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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Oktober 1897
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Nr. 244
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0993
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I

Verantwortlicher Redakteur :
Joseph Huber in Heidelberg.

so auch sein deutsches Vaterland zu sehr, als daß
er nicht alle seine Kräfte darauf verwandt hätte, um
demselben den alten katholischen Glauben und
die religiöse Einigkeit möglichst zu wahren. „Italiens
und Spaniens möchten wir vergrssen," schrieb er
an seine Mitarbeiter, „und uns Deutschland allein
hingeben, nicht auf einige Zeit, sondern für da-
ganze Leben." Er war ein „wahrer Germane",
wie ihn schon ein Zeitgenosse genannt Hat, „ein Mann
vom Scheitel bis zur Sohle, mit jeglicher Tugend
gerüstet." Und unter diesen Tugenden war nicht die
geringste die, daß er auch die von der Kirche Ge-
trennten milde beurtheilte und behandelte. „In Deutsch-
land gibt es unendlich viele," schrieb er 1562, „welche
im Glauben irren; aber sie irren ohne Eigensinn,
ohne Verbissenheit, ohne Verstocktheit; sie irren nach
Art der Deutschen, welche von Natur-Anlage meist
ehrlichen GemütheS sind."
Möge er uns hierin gerade heute zum Vorbilde
dienen! Seit dem Luther-Jubiläum hat ja in Deutsch-
land die protestantische Polemik steigend wieder Formen
angenommen, welche nachgerade einen bedenklichen
Grad der Gehässigkeit erreicht haben. Möge dar
Canisius-Jubiläum dazu dienen, daß wir Katholiken
bei entschiedenem Festhalten um katholischen Glauben
und an unfern verfassungsmäßigen Rechten nach seinem
Beispiels die wahre Toleranz üben nach dem Grund-
sätze: b'ortitsr m rs, suavitor in moäo. Fest in
der Sache, milde in der Form! Nicht aber wollen
wir uns durch unerhörte Angriffe abhalten lassen, dem
Manne unsere Dankesschuld abzutragen, welchem wir
vornehmlich in Deutschland die Erhaltung des katho-
lischen Glaubens verdanken.

Toleranz des sel. Petrus Canistus.
der bezeichnendsten Züge in dem Charakter-
des sel. Petrus CanisiuS, dessen dreihundert-
h Todestag wir am 21. Dezember d. I.
jMen, ist dessen vornehme und edle Toleranz. ES
erstaunlich, wie sehr dieser erste und bedeu-
A" Vorkämpfer der katholischen Gegen-Reformation
denA zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts
war, von den erbitterten religiösen Kämpfen
Zeit möglichst jede persönliche Bitterkeit fern
s^Een. Freilich, eine dogmatische Toleranz, ein
NtMlicheS Unterhandeln in GlaudenSsachen kannte
nicht. Dafür war er zu sehr von der
Mrheit des katholischen Glaubens überzeugt, zu
^7. sür dessen Erhaltung begeistert. Um so mehr
tr?» ?br Milde gegen die von der Kirche Ge-
^"wen in Wort und Schrift walten zu lassen, um
stacht unnöchigerweise zu verletzen und abzustoßen,
"^u gewinnen.
den - hatte diese wahre und echte Toleranz
feinem geistlichen Führer und Lehrmeister?.
dem ersten Jesuiten, welcher den deutschen
»us. betrat, ererbt. Derselbe st-llte den Grundsatz
»y!,' «Will man den von der Kirche Getrennten in
P-^er Zxtt sich nützlich erweisen, so ist das erste
^Ivrverniß eine große Liebe gegen sie. Man muß
dg M Wahrer Zuneigung umfassen und jene Ge-
die "US dem Sinne schlagen, welche irgendwie
^ Hochachtung gegen sie in uns vermindern könnten."
loiia? Grundsätze ist CanisiuS sein ganzes Leben
h;?. "tp geblieben und hat ihn in seinem Leben
seinen Schriften stets bethätigt.
>>oti n ""verschied sich hierdurch nicht nur wesentlich
Ni» ch^' sondern auch von dem verhältnißmäßig
Reformator Melanchthon, dessen vierhundert-

