Führe mehr: 3,291,998 M. oder 6,49 pCt. Die
Betriebsausgaben haben sich allerdings auch um 3,59
PCt. erhöht, immerhin verbleibt die erfreuliche That-
jachc, daß der Einnahmeüberschuß 12,03 pCt. mehr
als im Vorjahre beträft. Die gesammte Eisenbahn-
schuld wird zu 6,23 pCt. verzinst gegenüber 5,68 pCt.
im Vorjahre. Der Bedarf der Schuldenverwaltung
sür 1895 berechnet sich dagegen auf 4 11 pCt. der
verzinslichen Schuld gegenüber 4,05 pCt. im Vor-
jahre. Die bestreutirende Strecke war Karlsruhe-
Offenburg mit 10,08 pCt. (im Vorjahre 9,64 pCt.).
Die Rente der Privatbahu Karlsruhe Maxau ist von
16,99 pCt. auf 14,14 pCr. gesunken. Keine Reuten
weisen zehn Strecken auf, darunter die Heidel-
berg'Speyerer Bahn.
4» Wie sehr die Zunahme der Geisteskranken in
unserem nervösen Zeitalter stattfindet, beweist wieder,
wie verlautet, die nöthig werbende Einstellung eines
größeren Postens in das kommende Staatsbudget für
Anstaltszwecke. Hat man sich s. Zt. darüber aufge-
halten, daß eine große Landesirrenanstalt bei Em-
mendingen erbaut werde, so darf man sich wohl da-
rüber wundern, daß nunmehr auch die Heil- und
Pflrgeanstalt Illen au eine Erweiterung erfahren
soll. Sowohl die letztere als auch die übrigen Irren -
anstalten und Kliniken des Landes weisen stets Ueber-
füllung auf. _
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diese Rubri! sind uns jederzeit willkommen. — Etwaige
Kosten werden stets sofort ersetzt.)
* Heidelberg, 2. Jan. (MuthmaßlicheS Wetter für
Sonntag, 3. Januar.) Beständig.
* Heidelberg. 2. Jan. Die Sylvesternacht scheint
hier erfreulicher Weise im Ganzen ruhig verlaufen zu sein.
Ausschreitungen, ohne die cs ja wohl nie abgebt, find
weniger vorgekommen, In das nächtliche feierliche Glocken-
geläute mischte sich daS Knallen von.Raketen und Fröschen,
aus den h-llerleuchteten Fenstern schauten überall vergnüate
Gesichter und auf allen Straßen und Gassen rief man sich
ein urkräfliges „Prosit Neujahr" zu.
* Heidelberg, 2 Jan. Im Jahre 1896 sind in der
katholischen Stadtpfarrei Heidelberg 434 Taufen,
barunter 145 in der Frauenklinik, 142 Trauungen und 221
Beerdigungen vorgenommen worden. Es hat sich somit
unsere kathol. Gemeinde allein durch die hinzugekommencn
Kinder um 213 vermehrt.
* Heidelberg, 2 Jan. Wie alljährlich, veranstaltete
der kath- Männergesang-Vsrein .Constantia" eine
Weihnachtsfeier, verbunden mit Gabenverloosung.
Die Feier fand statt im Saale zum Prinz Max. in dessen
Mitte, umgeben von den mit Gaben beladenen Tischen,
ein prächtiger Weihnachtsbaum stand. Der Saal war schon
lange vor Beginn der Feier dicht besetzt und machte sich
der Raummangel in sehr unangenehmer Weise fühlbar.
Wir hatten Gelegenheit, die Gesangsleistungen des Männer-
Msangvereins zu bewundern und uns an denselben zu er-
freuen- „Singe, wem Gesang gegeben", sollte man jedem
Lurufen, der vom Schöpfer mit einer klangvollen Stimme
beschenkt worden ist, denn „wo man singt, da laß dich
ruhig nieder, böse Menschen haben keine Li-der". Wie
erbauend, wie wohlthuend wirkt ein schöner Gesang auf
das Menschenberz und besonders zu einer Jahreszeit, wo
uns die freie Natur weniger Freuden bietet- Emen Be-
weis von der Tüchtigkeit und dem Kunstsinn des Vereins
und f-ines Dirigenten, Herrn Gundel, lieferte das
gut gewählte Programm. Eingeleitet wurde die Feier
durch die Ouvertüre zur Oper Figaros Hochzeit von
Mozart. Die Männerchöre wurden mit großer Rein-
heit und Exaktheit vorgetragen, so daß der ihnen gespen-
dete Beifall recht wohl verdient war- Eine angenehme Ab-
wechselung bot uns das Du-tt für Sopran und Bariton,
.»Weihnachtsglöckchen und Weihnachtsbaum", das von Frau
Preißler und Herrn Mächte! sehr scyöu zum Vortrag ge
bracht wurde. Ganz besonders gut zum Vortrag kam das
Baritonsolo von Kapellmeister Gundel. Der Occhefterver--
rin, der den instrumentalen Theil des Konzertes ausführte,
erledigte sich seiner Aufgabe in gewohnter vorzüglicher
Weise. Die beiden Violinsolo d-s Herrn Preißler zeigten
des Musikers meisterhafte Beherrschung des Instrumentes.
