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18. Jahrhundert

im Wiener Gemälde erkennt (2014, S. 52 f.J; Reitzenstein und Falk6 hatten Furte-
nagel dagegen noch die Reife, Autorität und Fähigkeiten abgesprochen, (weitge-
hend] allein für die raffinierte und provokante Bildfindung verantwortlich zu
zeichnen. Ersterer meint zudem, erst das Rahmenelement mache die unkonven-
tionelle Anordnung der zwei Figuren sinnfällig, erachtet das Porträt in Wien
daher zwar nicht für eine „lediglich reproduzierte Kopie", wohl aber für eine Va-
riante nach der (vielleicht Burgkmair’schen] Urfassung im Besitz Kilians. Reit-
zenstein gesteht allerdings zu, dass die Architektur in der Radierung ein „an
frühes Rollwerk erinnernde[s] Ornament" aufweist, was sie (und potenziell auch
das Bild als Ganzes] ins späte 16. Jahrhundert datieren und damit als nachträgliche
Ergänzung erweisen würde - er ,rettet' seine Argumentation, indem er die „be-
fremdliche Vokabel als freie Interpretation des etwa durch Undeutlichkeit der
Vorlage verunsicherten' Reproduzenten" deutet (1975, S. 108-110].7 Kurzum:
Ob in vorliegender Grafik nun eine recht eigenständige Kopie, das Original oder
eine Zweitversion überliefert ist und wer die Vorlage dazu ausgeführt sowie er-
dacht hat, muss (vorerst] offen bleiben.
Franz Hefele

1 Tilman Falk: Hans Burgkmaier, der „vernachlässigte" Altdeutsche, in: Wolfgang Augustyn
und Manuel Teget-Welz (Hg.]: Hans Burgkmair. Neue Forschungen, Passau 2018, S. 1-27.
Hier wird auch Sandrart zitiert (S. 1].
2 Die Lebens und Kunst Nachrichten Hans Burgkmaiers sind Teil eines Manuskripts, in dem
Kilian die ruhmreiche Geschichte seiner Familie niedergeschrieben hat und das neben der
Vita Burgkmairs auch Biografien von Hans Holbein d.J. und d.Ä., Christoph Amberger,
Adriaen de Vries, Johann Kupetzky und vielen mehr enthält. Das Manuskript befindet sich
im Besitz der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek: 2 Cod. Halder 31. Kilian berichtet
hier auf zwei Seiten auch recht detailliert von dem Doppelporträt in seinem Besitz, s. u.
3 Lukas Furtenagel: Der Maler Hans Burgkmair und seine Frau, geb. Allerlai, 1529, 60 x
52 cm, Öl auf Lindenholz, Kunsthistorisches Museum, Wien, Inv. Nr.: Gemäldegalerie, 924.
Neben Kilian selbst (siehe Transkription des Beitexts der Radierung im Datenkopf sowie
das in Fn. 2 genannte Manuskript] weiß auch Paul von Stetten d. J. von diesem Bild und
Kilian als dessen Besitzer zu berichten (Reitzenstein 1975, S. 108 f.]. Kilians Gemälde wurde
angeblich 1788 nach Wien verkauft: Theodor Schwissow: Studien zu Hans Burgkmair als
Maler, Diss. Frankfurt a. M. 1928, S. 38.
4 Birnfeld, Hinz und Bournet-Bacot entwickeln ihre Lesarten anhand des Wiener Gemäldes,
die Ausführungen lassen sich allerdings problemlos auf vorliegende Radierung übertragen,
mag diese auch eine andere Version des Doppelporträts reproduzieren. - Zwar fehlen, ab-
gesehen vom Spiegel, auf den ersten Blick entscheidende Symbole, die die Darstellung als
Prudentia-Allegorie auszeichnen würden, wie z. B. die Schlange, allerdings hält die Kom-
position dafür Kompensationselemente bereit: Bournet-Bacot 2014, S. 54.
5 Günter Meissner (Hg.]: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten
und Völker, Bd. 15, München/Leipzig 1997, S. 217 f., s.v. Burgkmair, Hans, d.J. (Gero Seelig].
6 Tilman Falk: Hans Burgkmair. Studien zu Leben und Werk des Augsburger Malers, München
1968, S. 53.

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