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Druck von Gebr. Huber in Heidelberg.

/ ^Dr-eFöb/r /iH/VZi-// /o/TZe. Ack öi-.-f/c-, S-e/' öe? arw-
/ öe/lerr wäre, wemr r'ck se/Sff HrrrfaHre/r t>Hä/e mr wir He/ Eb--
Unsürckswurm wtederhotte. Nachmittags um zwee Uhr steffe
ick schon in Dresden aus. Ratierlich wende ick mir zuerst
au den Inspektor. Als ick ihm sage, wer ick bin,, lacht er
son bisken und meeni denn: „Ja, mit Ihren Mann haben
die Leite sich wohl einen Spaß erlaubt. Er kommt hier an .
un sieht sich wirr us'n Bahnhof um un msent, er is in
Lichterfelde, un jebsrdet sich so sonderbar, det ick ihm zuerst
arretieren lassen wollte. Sein Billet war aber in Ordnung-
jewesen. Ick habe mir denn den Schaffner heranholen
lassen, un der sagte mir, det am Abend vorher zwee Herren
Ihren Mann nach'u Anhalter Bahnhof in Berlin gebracht
hätten, un Ihr Mann wäre stark betrunken jeweserr. Un sie
hätten ihn in eenen Wagen in ds Ecke jesetzt un hätten dem -
Schaffner jesagt, er möchte ihn bis Dresden man ruhiK schla-
fen lassen, un hätten dem Schaffner gleich sein Billset jege-
ben, wat ooch bis Dresden selbst war. So hat er denn ooch
richtig bis Dresden jeschlafen." „Un wo kann ick ihn denn
jetzt in Oogenschein nehmen?" frage ick den Inspektor. „Die.-
Nacht ieber hat er in'n Wartesaal jesessen un jeschlafen-,. Uwe
heite Morsen hat er auf meinen Rath an Ihnen nach Jeld
debeschirt. Als Sie aber bis Mittag noch nischt jeichickt hat-
ten, da hat er seine joldene Uhr un Kette für dreißig- Mark'
versetzt un is mit dem Ein-Uhr-Zuge nach Leipzig jefcchren^.
wo er ja woll eene Schwester zu wohnen hat." Ick bin starrr
un kann blos noch sogen: „Ick danke Ihnen, .Herr In-
spektor." Abends bin ick ooch in Leipzig. Aher als ick am
die Wohnung von meine Schwägerin rankomme, is Mens-
dunkel, un der Portjeh sagt, sie wäre verreist. Da wäre aur:
Nachmittag schon een Herr jewesen, der mächtig nach Schnaps-
jerochen hätte, der hätte ooch nach ihr jefragt. Ick sage,, ja-
woll, den kenne ick, un sehe voller Wuth wieder weg. Den
anderen Mittag bin ick wieder in Lichterfelde. Mein
Willem, war ooch wieder da, er lag in't B Lte un hatte-
mächtig mit Schnarchen zu dhun. Uf'rr Abend haben wir'
uns denn jesenseitig ausjesprochen, un den anderen Dagl
mußte ick mir eenen neien Beesen stiel koofen, während
Willem immer wat von Scheid, nlasfen sprach. Warum, weeff
ick nich. Nach drU Dage is er wieder .nach Berlin jefahren^
un wie ick man gegärt habe, soll er mit dem Klempner'
Schulz abjerechuet haben, der ihn nach dem Bahnhof zer-
bracht un det Billet für ihn nach Dresden jelöst hat. Schutz,
soll een bisken jeblutet haben So is die Jeschichte.
Durch die Beweisaufnahme wird dargetha - , daß den
Angeklagte den Zeugen mit einem Bierglas auf den Kopf
geschlagen hat, als dieser ihn höhnisch fragte, wie es ihm irr.
Dresden gefallen habe. Der Angeklagte soll 30 Mark
Strafe zahlen.