In anderer Weise wurde die Feier noch in überrasch-
ender Hinsicht verherrlicht durch die wirklich trefflich aus-
aeführte Darstellung dreier lebender Bilder: „Joseph der
Nährvater", „Jesus der göttliche Kinderfceund" u. „Jesus
Heilt die Kranken". Sowohl die Stellung der Bilder und
die darin bekundete Auffassung der zum Ausdruck gebrach-
ten erhabenen Joeen als auch die äußere Ausstattung
waren vorzüglich und übten eine tiefe Wirkung auf das
Gemüth des Zuschauers aus. Es ist daher nicht zu wun-
dern, daß sich die zahlreiche Constantia bis nach Mitter-
nacht zulammenhielt.
* Heidelberg, 2. Jan. Professor Kußmaul, der als
Gerühmter Arzt, als bewährter Lehrer und als langjähriger
Vorsitzender der Prüfungscommission sür Aerzte an der
Universität Straßburg auf dem Gebiete der medicinischen
Wissenschaft eine in In- und Ausland anerkannte her-
vertagende Stellung eingenommen hat, ist auch in der Muße
des hohen Alters noch bestrebt, sein Lebenswerk zu fördern-
In einer bei Karl Winter hier veröffentlichten Schrift
unterzieht er, den kommissarischen Entwurf zur
Revision der deutschen medicinischen Prüfungsordnung"
einer nicht allzu umfangreichen, aber eindringlichen
Beurtheilung, deren Zweck es ist, das Reichsamt
des Innern von neuen Maßnahmen abzuhalten, die nach
Kußmauls Ansicht einseitigen Interessen entsprechen. Schon
die noch jetzt gültige Prüfungsordnung von 1883 zeigt das
Bestreben, durch Vermehrung von Stationen und Unterstatio
Neu, Herbeiziehung neuer Prüfungsfächer und Erweiterung
veralten das Staatsexamen umfaßender als bisher zu ge-
stalten. Jetzt, bei der dritten Revision, hofft man, wie Kuß-
wal urtheilt, unbeirrt durch die Erfahrungen der Ver-
gangenheit, mit Hülfe des Zwanges ein gründlicheres
Studium der Medicin eine ausgedehnter Fertigkeit in
ihren unzähligen Technicismen zu erzielen, als dies bei
Weiem Gewährenlafsen bis jetzt gelang; durch eine ganz
umfassende Prüsung, die sich auf alle Vor-, Hülfs- und
«pecialfächer der Medici» wissenschaftlich und technisch er-
streckt, scheint man Aerzte von einer idealen Vollkommen-
heit schaffen zu wollen, wie die Wirklichkeit sie nicht kennt.
Hier ist nicht der Ort, «solche Fragen der ärztlichen Fach-
wissenschaft zur Entscheidung zu bringen; jedenfalls aber
darf die Stimme eines in der Ausübung wie in der Lehre
der Heilkunst so bewährten Mannes auf achtungsvolles Ge-
hör Anspruch machen.
* Heidelberg, 2. Jan. Der in hiesiger Stadt ge-
schätzte Bürger Anton Hodapp, Verwalter des Prinzen-
Palais, feierte am Donnerstag mit feiner Ehefrau das
Fest der silbernen Hochzeit im engsten Familienkreise. Auch
wir bringen dem Jubelpaare die besten Glückwünsche dar.
* Heidelberg, 2. Jan. Die Kunst- und Antiquitäten-
handlung von L. Bamberger hier, besitzt augenblicklich wieder
einige hervorragende und seltene Gegenstände im farbi-
gem Frankenthaler Porzellan mit der Marke Carl Theodor
bezeichnet. Die Porzellane bestehen aus einer der größten
Figuren, einen Schirmflicker darstellend, zwei churpsälzische
Piquere zu Pferde und das Mod-ll eines Hundes. Für
Sammler von Frankenthaler Porzellan dürsten die beschrie-
benen Sachen von Interesse sein.
* Mannheim, 31. Dez. An der Großh. Hus-
beschlagschule hier wurde am Dienstag, 29. ds die
Hufbeschlag-Prüfung abgenommen, bei welcher sich 8
Schüler betheiligt haben. Die betr. 8 Schüler be-
standen die Prüfung sehr gut und wurden denselben
Prämien von M. 50—75 zuerkannt. Die Namen
der Schüler sind: Johann Mayer von Ehrenstetten,
Leopold Kehrer von Büchig, Philipp Wesch von Haag,
Peter Hrckmann von Feudenheim, Philipp Dittler von
Laudenbach, Christoph Maas von Heddesheim, Georg
Gutruf von Mauer, Karl Grämlich von Sennfeld.
4» Spechbach 1. Jan. In den Wirthschaften
ging es am Jahreswechsel ziemlich lebhaft zu, doch
im Ganzen konnte man den Vers anwenden: „Heilige
Sabathstille wehte, ruhig schlief der Bürger Schaar".