Der Besuch Antwerpens durch -re deut-
schen Bürgermeister und Handelsksmmer--
Präfidenten.
Der Einladung der Stadt Antwerpen und des
deutschen ComiteS sind die Bürgermeister von etwa
12 rheinischen Städten, sowie 50 bis 60 Präsidenten
und Mitglieder von Handelskammern aus Rheinland-
Westfalen und Süddeutschland gefolgt. Darunter be-
finden sich u. A. die Oberbürgermeister von Köln,
Frankfurt, Düsseldorf, Mainz» Mannheim n. Straß-
burg. Von den Handelskammern sind Aachen, Augs-
burg, Darmstadt, Kassel, Düsseldorf, Elberfeld, Frank-
furt (durch Herrn Alfred v. Neufville), Hanau, Heil-
bronn, Karlsruhe, Köln, Ludwigshafen, Mainz,
Möge es Dir Glück bringen. Mir und dem Kinde bleibt
setzt aar nichts übrig.
Lebet Wohl, sagte nicht ohne Ironie Froger und ging
mit der Polizei die Stiegen hinab.
Magdalena weinte nicht mehr. Ihr Herz war gebro-
chen, ihre Thränen ausgetrocknet vor herbem Schmerze.
Bon Allen, die gekommen waren, blieb bald Niemand
mehr da, als die Gemüsehändlerin. Auch diese ließ.fis allein
und ging in ihr Zimmer nebenan.
Ein letzter und bester Trost war der Unglücklichen ge-
blieben : das Gebet.
Die Untersuchung.
Einige Monate nach diesen Erergnissen konnte man in
den Zeitungen Folgendes lesen:
„Eine junge Frau tritt auf den Appell des Richters
langsam näher, in ihren Armen ein kleines Kind haltend.
Auf die Frage des Untersuchungsrichters kann sie vor Be-
klemmung des Herzens fast kein Wort über ihre Lippen
b"" Herr Präsident: Sie müssen dem Gerichtshöfe die
volle Wahrheit sagen- Sie wurden vor Ihren Polijeikom-
missär geladen und haben ihm gestanden, daß schon lange
Ihr Mann Sie geschlagen und schlecht behandelt hat: Sie
haben ihm zum Zeugniffe Ihrer Aussage die Sparen der
letzten Mißhandlung vorgewiesen, ^st diese Anklage richtig
in allen Theilen, so muß ste letzt aufrecht erhalten werden.
Die junge Frau: Seit mein Mann im Gefängnisse ist,
sind wir, mein Kind und ich, ohne Brod und ohne Feuer
bei dieser Kälte, lieber will ich leiden, als mein Kind vor
Hunger dahinsterben sehen.
Herr Präsident (zum Angeklagten) : Hört Ihrs? Das
ist also di- Frau, die Ihr Mißhandeln konntet. Sie will sich
Eurer Roheit überlassen, um, damit das Kind, dessen Vater
Ihr seid, nicht eines Stückleins Brod entbehre.
Die junge Frau drückte bei diesen Worten des Präsi-
denten ihr Kind konvulsivisch an ihre Brust.
(Fortsetzung folgt.)