^zzzr»' z^zz^z^z- e-zzzzzz-x zz/zzzzzzzzzzzzz/L'/zzz'//Z'ZZL'ZZ -bz'/z/7z'zz
7/zach/e /r'ch rÄ /eöer- Lwr-eg-z/sA FeZ/Mö, ö/s /H /,,// ,KVr--
per u. Miedern ansfüprie. Und nun der sogenannte Mann/
Auf dem großen Körper saß ein Kopf mit einem Gesicht,
welches völlig nichtssagend gewesen wäre, wenn es nicht den
Hang zu geistigen Getränken verrathen hätte. Der Schnaps
und die Frau schienen ihm jede Willenskraft geraubt zu ha-
ben. Gehorsam wischte er sich mit einem reinen Tuch die
allerdings sehr „thranigen" Augen aus. Es d merte nicht
lange, bis er aufgerufen wurde. Er ist angeklagt. Ein Ge-
richtsdiener öffnet ihm die Thür zum Anklageraum. Die
Frau hält sich dicht neben ihm, auch sie drängt sich dicht
hinter ihm in den Anklageraum.
Bors.: Was will denn die Dame da? Wir haben
in dieser Sache doch nur mit einem männlichen Angeklagten,
dem Rentier Wilhelm Krause zu thun. — Die Frau:
Un ick bin mit ihm verheirath, un wo mein Mann bleibt,
da bleibe ick ooch. Mir kriejen keene zehn Ferde von seine
Seite weg. Und mit einer sehr energischen Bewegung setzte
sie sich hin.
Bors.: Nun, ich habe ja nichts dagegen, bleiben Sie
meinetwegen sitzen. Angeklagter, Sie sind der schweren Kör-
perverletzung beschuldigt, Sie räumen die That wohl ein?
— Die Frau: Nee, er is nich schuldig. (Aufspringend.)
Er hat ieberhaupt jarnischt inzuräumen.
Bors.: Nun hören Sie mal, was fällt Ihnen denn
rin? Wenn Sie noch einmal ein Wort reden, dann lasse
ich Sie hinausbringen. — Die Frau: Is jut, denn setze
ick mir wieder hin, aber Sie werden mir hernach dankbar
sind, wenn ick rede. Die Herren können denn man jleich uf't
Middag- un uf't Abendbrot) verzichten.
Vors.: Angeklagter, wie alt sind Sie? — Ange kill
A—a—a— a—a—acht und— und— und— und— und—und
vierzig Jahr. — Bors.: Gott bewahre, Sie stottern wohl ?
— Angekl.: So'n—fo'n—so'n bis—bis—bisken. — Bors.:
Na, ich danke. Mit Ihnen werden wir wohl nicht weit kom-
men. Ist es immer so schlimm mit ihrem Mann, oder gibt
es sich bald, wenn er länger spricht? — Die Ehefrau:
Sehen Sie wohl, nu mässen Sie mir schon kommen. Nee,
det jubt sich jarnich, im Jejendeel, det wird immer doller,
wie jesagt, vor zehne heite Abend werden Sie nich mit ihm
fertig. Wenn ick ihn ankieke, det er denn keen Sterbens-
wort" rauskriegt. Aber ick wseß so jenau mit die janze Je-
schichte Bescheed, det ick uf allens Auskunft jeben kann.
Vor s.: Nun dann erzählen Sie mal. — Die Frau:
Sehen Sie, ick bin seine zweete Frau. Mein seliger Mann
war Wachtmeester. Wat seine erste Frau jewesen is, hat
ihm Ville zu Ville Willen jelassen, ick habe ihn sozusagen in
völlig verdorbenem Zustand übernommen, indem er kurz je-
halten un immer mit Kandare stritten wern'n muß. Denn
er is eene olle Nulpe, der 'ne unjlückliche Leidenschaft für
den Schnaps hat. Un wat seine Freunde sind, die freuen
sich darüber, wenn sie ihn mir in völlig rechnungsunfähigem
Zustande uf'n Flur legen können. Ick bin schon deßhalb mit
ihm in diesem Sommer nach Lichterfelde gezogen. An einem
schönen Julidag muß ick ihn alleene nach Berlin fahren las-
sen, weil er wat besorgen muß, un ick wejen jroße Wäsche
nich abkommen kann. Ick jebe ihm du Fahrjeld un noch 5
Zwischen extra mit, denn als Mann muß er doch uftreten
können. Dabei premse ick ihm in, det er mir ooch in'n an-
ständigen Zustand nach Hause kommt. Jawoll, det wird
neine, det wird zehne, det wird elfe, mein Willem kommt
nich. Er kommt ooch nich mit'n letzten Zug. Det war eene
schreckliche Nacht für mich. Am andern Morsen jejen achte
rum krieje ick eene Depesche. Aus Dresden. „Schicke mir
jleich per Telejraf 30 Mark. Dein Willem." Mein Jotte
Loch, denke ich, wie kommt mein Mann nach Dresden? Da