Der Unfug des Neujahrschießens hat leider gegen daS
Vorjahr zugenommcn. Erwähnung verdienen noch
unsere beiden Stundenbläser, wirklich originelle Hans-
jakob'sche Gestalten, die in Hebel'schen Versen dem
Herrn Bürgermeister, Gemeinderäthen, dem Herrn
Pfarrer und Lehrer, sowie der ganzen Bürgerschaft,
den Guten u. den Bösen, ihre Neujahrswünsche dar-
brachten. Darum mögen die Bürger mit ihren Neu-
jahrsgaben auch diejenigen nicht vergessen:
„Die schon manche Mitternacht
Bei Sturm und Regen zugebracht."
x Wirsenthal, 31. Dez. Nach langem, quäl-
vollem Leiden, über dennoch unerwartet, schied in ver-
flossener Nacht unser Hochw. Herr Pfarrer Karl
Biecheler aus diesem Leben. Der um die hiesige
Gemeinde hochverdiente, allseits beliebte und hochge-
schätzte Seelsorger war geboren am 25. Nov. 1832
und erreichte ein Alter von nur 64 Jahren. Als
Pfarrer dahier wurde er am 26 April 1883 inve-
stirt. Wolle ihm der liebe Gort für seine reichgeseg-
nete Wirksamkeit die ewige Siegeskrone verleihen.
U. I. ?.
* Acheru, 31. Dez. Dekan Lender in Sas-
bach, welcher vor einiger Zeit nicht unbedenklich er-
krankt war, ist jetzt wieder vollständig außer Gefahr.
* Freiburg, 1. Jan. Als Nachfolger des jüngst
verstordeneu Prof. Eugen Baumann für den Lehr-
stuhl der physiologischen Chemie ist Prof. Kiliani von
der technischen Hochschule in München auserfehen.
Vermischte Nachrichten.
— Paris, 1. Jan. In Marseille herrscht eine
gewaltige Aufregung über den Schiffbruch des Kauf-
fahrtei-Schiffes „Alix" bei Faraman, desfen Folgen
geradezu entsetzliche sind. An Bord des Schiffer be-
fanden sich neun Matrosen und fünf Passagiere. Nur
von sechs Personen, die gerettet worden sind, hat man
sichere Nachrichten. Diese Geretteten gehören sämmt-
lich der Bemannung des Schiffes an. Die übrigen
gelten als verloren; zwei dieser letzteren befinden sich
feit geschlagenen 48 Stunden in einer besonders tra-
gischen und erschütternden Lage. Diese Unglücklichen
befinden sich nämlich auf dem Wrack, ohne daß man
ihnen wegen des hohen Seeganges Hilfe bringen
könnte. Von der Kommandobrücke sind sie allmählich
auf den äußersten Rand des Schornsteins gestiegen,
der augenblicklich noch allciu auS dem von Wellen
gepeitschten Meere hervorragt. Der zu ihrer Hilfe
äusgesandte Schleppdampfer hat nicht an daS Wrack
herankommen können, trotzdem mau das Aeußerste that,
um die Unglücklichen zu retten. Vom Lande aus sieht
man diese verzweifelnden Leute, die herzzerschneidende
Hilferufe auSstoßen; daS Meer wird sie inzwischen
wahrscheinlich verschlungen haben, nachdem sie drei
Tage angesichts des Landes dem Tode stündlich ent-'
gegensehen mußten.
Gerichtsfaal.
* Mannheim, 30. Dez. Strafkammer I. 1.
Wegen Verletzung der Wehrpflicht wurde der 23 Jahre
alte Kaufmann Salomon Eppler von Mutterstadt, zuletzt
hier, zu einer Geldstrafe von 160 Mark event. 32 Tagen
Gefängniß verurtheilt.
2. Eine ungewöhnliche Leidenschaftlichkeit entwickelte
in seiner Vertheidigung der 26 Jahre alte Tätowierer
Peter Stumm von Ludwigshafen, welcher wegen Kuppelei
auf der Anklagebank saß. Stumm hatte seine eigene Frau
gewerbsmäßig verkuppelt. Er stellte heute, indem er seine
Stentorstimme, die in starkem Kontrast zu seinem knaben-
haften Aussehen und seiner schwächlichen Konstitution steht,
bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit aufbot, in unver-
blümtem Psälz-r Dialekt in Abrede, von dem unsauberen
Verdienst seiner Fcau gelebt zu haben. S-ine Fcau, die
ihn angczeigt hatte und heute ihn haupffächüch belastete,
überhäufte er mit einer Fluth von Schmähungen und
Drohungen. Seine Aufregung erreichte den höchsten Grad,
als der Staatsanwalt in der Begründung der Anklage
ihn als Louis bezeichnete. Wie von einer Tarantel ge-
stochen fuhr er empor, schlug mit der Faust auf die Brüst-
ung des Anklageraumes und brüllte, gegen seine Fcau ge-
wendet, die auf der Zeugenbank saß: „Wenn ich heraus-
komm', schneid' ich Dir den Hals ad, ich bin kein Louis."
Der Staatsanwalt beantcagle eine Gefängnißstrafe von
4 Jahren, das Gericht erkannte auf eine solche von 2
Jahren 8 Monaten, 5 Jahre Ehrverlust und Zulässigkeit
der Polizeiaufsicht.
