19
In Thränen lachte sie zugleich,
Und kurz, als wieder er verritt,
Nahm er sie an den Neckar mit.
Sie lebten froh und nie verfiel
Sic wieder auf das alte Spiel.
Da nun die Heirat ward bekannt
Fluß auf, Fluß ab im Pfälzer Land,
Da gab's ein Spotten und ein Lachen,
Daß er genommen diesen Drachen.
Auf allen Straßen pfiff und sang
Man es: „Wie er den Lintwurm zwang."
Herr Bligger hatte deß nicht acht.
„Es geht vorbei!" hat er gedacht.
Bis um die Fastnacht ihm zuletzt
Grad über's Burgthor ward gesetzt
Ein ungefüges Drachenbild.
Herr Bligger ward fuchsteufelswild,
Ritt spornstreichs auf dem schnellsten Roß
Nach Heidelberg aus's hohe Schloß.
Das Fabeltier mit Schweif und Krallen
Ließ er sich länger nicht gefallen.
Der Pfalzgraf barst beinah vor Lachen,
Da er vernahm die Mär' vom Drachen.
Und da Herr Bligger sauer sah,
„Laß gut sein!" sprach der Pfalzgraf da.
„Es soll Dir werden solche Sühne,
Daß niemand fürder sich erkühne
Mit einem solchen Feuerspatzen
Dich und Dein junges Weib zu tratzen.
Wir haben mit dem Mainzer Pfaffen
Unnachbarlicherweis zu schaffen.
Ich glaube, daß es kommt zum Schlagen.
Dann sollst Du mir die Sturmfahn' tragen
In diese Fahne sei als Bild
Gestickt ein Drache schlimm und wild.
Das Fahnentüchlein mit dem Drachen
Soll Deine Hausfrau selber machen.
Dann will ich sehen, welcher Wicht
Im Schimpfe noch vom Drachen spricht."
Die Pfälzer Sturmfahn ward gemacht.
Ward drüber wiederum gelacht.
Der Drache, der drauf abgebildert,
War in den Formen sehr gemildert.
Es wandelte die Bliggerin
Das Untier um nach ihrem Sinn.
Das Bild auf dieser Fahne ward
Von Drach' und Löwe ein Bastard,
Den heute niemand auf der Welt
Für einen ächten Drachen hält.
(Fortsetzung folgt.)
Das rheinische Germanien.
Bon Karl Christ, Heidelberg.
(Fortsetzung aus dem Pfalz. Museum von 1900 Nr.^kst)
Ortschaften der Treuerer, ^oviomuAiis (Neumagen), vol^inum, vamnissns rc.
Wie die Nervier, wollten auch die Treuerer für Germanen gelten, worüber
ich schon in Picks Monatsschrift für Geschichte von Westdeutschland, Band V, 35 ff.
gehandelt habe, allein ihre alten Ortsnamen zeigen, daß der Grundstock der Be-
völkerung keltisch blieb. So bestand denn auch bei der Burg Konstantins an der
Mosel, die selbst zum Schutz eines schon bestehenden, in den Jtinerarien genannten
Stationsortes der Römerstraße Bingen-Trier errichtet wurde, schon eine keltische
Ansiedelung mit dem in keltischen Landen mehrfach auftretenden Namen 5!oviomLgu8,
im Sinn von Neustadt, zusammengesetzt mit dem Grundwort (neutralen s-Stamm)
mzgos, das etwa dem deutschen „Gemach" (Bau, Wohnung) entspricht, während die
neuere Bedeutung von bewachsenem, bebautem Feld erst eine übertragene ist (vgl.
Pfalz. Museum 1899 S. >8). Im frühen Mittelalter erlitt jener im heutigen
Neumagen erhaltene Name eine Verstümmelung zu idlovia oder iXobia, in welcher
Form wir ihn im 7. Jahrhundert beim Geographen von Ravenna IV, 26 unter
seinen Moselorten antreffen als gelegen zwischen Drooris (Trier) und ?rinea8tollum
d. H.Bernkastel (vgl. Picks Monatsschrift VII, 399). Der Name Bernkastel deutet indessen
kaum auf ein Römerkastell, etwa ----- prineeps eastelluin, da auch im Mittelalter
Burgen mit dem Namen Lastoilum bezeichnet wurden, wie der daraus ent-
standene Namen der hessischen Hauptstadt Kassel, Blieskastel (Pfalz) und Kastellaun,
früher Okwlollün auf dem Hunsrück. Wahrscheinlich wurde „Princastel" oder richtiger
„Berincastel" (auch Laronig ca8tollum), beziehungsweise die Burg Landshut im
7. Jahrhundert von einem fränkischen Grafen, Namens Lorv (Genitiv Lorin) d. h.
In Thränen lachte sie zugleich,
Und kurz, als wieder er verritt,
Nahm er sie an den Neckar mit.
