geldspenden an die Städtische Sparkasse brach. Der NSDAP. Oesterreichs aber ist jede
in Karlsruhe zu richten, hat, wie wir hören, —.-
bereits lebhaften Widerhall gefunden.
Die Parfümeriefabrik F. Wolff u. Sohn
in Karlsruhe hat am Montag vormittag für
die Brandgeschädigten 'dem Reichsstatthalter
einen Betrag von 1000 Mark zur Verfü-
gung gestellt.

Amerikanische Universitätsprofessoren übe«
das neue Deutschland
Newyork, 11. Sept. Der Dekan der Har;
vard-llniversität Henry Holmes erklärte bei
seiner Rückkehr aus Europa, er habe seine An-
sicht über die Regierung Adolf Hitlers geän-
dert, nachdem er in Europa gewesen sei. Er
glaube nunmehr, daß das Hitler-Regime für
Deutschland eine Notwendigkeit sei, das gegen
die furchtbaren Schranken ankämpfe, die ihm
durch den Vertrag von Versailles auferlegt
worden sind. Deutschland habe dadurch seine
Selbstachtung, seine Einheit und sein Ver-
trauen wiedergewonnen.
Prof. William Nitze von der Universität
Chicago bemerkte, daß Hitler unbedingt aus
die großen Massen des deutschen Volkes rech-
nen könne und letzten Endes trotz aller
Schwierigkeiten einen nationalen Erfolg er-
ringen werde.
„Daily Mirror" für eine Revision von
Versailles
London, 11. Sept. In einem Leitartikel zur
Abrllstungstagung vertritt der zur Rother-
mere-Eruppe gehörige „Daily Mirror" die
Ansicht, daß früher öder später die Ungerech-
tigkeiten von Versailles revidiert werden
müßten. Die öffentliche Meinung in Italien
und in England sei seit langer Zeit für eine
ehrliche Untersuchung dieser gefährlichen Irr-
tümer gewesen. Zweifellos gebe es auch Leute
in Frankreich, denen die Gefahr des polnischen
Korridors und des ungarischen Problems
deutlich ist.
Ausland
SKwieriMtrn brr neuen
kuLlmMn Rrglerung
Havanna, 11. Sept. Nach der feierlichen Ein-
führung des Präsidenten San Martin in sein
neues Amt fanden in Havanna Kundgebungen ge-
gen den Imperialismus der „Tankees" und die An-
wesenheit der amerikanischen Kriegsschiffe statt.
Kubanische Agitatoren beschuldigten San Martin,,
ein Werkzeug der „Machinationen von Wall-'
street" zu sein. Dann traten kommunistische Red-
ner auf, die gleichfalls scharfen Protest gegen die'
Regierung San Martin einlegten. Offiziere des
Heeres forderten die Wiedereinsetzung des gestürz-
ten Präsidenten Cespedes. Die Meinungsverschie-
denheiten zwischen der Armee und der neuen Re-
gierung werden aber trotzdem nicht für so -roß
gehalten, daß sie nicht lösbar scheinen.
Einsttm für Kriegsdienst -
gegen NMtWanb
Brüssel, 11. Sept. Die Zeitung „La Patrie Hu-
maine" veröffentlicht den Text eines Briefes von
Prof. Einstein an den Brüsseler Antimilitaristen
Nahon. Einstein erklärt darin, daß er an sich die
Kriegsdienstverweigerung stets befürwortet habe,
und zwar so lange, als man noch hofftn konnte,
mit Erfolg den Militarismus in Europa durch
Kriegsdienstverweigerung des einzelnen Menschen
zu bekämpfen. Aber heute befinde man sich ganz
anderen Umständen gegenüber; es gebe in Europa
einen Staat, der öffentlich mit allen Mitteln den
Krieg vorbereite. Unter diesen Umständen befän-
den sich die lateinischen Völker, vor allem Frank-
reich und Belgien, in sehr großer Gefahr und könn-
ten nur auf ihre eigene Vorbereitung zählen.
Wenn Belgien vom heutigen Deutschland besetzt
würde, so würde das zweifelsohne noch viel schlim-
mer sein als 1914. Wenn er, Einstein, Belgier
wäre, würde er die Militärdienstpflicht unter den
gegenwärtigen Umständen nicht verweigern, son-
dern sie im Gegenteil mit voller Gewissenhaftig-
keit übernehmen. — Prof. Einstein ist bekanntlich
erst vor einigen Tagen von der Ereuelhetze gegen
Deutschland abgerückt mit der Erklärung, daß er
sich nur der Fürsorge für die Emigranten und nicht
der politischen Agitation widme. Diese Erklärung
gewinnt durch diesen Brief, mit dem sich der Radi-
kalpazifist Einstein offenbar bei den westlichen
Rüstungsinteressenten anzubieten sucht, nicht an
Glaubwürdigkeit.
Anordnungen dos Stellvertreters
des Führers
München, 11. Sept. Der „Völkische Beobachter"
veröffentlicht drei Anordnungen des Stellvertre-
ters Rudolf Hetz, in denen es heißt:
Nationalsozialistische (faschistische) oder ähnliche
Organisationen fremder Staaten, auch solche, die
ihren Sitz in Deutschland haben, sind nicht berech-
tigt, sich auf die NSDAP zu berufen. Den Dienst-
stellen der NSDAP wird untersagt, mit diesen Or-
ganisationen Beziehungen zu unterhalten.
Allen Dienststellen wird untersagt, Einladungen
zur Teilnahme an Parteiveranstaltungen usw. an
Angehörige fremder Staaten ergehen zu lassen, in-
begriffen sind insbesondere die Mitglieder des di-
plomatischen Korps. Für derartige Einladungen
ist lediglich die Reichsparteileitung zuständig.
Wie festgestellt wurde, haben verschiedentlich
kommunistische und marxistische Spitzel versucht,
Nationalsozialisten, insbesondere SA- und SS-
Männer, zu Gewalttätigkeiten gegenüber in
Deutschland weilenden Ausländer zu verleiten, um
dadurch außenpolitische Schwierigkeiten hervorzu-
rufen. Ich warne nachdrücklichst vor dieser Spitzel-
tätigkeit. Jeder Nationalsozialist, welcher in
irgend einer Form der Arbeit der Provokateure
Vorschub leistet, sei es auch nur durch Belästigung
von als Gästen in Deutschland weilenden Auslän-
dern, hat schwerste Strafen, einschließlich Aus-
schluß aus der Partei, zu gewärtigen.
 
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