3 Der 25 Jahre alte, wegen Raubes und Diebstahls
sehr schwer vorbestrafte Disnstknecht Josef Kiefer von
Deisenhofen (Oberbayern), der in der Nacht vom 1- zum
2. November d- Js- aus der Einfahrt des Kutschers G.
Kögel eine P erdedecke im Werthe von 18 M. wsggenommen
hatte, wurde trotz seiner Ausrede mit dem Kauf von dem
großen Unbekannten zu 1> Jahren Zuchthaus verurtheilt.
Außerdem wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf
3 Jahre aberkannt und Zuläfsigieit der Polizeiaufsicht aus-
gesprochen.
4. Die Schuhmacherseheleute Johann Ernst Schmitt
und deren 14 Jahre alte Tochter hatten eine Hausgenossin,
eine Frau Aulmich mißhandelt und waren deshalb vom
Schöffengericht verurtheilt worden: die Eltern zu je 5
Tagen, die Tochter zu 2 Tagen Gefängniß. Die Berufung
der Verurtheilten wurde als unbegründet verworfen.
5. Der 17 Jahre alte Dienstkneaft Wolfgang Keller
aus Naslitz (Bayern) entwendete der Ehefrau Eva Wellen-
reuthsr hier Schmucksachen im Werlhs von 8 M- und dem
Koch Rommel im „Deutschen Hof" einen Mchgerstahl im
Werthe von 5 M. Das Uclheil gegen den Vorbestraften
lautete auf 5 Monate Gefängniß, abzüglich 1 Monat der
Untersuchungshaft.
Neueste Nachrichten.
* Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier im Ber-
liner kgl. Schlosse vollzog sich in der üblichen Weise.
Nach Empfang der Hofwürdenträgec der kaiserliche«
Familie und deS militärischen Gefolges, sowie nach
einem Gottesdienste in der Schloßkapelle erfolgte im
Weißen Saale die groß- Defilircour, an welcher u.
A. der Reichskanzler, das preußische Staatsmini-
sterium, sowie die Präsidien des Reichstages und
und Landtages theilnahmen. Hieran schloß sich der
Empfang der Botschafter u. der kommandirenden Gene-
räle. Hierauf begab sich der Kaiser zu Fuß nach dem
Zeughause zur Paroleausgabe, wo er eine Stunde
verweilte. Im Laufe des Nachmittags fuhr der Kai-
ser bei den Botschaftern vor.
* Prag, 1. Jan. Ein hiesiger Varietethea-
ter war in der Sylvesternacht der Schauplatz von
wüsten politischen Demonstrationen. Das Czechen-
Publikum nahm gegen jedes deutsch gesprochene oder
deutsch gesungene Wort durch Zischen und Johlen
Stellung. Ale um Mitternacht nach der VolkShym-
nenmelodie „O du mein Oesterreich" angestimmt wurde,
ertönte ein ohrenbetäubender Krawall. Anwesende
Offiziere verließen beim ersten Zischen daS HsuS. Der
Krawall legte sich erst, als das stürmisch verlangte
czechische Nationallied gespielt wurde. Auch bei der
Tombola wiederholte sich der Skandal. Einzelne Ge-
Winner mußten auf der Bühne erscheinen und Anspra-
chen mit Glorifizirung der Czechennation und de-
flavonischen Prags halten. V-ele flüchteten, da all-
dem Parterre die Rufe ertönten: „Werft ihn hinaus,
er ist ein Deutscher!"
* Paris, 1. Jan. Der Kaiser von Rußland hat
an den Präsidenten Faure folgendes Telegramm ge-
richtet: „Anläßlich des Jahreswechsels ist es mir
Bedürfniß, Ihnen meine aufrichtigsten Glückwünsche
darzubriogen und Ihnen meinerseits wie im Namen
der Kaiserin die besten Wünsche für die Wohlfahrt
Frankreichs auszusprechen. Unter den angenehmsten
Erinnerungen des eben verflossenen Jahres wird die-
jenige an die reizvollen Tage, die ich in Ihrem
schönen Vaterlande verlebte, uuauSlöschbar bleiben.
Gezeichnet: Nicolaus.
* Madrid, 1. Jan. Vier weitere hiesige Blätter
wurden wegen Artikel über Unterschleife iu der Kriegs-
verwaltung in Havana beschlagnahmt. In der öffent-
lichen Meinung macht sich eine bedenkliche Erregung
fühlbar, jedenfalls erscheint die Lage der Regierung
gefährdet.
Wmislh-klltMW MMiMgMMM in AetiiÄrrg.
I« der Jesuitcukirche:
Sonntag, den 3. Januar
Morgens ^'7 Uhr: Frühmesse.
„ 8 „ Schulgottesdienst.
„ 9 „ Hochavft mit Predigt.
„ 11 „ Stille hl. Messe.
Mittags 2 Uhr: Herz - Maria - Bruderschaft mit AuS-
_setzung.
Der heutigen Nummer liegt „Der SormtagSbste"
Nr. 1 bei.
Unsere verehrten Abonnenten
werden ersucht, uns jede Unregelmäßigkeit in der Zu-
stellung des „Pfälzer Volkrblatt" sofort mitzutheilen,
damit wir gleich Abhilfe schaffen können. Ja den
ersten Tagen, bis sich die Austräger einigermaßen in
ihren Gang eingelebt haben, werden Versehen wohl
kaum ganz zu vermeiden sein, wir bitten deshalb für
diese Zeit zugleich auch um einige Nachsicht.