Ringende Mächte.
ÜbkrAnd das Kind? Wie, wenn wir es einer Amme hätten
Ws« "Fassen? Schick's ins Kinderasyl, es wird wohl
'Ur Hunde gebaut sein.
tz« Am, Mr für Kinder, die einen Vater haben, wie
i» jhFA bist, Vater ohne Herz und Sinn, entgegnete sie
mr U? Innersten tief verwundet. Du hast Liebe weder
Weib noch für Dein Kind.
HÄn ""b cs jetzt Ruhe. Magdalena brach in bittere
^"'N'sttzt still.
MllaFFnllst nicht, daß man Dir Antwort gebe nnd doch
M einem mit Gewalt dazu, indem Du mich in
' ""S ich habe, angreifst.
CchwE ists genug, brüllte er sie an, oder ich gebiete Dir
Men mit ein paar Ohrfeigen.
schlaf? Üörte das tickende Geräusch eines an die Wand
«cnven Fingers.
W. 'chrei doch wenigstens nicht so, alle Nachbarn hören
irage ich uach allen diesen Leuten. Und dann
Nmee »» °lten Krautstenael, der mich vorhin ein ver-
einen A^usch schalt. Hoffentlich bin ich noch Meister in
W, oit, cr Wänden. Dann mit gellender Stimme: „Sei
Ktzt »,.,,sHc.re!" Gegen Magdalena wüthend sich wendend:
ne : sie wieder. Bin ich aber nicht da, dann läuft
kh! «FFüeibe nach, um über mich zu schimpfen. Nun, so
Stei» Du hinaus kommst!
Ä Boden ehe sie noch recht nein gesagt hatte, lag sie
N ihrem Wsgestreckt, niedergeschlagen von ihrem Manne
WA Einde- Kaum hatte sie noch Kraft zu rufen: O,
"4 wM»' R". war ohnmächtig. Das Kind, das am Boden
.. «^.schrie lämmerlich.
Ute Zu Hilfe! schrie draußen aus Leibeskräften
M Thür, Aüsehändlerin, während sie mit beiden Fäusten
8 Mgt stine Frau wdU Polizei-' Auf die Polizei!