Humoristisches.
— Unteroffizier. „Schämen Sie sitz nicht, Einjäh-
riger Huber so miserable Griffe zu machen und dadurch Ihrer
Familie solche Schande zu bereiten: — Ihrem Herr Vater
muß ja im Grabe von dem vielen Umdrehen ganz schwindlich
werden!"
— Beim Zahnarzt. Rebekka: Ich will wer lasten
tödten ein Nerv. Was kostets? — Zahnarzt: Zwei Mark. —
Rebekka: Zwei Mark? Können Sies thun nicht billiger für mich,
ich hab so schwache Nerven?
— Eine Auszeichnung. Großbauer (zu seinem Sohn);
„Sepp, wie lang' mußt d' denn noch studieren, bis d' a Brill
tragen dersst?"
— Die Schwätzerin. Jangs Frau: „Meme innere
Stimme sagt mir —" — Ga-'te: „Um Gotteswillen, eine innere
Stimme hast Du auch noch?" _
Verantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.

Nr. 44 Heidelberg, Sonntag, 3. November 189Z.

Das Kirchweihfest in Sitte und Brauch.
Bon Dr. Joseph Wiese.
Zur Herbstzeit, wenn die Beendigung der Ernte
dem Landmann Zeit läßt, Feste zu feiern, wird in fast
allen Gegenden Deutschlands ein volksthümliches Fest, die
Kirchweih, die Kirmeß, in Süddeutschland in Kerwe, in
Elsaß die Kilbe, in Oesterreich der Kirchtag, im Unterelsaß
der Meßtag begangen. Ursprünglich ein kirchliches Fest
zur Feier der Einweihung der Kirche, hat es diesen Chara'ter
fall vollständig verloren und ist in Sitten und Bräuchen
ein profanes, von biederem, deutschem, kernigem Geiste be-
seeltes Familien- und Volksfest geworden, das meist am
Sonntag beginnt und oft mehrere Tage währt. Dasselbe
in seinen Sitten und Bräuchen zu schildern, ist um so
interessanter, als diese uns einen tiefen Einblick in das
Gemüthsleben unseres Volkes gestatten, das sich bekanntlich
am originellsten und von seiner besten Seite in der Be-
gehung seiner Feste zeigt
Der Gipfel des Volksfestes sind überall die Tanz-
belustigungen, an die schon Wochen vorher gedacht wird.
Einer merkwürdigen Sitte gedenkt Schmitz in seinen „Sitten
und Bräuchen des eifler Volkes". Einige Wochen vor der
Kirmeß werden nämlich von den Burschen die Mädchen des
Dorfes nach Rücksicht auf Schönheit und Tugend an den
Meistbietenden versteigert; der Steigerungspreis variirt
zwischen drei Pfennigen bis 20 Groschen. Der Erlös
wird gemeinsam und gemüthlich verzecht. Auf den An-
fteigerer geht das alleinige Recht über, von dem Tage der
Versteigerung bis zur Kirmeß zu dem betreffenden Mädchen
freien zu gehen; zwei „Hüter" wachen darüber, daß kein
Anderer sich dieses Recht anm-ßt, sie bringen den Ueber-
treter, der Strafe zahlen muß, zur Anzeige. Der An-
steigei er führt auch das Mädchen zur Musik und zum Tanze.
— In Nalbach (Kr. Saarlonis) ist es alte Sitte, daß die
Bauernburschen am Kirchweihfeste nach der Vesper dasjenige
Mädchen „rauben", welches sie an diesem Abende und das
ganze Jahre zu Tanze führen wollen.
Eine Frage von besonderer Wichtigkeit ist die Ver-
steigerung der „Kilbe", die durch den Bürgermeister geschieht,
und deren Erlös in die Gemeindekasse fließt. In Schwaben,
z. B. in Enzklösterle, fragen die ledigen Burschen bei einem
Wirthe an, ob er die Kirchweih halten will; sagt er zu,
so wird bei ihm die Stelle eines „Kilbebuben" verdungen,
der festlich geschmückt wird, das Fest leitet, dafür aber auch
die Musikanten zu bezahlen hat. Eine Lotterie von 100
Loosen zu je sechs Kreuzern gibt die Mittel zur Bestreitung
der Feierlichkeit, zu der auch die Tänzerinnen b isteuern.
In Bayern wählen die jungen Burschen zwei „Blotzknechte",
die das Fest leiten, die Aufsicht über den Tanz führen und
für Speise und Trank der Teilnehmer am „Motz" zu
sorgen haben. Sie selbst wählen sich zur Unterstützung die
zwei „Blotzmädchen" oder „Blotzjungsern". Mit denselben
Funktionen betrauen in Thüringen die jungen Burschen den
„Platzmeister", der zum Zeichen seines Amtes eine „Peitsche"
trägt; in Mähren besorgen die Geschäfte die „Kirwäknechte",
die zu „Kirwämenschern" die Mädchen wählen, welche sich
durch Tugend, Schönheit und Freigibigkeit Hervorthun. In
Eupen besorgen die Burschen das Getränk, wählen einen