Betriebsausgaben haben sich allerdings auch um 3,59
PCt. erhöht, immerhin verbleibt die erfreuliche That-
jachc, daß der Einnahmeüberschuß 12,03 pCt. mehr
als im Vorjahre beträft. Die gesammte Eisenbahn-
schuld wird zu 6,23 pCt. verzinst gegenüber 5,68 pCt.
im Vorjahre. Der Bedarf der Schuldenverwaltung
sür 1895 berechnet sich dagegen auf 4 11 pCt. der
verzinslichen Schuld gegenüber 4,05 pCt. im Vor-
jahre. Die bestreutirende Strecke war Karlsruhe-
Offenburg mit 10,08 pCt. (im Vorjahre 9,64 pCt.).
Die Rente der Privatbahu Karlsruhe Maxau ist von
16,99 pCt. auf 14,14 pCr. gesunken. Keine Reuten
weisen zehn Strecken auf, darunter die Heidel-
berg'Speyerer Bahn.
4» Wie sehr die Zunahme der Geisteskranken in
unserem nervösen Zeitalter stattfindet, beweist wieder,
wie verlautet, die nöthig werbende Einstellung eines
größeren Postens in das kommende Staatsbudget für
Anstaltszwecke. Hat man sich s. Zt. darüber aufge-
halten, daß eine große Landesirrenanstalt bei Em-
mendingen erbaut werde, so darf man sich wohl da-
rüber wundern, daß nunmehr auch die Heil- und
Pflrgeanstalt Illen au eine Erweiterung erfahren
soll. Sowohl die letztere als auch die übrigen Irren -
anstalten und Kliniken des Landes weisen stets Ueber-
füllung auf. _
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diese Rubri! sind uns jederzeit willkommen. — Etwaige
Kosten werden stets sofort ersetzt.)
* Heidelberg, 2. Jan. (MuthmaßlicheS Wetter für
Sonntag, 3. Januar.) Beständig.
* Heidelberg. 2. Jan. Die Sylvesternacht scheint
hier erfreulicher Weise im Ganzen ruhig verlaufen zu sein.
Ausschreitungen, ohne die cs ja wohl nie abgebt, find
weniger vorgekommen, In das nächtliche feierliche Glocken-
geläute mischte sich daS Knallen von.Raketen und Fröschen,
aus den h-llerleuchteten Fenstern schauten überall vergnüate
Gesichter und auf allen Straßen und Gassen rief man sich
ein urkräfliges „Prosit Neujahr" zu.
* Heidelberg, 2 Jan. Im Jahre 1896 sind in der
katholischen Stadtpfarrei Heidelberg 434 Taufen,
barunter 145 in der Frauenklinik, 142 Trauungen und 221
Beerdigungen vorgenommen worden. Es hat sich somit
unsere kathol. Gemeinde allein durch die hinzugekommencn
Kinder um 213 vermehrt.
* Heidelberg, 2 Jan. Wie alljährlich, veranstaltete
der kath- Männergesang-Vsrein .Constantia" eine
Weihnachtsfeier, verbunden mit Gabenverloosung.
Die Feier fand statt im Saale zum Prinz Max. in dessen
Mitte, umgeben von den mit Gaben beladenen Tischen,
ein prächtiger Weihnachtsbaum stand. Der Saal war schon
lange vor Beginn der Feier dicht besetzt und machte sich
der Raummangel in sehr unangenehmer Weise fühlbar.
Wir hatten Gelegenheit, die Gesangsleistungen des Männer-
Msangvereins zu bewundern und uns an denselben zu er-
freuen- „Singe, wem Gesang gegeben", sollte man jedem
Lurufen, der vom Schöpfer mit einer klangvollen Stimme
beschenkt worden ist, denn „wo man singt, da laß dich
ruhig nieder, böse Menschen haben keine Li-der". Wie
erbauend, wie wohlthuend wirkt ein schöner Gesang auf
das Menschenberz und besonders zu einer Jahreszeit, wo
uns die freie Natur weniger Freuden bietet- Emen Be-
weis von der Tüchtigkeit und dem Kunstsinn des Vereins
und f-ines Dirigenten, Herrn Gundel, lieferte das
gut gewählte Programm. Eingeleitet wurde die Feier
durch die Ouvertüre zur Oper Figaros Hochzeit von
Mozart. Die Männerchöre wurden mit großer Rein-
heit und Exaktheit vorgetragen, so daß der ihnen gespen-
dete Beifall recht wohl verdient war- Eine angenehme Ab-
wechselung bot uns das Du-tt für Sopran und Bariton,
.»Weihnachtsglöckchen und Weihnachtsbaum", das von Frau
Preißler und Herrn Mächte! sehr scyöu zum Vortrag ge
bracht wurde. Ganz besonders gut zum Vortrag kam das
Baritonsolo von Kapellmeister Gundel. Der Occhefterver--
rin, der den instrumentalen Theil des Konzertes ausführte,
erledigte sich seiner Aufgabe in gewohnter vorzüglicher
Weise. Die beiden Violinsolo d-s Herrn Preißler zeigten
des Musikers meisterhafte Beherrschung des Instrumentes.
