Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Döring, Annalena [Hrsg.]; Hefele, Franz [Hrsg.]; Pfisterer, Ulrich [Hrsg.]
Platz da im Pantheon!: Künstler in gedruckten Porträtserien bis 1800 — Passau: Dietmar Klinger Verlag, 2018

DOI Kapitel:
Essays
DOI Kapitel:
Von Rosen, Valeska: Künstlerbildnis- Künstlerselbstbildnis. Zur Relevanz einer Differenzierung in druckgrafischen Porträtserien und zur Genese des Rezeptionsinteresses an künstlerischen Selbstdarstellungen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70034#0047
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Valeska von Rosen

Bemerkenswert ist schließlich auch seine resigniert formulierte Selbstkritik
am Ergebnis des Unternehmens, das er auch medienkritisch wendet: Gezeichnete
Bildnisse („dissegnati"] hätten nie denselben Grad an Ähnlichkeit („somigliano"]
wie gemalte („colorati"] Bildnisse mit ihren Vorbildern - eine bemerkenswerte
Relativierung der Praxis des disegnare. Weiterer Verlust an Ähnlichkeit resultiere
aus der Reproduktion der Zeichnungen im Medium des Holzschnitts, denn es
fehle den „intagliatori" an disegno und ihrem Medium an „Feinheit" („minuzie"].27
So ausführlich sich Vasari also über seine Vorgehensweise und Zielsetzung
äußert, thematisiert er doch mit keinem Wort die Frage, ob die Künstlerbildnisse,
die ihm als Vorlagen für seine Zeichnungen dienten, eigentlich Selbstdarstellungen
waren oder von dritter Hand ausgeführte Porträts, bzw. welche Kriterien er bei
der Auswahl seiner Vorbilder überhaupt anlegte, wenn ihm mehrere zur Verfügung
standen. Dabei muss ihm grundsätzlich bewusst gewesen sein, dass er teilweise
auf veritable Selbstbildnisse zurückgegriffen hat, denn laut den Ragionamenti
habe er ja in (Florentiner] Kapellen nach ihren Bildnissen gesucht. Mithin ist es
sehr wahrscheinlich, dass er dabei auch auf inserierte Selbstporträts in Historien
zurückgriff. Doch dieser Aspekt wird von ihm nicht einmal im Ansatz thematisiert,
er schreibt in den Ragionamenti lediglich, dass er in den Kapellen „nach Bild-
nisse[n] berühmter Männer" - „sono state tutte persone grandi" - Ausschau ge-
halten habe.28 Hieraus lässt sich wiederum ableiten, dass ihm ein Künstlerselbst-
bildnis als Vorlage des betreffenden Holzschnitts für dieses Bildniskompendium
keinen ,Mehrwert' bot oder ihn in irgendeiner Weise besonders interessierte.
Um diese Schlussfolgerung absichern zu können, seien im Folgenden hinsichtlich
der Wahl seiner Vorlagen stichprobenartig die Holzschnitt-Bildnisse solcher
Künstler genauer in den Blick genommen, von denen wir durch Vasaris ausführ-
liche Erwähnungen eines Selbstbildnisses in der Vita eines Künstlers sicher
wissen, dass ihm dieses grundsätzlich bekannt war und dass er folglich auf dieses
hätte zurückgreifen können, wenn er es denn gewollt hätte.
Alberti
Es liegt nahe, den Blick zunächst auf jenen Künstler zu richten, mit dem die
Genese der Gattung des Künstlerselbstbildnisses in Italien in Verbindung gebracht
wird, nämlich Leon Battista Alberti. Allerdings hat sich dessen mithilfe eines
Spiegels angefertigtes Ölgemälde „di se medesimo",29 das Vasari im Besitz des
Florentiners Palla Rucellai nennt, nicht erhalten. Die von Wolfram Prinz und an-
deren angestellten Überlegungen,30 ob das, die Alberti-Vita Vasaris einleitende,
Holzschnitt-Bildnis (Abb. 2] sowie spätere Kopien in Öl auf dieses verlorene
Bildnis rekurrieren und es entsprechend überliefern,31 könnte zwar durchaus
zutreffend sein, bleibt jedoch eine Konjektur, die aufgrund der Gefahr eines Zir-
kelschlusses für die hier interessierende Fragestellung folglich nicht weiter führt.32
Sicher ist aber, dass die oben erwähnte, in der Forschung unbestritten als Selbst-

40
 
Annotationen