Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 3.1886

DOI issue:
Nr. 8 (1. August 1886)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29788#0060
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
„Vortrefflich?' rief der Prälat. „Laß mm Deine Vor-
schläge hören, mein kluger Gisbald."
„Sie sind einfach," erwiederte dieser, „und gründen sich
zunächst auf die Morgeuuebel. "
„Gott möge mir helfen!" schrie bei diesem Worte der
Domscholaster. „Ich habe nichts mehr zu fürchten als feuchte
Nebel und Kühle — weißt Du keinen bessern Rat?"
„Keinen, Hochwürdigster!" sprach Gisbald. „Warten wil-
den Aufgang der Sonne ab, so stehe ich für nichts. Wir müssen
um diese Zeit schon die Höhe des Gebirges erklommen haben."
Tiefe Seufzer rangen sich aus der Brust des Domscholasters
hervor; allein er schwieg, als er den festen Ton seines klugen
Führers vernahm, und berechnete, daß allerdings der Nebel ein
unsichtbarmachender Mantel für sie alle sei.
Gisbald fuhr fort: „Alsdann muß das Gerücht ohne alles
Aufsehen ausgesprengt werden, Ihr reichtet erst einige Tage
später ab; und ich muß Euch durch Gründe und Gebirgsschluchten
führen, die freilich keineswegs zu den bequemen Wegen werden
zu zählen sein, an die Ihr in Mainz und im Rheingau gewöhnt
sein möget. Bedenkt indessen, daß es ein großes Lösegeld, harte
Mißhandlung, vielleicht selbst den Tod von Euch fern hält!"
Das letzte Argument war zu schlagend, um seine Wirkung
zu verfehlen. Er willigte in alles ein. Jetzt kam auch Arnold.
Gisbald verließ sogleich das Gemach. Arnold sah ihm mit
i einer Regung von Mißvergnügen nach.
„Das ist Deine Schuld," rief der Prälat ihm zu. „Stelle
Deinen Uebermut, Deine Härte ein. Es thut Not; denn
Gisbald allein rettet uns." Sie teilten ihm nun den Plan
mit, den er gut fand.
So wurde denn alles zur Reise bereitet. Bodo war bereits
so weit in der Genesung fortgeschritten, daß es keine Gefahr
mit ihm hatte. Es stand nichts mehr im Wege.
Gisbald wurde es leicht, das Gerücht auszusprengeu
der Walpode reise erst einige Tage später von Lorch ab und
werde die Reise auf dem Rheine machen. Anton Forschner stellte
seinen Kahn her, deckte ein Zelttuch darüber, um Schutz vor der
ungünstigen Herbstwitteruug zu gewähren, und dingte einen
Halfer, daß er sein Roß Vorspanne. Die verschworenen Ritter
vernahmen die Kunde fröhlichen Herzens; denn er lies ihnen so
recht eigentlich in die Falle. Ans Soneck besonders wurde nun
alles vorbereitet. In der kleinen Bucht, welche die Mündung
des Bächleins bildete, lag stets unter überhängenden Weiden ein
Kahn, der mit Segel und Takelwerk, Hand- und Steuerrudern
gehörig versehen war, um mit Blitzeseile die Flut zu teilen und
den Raub zu erhaschen, der sich ihnen darbot. Mit Knechten
wurde der große Kahn, der wenigstens ihrer fünfzehn bis zwanzig
ganz bequem fassen konnte, bemannt, und die Ritter standen als
Kämpfer bereit, jeden, der es wagte, sich zu widersetzen, uieder-
Zuschlagen. Dieser Kahn wurde in der Stille hergerichtet °zum
Angriff.
Auf der Burg selbst waren diejenigen vereint, welche zum
Bubenstücke die rächerische Hand boten, als ein Kahn von Lorch
die breite Fläche des Stromes durchschnitt. Es war Heppen-
Hoeft, der bald darauf in das Gemach zu den Soncckern und
Hohenfels trat.
„Was bringst Du Neues ?" fragten alle, wie miteinem Munde.
„Nichts weiter," antwortete heitern Antlitzes der Gefragte,
als daß der Walpode und sein fetter Bruder mit dem lieblichen
Töchterlein übermorgen abreisen, und zwar zu Wasser. Es ist
nuu ganz gewiß; denn der alte Bodo ist säst wieder völlig geneseu!"