„König", dieser eine „Königin", und alle Mädchen helfen
das Getränk zahlen. Am Mittelrhein besorgen die „Gelags-
jungen" die Ausrichtung der Kirmeß. Ist dort die „Kirmeß"
erhoben, wo sie vor einem Jahre begraben war, so bildet
sich daß Reihengelag, wobei die „Gelagsjungen" sich ver-
pflichten, durch Schlagen nnt einer schweren hölzernen Keule
auf einen Pfshl drei oder mehrere Tage je nach der Zahl
der Schläge zu feiern. Das „GUagsgebind" — ein un-
verletzliches Zeichen der Gelagsburschenwürde — wird ihnen
in Gestalt eines rokhcn Bandes von Mädchen auf die Brust
geheftet; vor Ablauf der festgesetzten Kirmeßtage darf es
nicht abgelegt werden.
Eine große Fürsorge wendet natürlich die tanzlustige
Jugend dem Festplatze zu. In oberpfälzischen und fränkischen
Orten liegt der „Plan" oder „Platz" meist im Dorfe, ebenso
in der Pfalz und im E saß; die thüringische Jugend tanzt
auf dem „Anger" o^er „Mahl", einem freien, mit Bäumen
besetzten Platze im Dorfe, in dessen Mitte unter einer Linde
ein großer, runder Stein sich erhebt, auf welchem am dritten
Kirchweihtag der Kirchweihhammel geschlachtet wird, der
Abends verzehrt werden soll. Wo der Gemeindeplatz nicht
mit Bäumen geschmückt ist, werden Mume aus dem Walde
geholt, mi' ihnen der Tanzplatz eingefaßt und in der Mitte
ein besonders großer Baum, der Kirmeßbaum, gepflanzt.
In Elsaß ist es gewöhnlich ein entästeter und bis zum
Wipfel entrindeter Baum; Schmuck trägt er in den ent-
ferntesten Gegenden. So schmückt man diesen „Baum des
Ueberfluffes" in Wälschtirol an der Spitze mit Blumen,
Gold, Kleidern, Weinflaschen und Würsten, nach welchen
Gegenständen wetteifernd barfuß geklettert wird. Im Orte
selbst rüstet man durch Fegen der Straßen, durch Aus-
hängen der Fahnen, „des Zachhäus Hosen" — dieser,
heißt es, sei auf allen Kirchweihen — in den Häußern wird
geschrubbt, gescheuert und geputzt, die Häuser werden nicht
selten neu angestrichen, Kinder und auch wohl Dienstboten
erhalten neue Kleider, die Kilbeknaben machen ihren Kilbe-
jungfern Geschenke an Schuhen, nnd die Burschen lassen sich
von ihren Tänzerinnen die Mütze mit Rosen und Rosmarin
schmücken. Ja, von einzelnen Höfen und Haushaltungen
ergehen besondere Einladungen an entfernt wohnende Ver-
wandte und Bekannte. Endlich ist der eigentliche Festtag
gekommen.
In Orten, in welchen noch nach ehrwürdiger, schöner
Sitte ein Gottesdienst bei der weltlichen Feier stattfindet,
bewegt sich ein feierlicher Zug zur Kirche. So erfreut sich
in Antwerpen der „Ommegang" oder Umzug zur Zeit „der
großen Kirmeß" großer Berühmtheit. Vom Mitielrhein
berichtet Montanus in seinen Volksfesten, daß am Kirchweih-
montag oder Dienstag die Reigenjünglinge mit klingendem
Spiel rn die Kirche ziehen, was früher sogar unter fast-
nachtsartiger Vermummung geschah. In Thüringen erscheinen
einige der Kirmeßburschen am Mittwoch (dem zweiten Kirmeß-
tag) auf dem Tanzplatz zur allgemeinen Freute vermummt
und treiben allerlei Possen, in Böhmen kommen Masken u.
ein Mohr, und im Elsaß ist es ähMch. In katholischen
Ortschaften des ehemaligen Kurfürstenthmns Hessen findet
eine Wallfahrt um die Kirche statt, und in Bayern ge-
schieht am Tage der Kirchweih ein Umritt der Pferde
 
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