jähriger Geburtstag ebenfalls in diesem Jahre am
16. Februar gefeiert wurde. Dies zeigte sich beson-
ders auf dem Religionsgespräch zu Worms vom
Jahre 1557, wo der schon alternde Melanchthon in
seiner Gereiztheit über die Uneinigkeit im eigenen
Lager sich seinen katholischen Gegnern gegenüber zu
Ausdrücken wie „Papisten" und „Opferpfaffen" hin-
reißen ließ. CanisiuS verwies ihm dies und bemerkte,
es würde mehr Selbstbehrrrschung und DiScretion
bewiesen haben, wenn dergleichen ungesagt geblieben
wäre.
Um dieselbe Zeit erinnerte CanisiuS den berühm-
ten katholischen Controversisten van Linder (Lindanus)
in einem Briese vom 25. Februar 1557 daran, daß
man mit Beherztheit, Reife und Nüchternheit die
Wahrheit Vertheidigen müsse, indem er schreibt: „Be-
scheidenheit sei uns vor Augen mit Würde und Ze-
wichtvollsr Beweisführung." Diese Regel hat Cani-
siuS selbst in seiner mündlichen und schriftstellerischen
Polemik stets selbst vor Augen gehalten. Zwar
konnte er in den polemischen Werken, welche er im
Auftrage des Papstes und seiner OrdenSobern gegen
die Magdeburger Ceniuriatoren schrieb, die direkte
Polemik nicht vermeiden. Jedoch hält er auch hier
durchweg daS rechte Maß inne. Dagegen fehlt in
seinen übrigen Schriften jede Polemik gänzlich. Er
begnügt ffich damit, die katholische Lehre klar hinzu-
stellen und eingehend aus Schrift und Ueberlieferung
zu begründen.
Dies gilt namentlich von seinem berühmtesten
Werke, dem „Inbegriff der christlichen Lehre" (Summa
ckoetriua« edristiavas), seinem ersten und größer»
Katechismus, von welchem der mittlere und kleinere
Auszüge bilden. Seine Gegner hat er in derselben
niemals genannt. Selbst der Ausdruck Protestanten
kommt nicht darin vor. Wie gewaltig unterscheiden
sich hierin die Katechismen des CanisiuS von den
lutherischen! Und zu ihrem Vortheile haben die
katholischen Katechismen, welche fast alle auf dem
Katechismus des Canistus beruhen, bis auf den heu-
tigen Tag diese Praxis befolgt.
Es mag noch daran erinnert werden, daß auch
die vielbesprochene CanisiuS-Encyklica vom 1. August
dieses Jahres den conciliatorischen Charakter des
ausgezeichneten VertheidigerS der katholischen Lehre
ausdrücklich hervorhebt, wenn sie daran erinnert, „mit
welchem Eifer er für sein von Uneinigkeit und Un-
ruhen zerrissenes Vaterland besorgt war, um die Ge-
mächer zum Frieden und zur alten Einigkeit zurück-
zurufen." Canistus liebte, wie die katholische Kirche,
O der Lump! der schlechte Hund! riefen nacheinander
alle Nachbarn, die von allen Seiten herbeiliefen nnd die
Stiegen besetzten.
Man muß die Thüre einrennen.
Man wartete nicht, bis die Polizei da war, die man
bereits holte. Ein stämmiger Nachbar gab der ohnehin
nicht gar festen Thüre einen soliden Fußtritt; dieselbe sprang
auf und — Alle strömten in das Dachzimmer — so daß
sie kaum Platz finden konnten.
Was wollt Ihr hier? rief schon halb ernüchtert vor
Angst und Furcht der Besoffene. Ich habe sie kaum berührt
und da lag sie schon ohnmächtig am Boden.
Die Eingetretenen bemühten sich um Magdalena. Kaum
war sie etwas zu sich gekommen, fragte sie gleich nach ihrem
Kinde. Mein Kind! Mein Kind! Man legte es ihr sorglich
in die Arme. Sie bedeckt es liebevoll mit Küssen und heißen
Thränen.
Unter Verwünschungen und Ausrufen war indeß einige
Zeit verstrichen, so daß mittlerweile die Polizei endlich auf
der Stelle erschienen war, um den Schuldigen abzuführen.
Nein, nein! rief die unglückliche Mutter. Laßt meinen
Mann; ich bin durch eigene Unvorsichtigkeit gegen den Tisch
gefallen und habe mir diese Ohnmacht selbst zugezogen.
O, das wissen wir besser. Alle diese Leute hier sind ja
Zeugen, daß er Euch brutal mißhandelte. Marsch, vorwärts
Kamerad! Vor dem Polizeikommissär wird sich das Weitere
schon finden.
O mein Gott l rief Magdalena voll Herzensangst.
Seid Ihr nur unbesorgt. Ist er wirklich nicht schuldig,
so kehrt er bald zurück. Das dauert in diesem Falle höch-
stens ein paar Stunden.
Genug jetzt des Lärmens und Heulens, sagte jetzt Fro-
ger» dem die Verwünschungen und Vorwürfe der Anwesen-
den in den Kopf stiegen. Ich überlasse mich Euch und will
mitgehen.
Hast Du einiges Kleingeld für mich, wandte er sich an
seine Frau. Wenn ich im Gefängniß bin, brauche ich es
sehr nothwendig.
Sie suchte in ihren Taschen und fand das zurückgelas-
sene Goldstück. Da, da ! Indem sie es ihm darbot, sagte sie:

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrftraßr 7.

Pfalzer Valksblatt.
gUrtnt täglich mit Ausnahme der Sonn- u. , Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau«
A ÄiklÜI« Privatanzäge^
Olbera monatlich 5« H mit Trägerlohn, durch » k Rabattbewrllrgung.,
^die Post bezogen viertel,. -N 1.60 franco, _,_Expedition: Zwrngerstratze 7.
k -

WMö, WM, dm 24. «M1897.

Zur gefälligen-Beachtung! D
Auf das „Pfälzer Volksblatt" kann
!ortwähond hier in unserem ExpeditionS-
A Lokale, Zwingerstraße Nr. 7, auswärts bei
U ollen Postämtern und Postboten abonnirt
 
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