In anderer Weise wurde die Feier noch in überrasch-
ender Hinsicht verherrlicht durch die wirklich trefflich aus-
aeführte Darstellung dreier lebender Bilder: „Joseph der
Nährvater", „Jesus der göttliche Kinderfceund" u. „Jesus
Heilt die Kranken". Sowohl die Stellung der Bilder und
die darin bekundete Auffassung der zum Ausdruck gebrach-
ten erhabenen Joeen als auch die äußere Ausstattung
waren vorzüglich und übten eine tiefe Wirkung auf das
Gemüth des Zuschauers aus. Es ist daher nicht zu wun-
dern, daß sich die zahlreiche Constantia bis nach Mitter-
nacht zulammenhielt.
* Heidelberg, 2. Jan. Professor Kußmaul, der als
Gerühmter Arzt, als bewährter Lehrer und als langjähriger
Vorsitzender der Prüfungscommission sür Aerzte an der
Universität Straßburg auf dem Gebiete der medicinischen
Wissenschaft eine in In- und Ausland anerkannte her-
vertagende Stellung eingenommen hat, ist auch in der Muße
des hohen Alters noch bestrebt, sein Lebenswerk zu fördern-
In einer bei Karl Winter hier veröffentlichten Schrift
unterzieht er, den kommissarischen Entwurf zur
Revision der deutschen medicinischen Prüfungsordnung"
einer nicht allzu umfangreichen, aber eindringlichen
Beurtheilung, deren Zweck es ist, das Reichsamt
des Innern von neuen Maßnahmen abzuhalten, die nach
Kußmauls Ansicht einseitigen Interessen entsprechen. Schon
die noch jetzt gültige Prüfungsordnung von 1883 zeigt das
Bestreben, durch Vermehrung von Stationen und Unterstatio
Neu, Herbeiziehung neuer Prüfungsfächer und Erweiterung
veralten das Staatsexamen umfaßender als bisher zu ge-
stalten. Jetzt, bei der dritten Revision, hofft man, wie Kuß-
wal urtheilt, unbeirrt durch die Erfahrungen der Ver-
gangenheit, mit Hülfe des Zwanges ein gründlicheres
Studium der Medicin eine ausgedehnter Fertigkeit in
ihren unzähligen Technicismen zu erzielen, als dies bei
Weiem Gewährenlafsen bis jetzt gelang; durch eine ganz
umfassende Prüsung, die sich auf alle Vor-, Hülfs- und
«pecialfächer der Medici» wissenschaftlich und technisch er-
streckt, scheint man Aerzte von einer idealen Vollkommen-
heit schaffen zu wollen, wie die Wirklichkeit sie nicht kennt.
Hier ist nicht der Ort, «solche Fragen der ärztlichen Fach-
wissenschaft zur Entscheidung zu bringen; jedenfalls aber
darf die Stimme eines in der Ausübung wie in der Lehre
der Heilkunst so bewährten Mannes auf achtungsvolles Ge-
hör Anspruch machen.
* Heidelberg, 2. Jan. Der in hiesiger Stadt ge-
schätzte Bürger Anton Hodapp, Verwalter des Prinzen-
Palais, feierte am Donnerstag mit feiner Ehefrau das
Fest der silbernen Hochzeit im engsten Familienkreise. Auch
wir bringen dem Jubelpaare die besten Glückwünsche dar.
* Heidelberg, 2. Jan. Die Kunst- und Antiquitäten-
handlung von L. Bamberger hier, besitzt augenblicklich wieder
einige hervorragende und seltene Gegenstände im farbi-
gem Frankenthaler Porzellan mit der Marke Carl Theodor
bezeichnet. Die Porzellane bestehen aus einer der größten
Figuren, einen Schirmflicker darstellend, zwei churpsälzische
Piquere zu Pferde und das Mod-ll eines Hundes. Für
Sammler von Frankenthaler Porzellan dürsten die beschrie-
benen Sachen von Interesse sein.
* Mannheim, 31. Dez. An der Großh. Hus-
beschlagschule hier wurde am Dienstag, 29. ds die
Hufbeschlag-Prüfung abgenommen, bei welcher sich 8
Schüler betheiligt haben. Die betr. 8 Schüler be-
standen die Prüfung sehr gut und wurden denselben
Prämien von M. 50—75 zuerkannt. Die Namen
der Schüler sind: Johann Mayer von Ehrenstetten,
Leopold Kehrer von Büchig, Philipp Wesch von Haag,
Peter Hrckmann von Feudenheim, Philipp Dittler von
Laudenbach, Christoph Maas von Heddesheim, Georg
Gutruf von Mauer, Karl Grämlich von Sennfeld.
4» Spechbach 1. Jan. In den Wirthschaften
ging es am Jahreswechsel ziemlich lebhaft zu, doch
im Ganzen konnte man den Vers anwenden: „Heilige
Sabathstille wehte, ruhig schlief der Bürger Schaar".