„Woher weißt Du das?" fragte der Ritter Haus von
Soueck.
„Aus dem Munde des Schiffers, der ihn fährt," ent-
gegnete der Ritter. „Meinem Knechte hat er's arglos erzählt.
Der Walpod ahnet nichts.
„Auch uicht meiu Vater?" fragte der wilde Hohenfels.
„Auch nichts; ich sprach ihn so eben noch," versetzte Heppen-
Hoeft. „Er läßt Euch zu eiuer Jagd einladeu, die er im
Kammerforste halteu will. Nuu, deuke ich, ist dort der Hinter-
halt überflüssig; nnd Ihr laßt mich teilnehmen an Eurer
Jagd, deren Wild mir besser gefüllt. —"
(Fortsetzung folgt.)

-Mll'iglieim und sein „-Furzetmarkw.
Von JehlUMS still!.
(Schluß.)
Mittlerweile hatte ich meinen Rundgang beendet und trat
nun wieder am untern Thore ein, mich nach dem Nathause be-
gebend, das durch seine offene Halle, sein Glockentürmchen,
seine breite Stiege und Säulen ebenfalls an die alte Zeit ge-
mahnt. Auf dem davorliegenden Marktplatze funkelten im
Sonnenglanzc schon der Feuerwehr Helme, die heute frisch ge-
putzt, ebenfalls ihren Teil zur Verherrlichung des Festes beizu-
tragen bestimmt waren. Es ist wirklich ein großes Verdienst
der Neuzeit, daß diese, selbst dem klemsteu Dorfe, eine Wehr
schnf, die nicht allein bei einem Brandunglücke, sondern auch
bei anderu Veranlassungen, wie Fahnenweihen, Jubiläumsfesten,
Turnfesten, Mnsiksesten, Sängerfesten, Schützensesten, Einweihungs-
festen und Volksfesten ihre Tätigkeit als Ordnungsnmunschaft
zur Eutsaltuug bringen kaum Auch in Billigheim stand zu
besagtem Behufe die Feuerwehr bereit, welche jehnlichst das
Zeichen zum Aufbruche erwartete.
Trotz sorglicher Spähe gewahrte ich keine sonstigen Teil-
nehmer zum bevorstehenden Festzuge; nur einzelne Reiter, jüngere
Leute des Ortes, hielten da und dort im Volksgedränge, oder
ritten auf und ab. Endlich, nachdem sich am Oberthore, gegen
Westen, der Zug aufgestellt hatte, erscholl der Kommandoruf:
„Vorwärts!" Au der Spitze stolzierten 2 Reiter, in deren
Mitte, hoch zu Roß, der Gemeindediener in Uniform, den scharfen
Säbel in der Scheide, Hnt mit rotem Busche auf dem Haupte.
Diesen folgte ein nmrschspielendes Musikchor, dem ein Fahnen-
träger voranschritt. Alsdann nahte die Feuerwehr, angeführt
von ihrem Hauptmanne oder Kommandanten; schließlich unter
Voranritt des Herrn Bürgermeisters 16—20 Mann im Sattel,
ebenfalls, wie alle Vorherigen, die unvermeidlichen Cigarren-
wolken aussprühend. Sonstige Männlein oder Weiblein hatten
sich dem Zuge indirekt angcschlossen, und ich spähte vergebens
nach irgend einer volkstümlichen Figur, die mir Aufmerksamkeit
sollte abuötigeu. Glücklicherweise ertappte mein Auge eine
solche in der Person des genannten Gemeindedieners, der durch
seiu Balanciereu, Hin- und Herhumpeln im Sattel, durch das
Fuchteln mit den Ellenbogen, die wie Flügel sich geberdeten,
durch die selbstbewußte Ueberlegeuheit, Keckheit und bäuerliche
Jovialität drastisch, aber auch sehr animierend wirkte. Sporen
und Steigbügel waren als „unnötige" Beschwernisse bei den
meisten Reitern nicht wahrzunehmeu; Reitgerten auszuteilen hatte
Mutter Natur übernommen.
Auf der Festwiese augekommcn pflanzte sich die Musik bei-
seits aus, während unsere Feuerwehr die versammelte Volks-
 
Annotationen