Sie lebten froh und nie verfiel
Sic wieder auf das alte Spiel.
Da nun die Heirat ward bekannt
Fluß auf, Fluß ab im Pfälzer Land,
Da gab's ein Spotten und ein Lachen,
Daß er genommen diesen Drachen.
Auf allen Straßen pfiff und sang
Man es: „Wie er den Lintwurm zwang."
Herr Bligger hatte deß nicht acht.
„Es geht vorbei!" hat er gedacht.
Bis um die Fastnacht ihm zuletzt
Grad über's Burgthor ward gesetzt
Ein ungefüges Drachenbild.
Herr Bligger ward fuchsteufelswild,
Ritt spornstreichs auf dem schnellsten Roß
Nach Heidelberg aus's hohe Schloß.
Das Fabeltier mit Schweif und Krallen
Ließ er sich länger nicht gefallen.
Der Pfalzgraf barst beinah vor Lachen,
Da er vernahm die Mär' vom Drachen.
Und da Herr Bligger sauer sah,
„Laß gut sein!" sprach der Pfalzgraf da.
„Es soll Dir werden solche Sühne,
Daß niemand fürder sich erkühne
Mit einem solchen Feuerspatzen
Dich und Dein junges Weib zu tratzen.
Wir haben mit dem Mainzer Pfaffen
Unnachbarlicherweis zu schaffen.
Ich glaube, daß es kommt zum Schlagen.
Dann sollst Du mir die Sturmfahn' tragen
In diese Fahne sei als Bild
Gestickt ein Drache schlimm und wild.
Das Fahnentüchlein mit dem Drachen
Soll Deine Hausfrau selber machen.
Dann will ich sehen, welcher Wicht
Im Schimpfe noch vom Drachen spricht."
Die Pfälzer Sturmfahn ward gemacht.
Ward drüber wiederum gelacht.
Der Drache, der drauf abgebildert,
War in den Formen sehr gemildert.
Es wandelte die Bliggerin
Das Untier um nach ihrem Sinn.
Das Bild auf dieser Fahne ward
Von Drach' und Löwe ein Bastard,
Den heute niemand auf der Welt
Für einen ächten Drachen hält.
(Fortsetzung folgt.)
Das rheinische Germanien.
Bon Karl Christ, Heidelberg.
(Fortsetzung aus dem Pfalz. Museum von 1900 Nr.^kst)
Ortschaften der Treuerer, ^oviomuAiis (Neumagen), vol^inum, vamnissns rc.
Wie die Nervier, wollten auch die Treuerer für Germanen gelten, worüber
ich schon in Picks Monatsschrift für Geschichte von Westdeutschland, Band V, 35 ff.
gehandelt habe, allein ihre alten Ortsnamen zeigen, daß der Grundstock der Be-
völkerung keltisch blieb. So bestand denn auch bei der Burg Konstantins an der
Mosel, die selbst zum Schutz eines schon bestehenden, in den Jtinerarien genannten
Stationsortes der Römerstraße Bingen-Trier errichtet wurde, schon eine keltische
Ansiedelung mit dem in keltischen Landen mehrfach auftretenden Namen 5!oviomLgu8,
im Sinn von Neustadt, zusammengesetzt mit dem Grundwort (neutralen s-Stamm)
mzgos, das etwa dem deutschen „Gemach" (Bau, Wohnung) entspricht, während die
neuere Bedeutung von bewachsenem, bebautem Feld erst eine übertragene ist (vgl.
Pfalz. Museum 1899 S. >8). Im frühen Mittelalter erlitt jener im heutigen
Neumagen erhaltene Name eine Verstümmelung zu idlovia oder iXobia, in welcher
Form wir ihn im 7. Jahrhundert beim Geographen von Ravenna IV, 26 unter
seinen Moselorten antreffen als gelegen zwischen Drooris (Trier) und ?rinea8tollum
d. H.Bernkastel (vgl. Picks Monatsschrift VII, 399). Der Name Bernkastel deutet indessen
kaum auf ein Römerkastell, etwa ----- prineeps eastelluin, da auch im Mittelalter
Burgen mit dem Namen Lastoilum bezeichnet wurden, wie der daraus ent-
standene Namen der hessischen Hauptstadt Kassel, Blieskastel (Pfalz) und Kastellaun,
früher Okwlollün auf dem Hunsrück. Wahrscheinlich wurde „Princastel" oder richtiger
„Berincastel" (auch Laronig ca8tollum), beziehungsweise die Burg Landshut im
7. Jahrhundert von einem fränkischen Grafen, Namens Lorv (Genitiv Lorin) d. h.