Der Unfug des Neujahrschießens hat leider gegen daS
Vorjahr zugenommcn. Erwähnung verdienen noch
unsere beiden Stundenbläser, wirklich originelle Hans-
jakob'sche Gestalten, die in Hebel'schen Versen dem
Herrn Bürgermeister, Gemeinderäthen, dem Herrn
Pfarrer und Lehrer, sowie der ganzen Bürgerschaft,
den Guten u. den Bösen, ihre Neujahrswünsche dar-
brachten. Darum mögen die Bürger mit ihren Neu-
jahrsgaben auch diejenigen nicht vergessen:
„Die schon manche Mitternacht
Bei Sturm und Regen zugebracht."
x Wirsenthal, 31. Dez. Nach langem, quäl-
vollem Leiden, über dennoch unerwartet, schied in ver-
flossener Nacht unser Hochw. Herr Pfarrer Karl
Biecheler aus diesem Leben. Der um die hiesige
Gemeinde hochverdiente, allseits beliebte und hochge-
schätzte Seelsorger war geboren am 25. Nov. 1832
und erreichte ein Alter von nur 64 Jahren. Als
Pfarrer dahier wurde er am 26 April 1883 inve-
stirt. Wolle ihm der liebe Gort für seine reichgeseg-
nete Wirksamkeit die ewige Siegeskrone verleihen.
U. I. ?.
* Acheru, 31. Dez. Dekan Lender in Sas-
bach, welcher vor einiger Zeit nicht unbedenklich er-
krankt war, ist jetzt wieder vollständig außer Gefahr.
* Freiburg, 1. Jan. Als Nachfolger des jüngst
verstordeneu Prof. Eugen Baumann für den Lehr-
stuhl der physiologischen Chemie ist Prof. Kiliani von
der technischen Hochschule in München auserfehen.
Vermischte Nachrichten.
— Paris, 1. Jan. In Marseille herrscht eine
gewaltige Aufregung über den Schiffbruch des Kauf-
fahrtei-Schiffes „Alix" bei Faraman, desfen Folgen
geradezu entsetzliche sind. An Bord des Schiffer be-
fanden sich neun Matrosen und fünf Passagiere. Nur
von sechs Personen, die gerettet worden sind, hat man
sichere Nachrichten. Diese Geretteten gehören sämmt-
lich der Bemannung des Schiffes an. Die übrigen
gelten als verloren; zwei dieser letzteren befinden sich
feit geschlagenen 48 Stunden in einer besonders tra-
gischen und erschütternden Lage. Diese Unglücklichen
befinden sich nämlich auf dem Wrack, ohne daß man
ihnen wegen des hohen Seeganges Hilfe bringen
könnte. Von der Kommandobrücke sind sie allmählich
auf den äußersten Rand des Schornsteins gestiegen,
der augenblicklich noch allciu auS dem von Wellen
gepeitschten Meere hervorragt. Der zu ihrer Hilfe
äusgesandte Schleppdampfer hat nicht an daS Wrack
herankommen können, trotzdem mau das Aeußerste that,
um die Unglücklichen zu retten. Vom Lande aus sieht
man diese verzweifelnden Leute, die herzzerschneidende
Hilferufe auSstoßen; daS Meer wird sie inzwischen
wahrscheinlich verschlungen haben, nachdem sie drei
Tage angesichts des Landes dem Tode stündlich ent-'
gegensehen mußten.
Gerichtsfaal.
* Mannheim, 30. Dez. Strafkammer I. 1.
Wegen Verletzung der Wehrpflicht wurde der 23 Jahre
alte Kaufmann Salomon Eppler von Mutterstadt, zuletzt
hier, zu einer Geldstrafe von 160 Mark event. 32 Tagen
Gefängniß verurtheilt.
2. Eine ungewöhnliche Leidenschaftlichkeit entwickelte
in seiner Vertheidigung der 26 Jahre alte Tätowierer
Peter Stumm von Ludwigshafen, welcher wegen Kuppelei
auf der Anklagebank saß. Stumm hatte seine eigene Frau
gewerbsmäßig verkuppelt. Er stellte heute, indem er seine
Stentorstimme, die in starkem Kontrast zu seinem knaben-
haften Aussehen und seiner schwächlichen Konstitution steht,
bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit aufbot, in unver-
blümtem Psälz-r Dialekt in Abrede, von dem unsauberen
Verdienst seiner Fcau gelebt zu haben. S-ine Fcau, die
ihn angczeigt hatte und heute ihn haupffächüch belastete,
überhäufte er mit einer Fluth von Schmähungen und
Drohungen. Seine Aufregung erreichte den höchsten Grad,
als der Staatsanwalt in der Begründung der Anklage
ihn als Louis bezeichnete. Wie von einer Tarantel ge-
stochen fuhr er empor, schlug mit der Faust auf die Brüst-
ung des Anklageraumes und brüllte, gegen seine Fcau ge-
wendet, die auf der Zeugenbank saß: „Wenn ich heraus-
komm', schneid' ich Dir den Hals ad, ich bin kein Louis."
Der Staatsanwalt beantcagle eine Gefängnißstrafe von
4 Jahren, das Gericht erkannte auf eine solche von 2
Jahren 8 Monaten, 5 Jahre Ehrverlust und Zulässigkeit
der Polizeiaufsicht.
3 Der 25 Jahre alte, wegen Raubes und Diebstahls
sehr schwer vorbestrafte Disnstknecht Josef Kiefer von
Deisenhofen (Oberbayern), der in der Nacht vom 1- zum
2. November d- Js- aus der Einfahrt des Kutschers G.
Kögel eine P erdedecke im Werthe von 18 M. wsggenommen
hatte, wurde trotz seiner Ausrede mit dem Kauf von dem
großen Unbekannten zu 1> Jahren Zuchthaus verurtheilt.
Außerdem wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf
3 Jahre aberkannt und Zuläfsigieit der Polizeiaufsicht aus-
gesprochen.
4. Die Schuhmacherseheleute Johann Ernst Schmitt
und deren 14 Jahre alte Tochter hatten eine Hausgenossin,
eine Frau Aulmich mißhandelt und waren deshalb vom
Schöffengericht verurtheilt worden: die Eltern zu je 5
Tagen, die Tochter zu 2 Tagen Gefängniß. Die Berufung
der Verurtheilten wurde als unbegründet verworfen.
5. Der 17 Jahre alte Dienstkneaft Wolfgang Keller
aus Naslitz (Bayern) entwendete der Ehefrau Eva Wellen-
reuthsr hier Schmucksachen im Werlhs von 8 M- und dem
Koch Rommel im „Deutschen Hof" einen Mchgerstahl im
Werthe von 5 M. Das Uclheil gegen den Vorbestraften
lautete auf 5 Monate Gefängniß, abzüglich 1 Monat der
Untersuchungshaft.
Neueste Nachrichten.
* Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier im Ber-
liner kgl. Schlosse vollzog sich in der üblichen Weise.
Nach Empfang der Hofwürdenträgec der kaiserliche«
Familie und deS militärischen Gefolges, sowie nach
einem Gottesdienste in der Schloßkapelle erfolgte im
Weißen Saale die groß- Defilircour, an welcher u.
A. der Reichskanzler, das preußische Staatsmini-
sterium, sowie die Präsidien des Reichstages und
und Landtages theilnahmen. Hieran schloß sich der
Empfang der Botschafter u. der kommandirenden Gene-
räle. Hierauf begab sich der Kaiser zu Fuß nach dem
Zeughause zur Paroleausgabe, wo er eine Stunde
verweilte. Im Laufe des Nachmittags fuhr der Kai-
ser bei den Botschaftern vor.
* Prag, 1. Jan. Ein hiesiger Varietethea-
ter war in der Sylvesternacht der Schauplatz von
wüsten politischen Demonstrationen. Das Czechen-
Publikum nahm gegen jedes deutsch gesprochene oder
deutsch gesungene Wort durch Zischen und Johlen
Stellung. Ale um Mitternacht nach der VolkShym-
nenmelodie „O du mein Oesterreich" angestimmt wurde,
ertönte ein ohrenbetäubender Krawall. Anwesende
Offiziere verließen beim ersten Zischen daS HsuS. Der
Krawall legte sich erst, als das stürmisch verlangte
czechische Nationallied gespielt wurde. Auch bei der
Tombola wiederholte sich der Skandal. Einzelne Ge-
Winner mußten auf der Bühne erscheinen und Anspra-
chen mit Glorifizirung der Czechennation und de-
flavonischen Prags halten. V-ele flüchteten, da all-
dem Parterre die Rufe ertönten: „Werft ihn hinaus,
er ist ein Deutscher!"
* Paris, 1. Jan. Der Kaiser von Rußland hat
an den Präsidenten Faure folgendes Telegramm ge-
richtet: „Anläßlich des Jahreswechsels ist es mir
Bedürfniß, Ihnen meine aufrichtigsten Glückwünsche
darzubriogen und Ihnen meinerseits wie im Namen
der Kaiserin die besten Wünsche für die Wohlfahrt
Frankreichs auszusprechen. Unter den angenehmsten
Erinnerungen des eben verflossenen Jahres wird die-
jenige an die reizvollen Tage, die ich in Ihrem
schönen Vaterlande verlebte, uuauSlöschbar bleiben.
Gezeichnet: Nicolaus.
* Madrid, 1. Jan. Vier weitere hiesige Blätter
wurden wegen Artikel über Unterschleife iu der Kriegs-
verwaltung in Havana beschlagnahmt. In der öffent-
lichen Meinung macht sich eine bedenkliche Erregung
fühlbar, jedenfalls erscheint die Lage der Regierung
gefährdet.
Wmislh-klltMW MMiMgMMM in AetiiÄrrg.
I« der Jesuitcukirche:
Sonntag, den 3. Januar
Morgens ^'7 Uhr: Frühmesse.
„ 8 „ Schulgottesdienst.
„ 9 „ Hochavft mit Predigt.
„ 11 „ Stille hl. Messe.
Mittags 2 Uhr: Herz - Maria - Bruderschaft mit AuS-
_setzung.
Der heutigen Nummer liegt „Der SormtagSbste"
Nr. 1 bei.
Unsere verehrten Abonnenten
werden ersucht, uns jede Unregelmäßigkeit in der Zu-
stellung des „Pfälzer Volkrblatt" sofort mitzutheilen,
damit wir gleich Abhilfe schaffen können. Ja den
ersten Tagen, bis sich die Austräger einigermaßen in
ihren Gang eingelebt haben, werden Versehen wohl
kaum ganz zu vermeiden sein, wir bitten deshalb für
diese Zeit zugleich auch um einige Nachsicht.